Der 7. Lehrling (German Edition)
vergessen würde. So leise, dass Medard und sein Vater ihn nicht hören konnten, fing er an: „Also, heute Morgen … Ich hatte da …“ Quentin stockte. Wie sollte er das alles bloß erzählen?
Falk beruhigte ihn: „Du musst nichts überstürzen, Quentin. Wir haben doch Zeit! Fang’ einfach irgendwie an und dann sehen wir weiter.“ Er winkte Quentin kurz. „Komm einfach herüber, dann spricht es sich besser.“
Quentin rutschte schnell zu Falk und lehnte sich neben ihm an das Wagenrad. Dann begann er: „Also, ich wollte sagen: Sie haben mich gefunden.“
„Wer?“
„Na, Ihr wisst doch, dass ich … also … wohl irgendwie anders bin.“
Falk war überrascht. Mit diesem Thema hatte er nicht gerechnet. „Ja, schon. Jedenfalls war das mit dem Anhänger ziemlich beeindruckend. Und wer hat Dich nun gefunden?“
„Amina. Jedenfalls sagt sie, dass sie Amina heißt.“
„Aber wir waren doch den ganzen Tag allein unterwegs. Da war kein Mädchen.“ Falk war skeptisch.
„Das macht die Sache ja so verzwickt“, antwortete Quentin verzweifelt. „Sie war nur in meinem Kopf! Und jetzt weiß ich nicht, ob das wirklich so war oder ob ich dabei bin, verrückt zu werden!“
„Puuh, das ist tatsächlich merkwürdig! Du fängst am besten noch einmal an der Stelle an, als diese Amina in Deinem Kopf aufgetaucht ist“, versuchte Falk trotz seiner Verwirrung zu helfen.
Dann erzählte ihm Quentin das ganze Gespräch mit Amina. Als er am Ende angekommen war, sah er Falk ganz unglücklich an. „Und was meint Ihr? Bin ich nun verrückt oder ist das alles wirklich passiert?“
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Der Regen prasselte weiter unaufhörlich rechts und links neben dem Wagen herunter. Falk lehnte sich zurück. Es wäre nicht ungewöhnlich gewesen, wenn ein dreizehnjähriger Junge unter dem Eindruck ihrer Gefangennahme und Verschleppung langsam den Verstand verlor. Andererseits …
Er dachte über die kleine Kugel nach, die Quentin vom Markt mitgebracht hatte. Die nur in seiner Hand leuchtete, bei niemandem sonst. Dann war da noch die Sache mit dem Anhänger an seiner Kette und schließlich Finjas plötzliche Heilung, nachdem Quentin ihr die Salbe zubereitet hatte. Die Welt, an die er bisher geglaubt hatte, war in den vergangenen Tagen ziemlich aus den Fugen geraten, da konnte ein Gedankenkontakt zwischen Quentin und dem Mädchen wohl auch noch gut möglich sein.
Dann fiel ihm etwas ein, und seine Stimmung wurde deutlich besser. „Quentin, Du hast doch gesagt, sie würde es Dir beweisen, oder?“
„Ja.“
„Nun, warum schieben wir die Antwort auf Deine Fragen nicht einfach bis dahin auf? Du sagst mir, wie sie Dir beweisen will, dass Du nicht geträumt hast, und wir schauen uns dann den Beweis zusammen an?“
Quentin nickte, glücklich über diese Lösung. „Ja, das ist gut!“
Falk dachte weiter nach. „Oder noch besser: WIR suchen den Beweis aus. Was meinst Du?“
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Sehr spät an diesem Abend nahm Amina noch einmal mit York Kontakt auf. Sie erläuterte ihm den Plan.
Gut. Aber wie wollen wir ihn da herausholen?
, fragte York, als Amina fertig war.
Das ist noch nicht klar. Sie beraten sich noch,
antwortete sie.
In Ordnung, dann bleibe ich erst einmal weiter dran. Ich werde auf ihn aufpassen – so gut wie ich kann. Aber jetzt
, York räkelte sich müde in seinem Versteck,
jetzt muss ich ein bisschen schlafen. Diese fremden Krieger stehen wirklich zu unmenschlichen Zeiten auf!
Ja, ich muss auch ins Bett. Wir haben heute den ganzen Tag zu den Suchern Kontakt gehabt. Also: Schlaf gut!
Ja, Du auch!
York war schon fast im Reich der Träume.
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Am nächsten Morgen war Amina schon ganz früh auf den Beinen. Sie war zwar noch müde, aber die Vorfreude auf den Kontakt mit Milan hatte sie nicht länger im Bett ruhen lassen. Im Speisesaal traf sie auf Linnea.
„Guten Morgen, Amina“, begrüßte Linnea ihre Schülerin lächelnd. „Soll ich raten, warum Du nicht mehr im Bett bist?“
Amina lief sofort rot an. „Ich konnte eben nicht mehr schlafen.“
„Genau“, unkte Linnea. „Und
ich
weiß, welcher junge Mann daran schuld ist.“
„Ihr sollt mich nicht immer damit aufziehen“, maulte Amina. „Ich kann doch nichts dafür.“
„In Ordnung“, willigte Linnea ein. „Ich mach’s nicht mehr. Jedenfalls heute Vormittag nicht.“ Kichernd biss sie von ihrem Brötchen ab und winkte Amina mit der freien Hand auf einen Platz neben sich. „Komm schon, ich hab’s nicht böse gemeint“, sagte sie nach
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