Der 7. Lehrling (German Edition)
gutes Stück von den Gegebenheiten ab.“
Medards Misstrauen war noch lange nicht beseitigt. „Habt Ihr eine Armee oder wie wollt Ihr Euch diesen Kämpfern entgegenstellen? Bisher ist jeder Widerstand in jeder Stadt und jedem Dorf gebrochen worden – wie Ihr sicher wisst.“
York sah zu Medard hinüber und lächelte. „Eine Armee? Ja, so ähnlich. Jedenfalls wird es ihnen so vorkommen. Glaubt mir, junger Mann, wir unterschätzen diese Krieger ganz sicher nicht. Ich jedenfalls hänge ein bisschen zu sehr an meinem Leben, um das zu tun.“ Dann wandte er sich wieder an Quentin. „Ich muss jetzt wieder gehen, die Wache wird bald wiederkommen. Aber ich bin immer in Deiner Nähe, hab also Mut. Nicht mehr lange, und Deine Gefangenschaft ist vorbei, das verspreche ich Dir!“
Quentin nickte, aber er brachte vor Aufregung keinen Ton heraus. York war wirklich da, und das bedeutete gleichzeitig, dass er ein Zauberer sein musste! An etwas anderes konnte er im Moment kaum denken.
Währenddessen kramte York in seinem Beutel herum. Dann hatte er offenbar gefunden, was er gesucht hatte. Er förderte eine Dose zutage und reichte sie Falk. „Reibt Euch zwei- bis dreimal am Tag etwas davon auf Euren Hals. Es wird helfen, dass der Husten schneller weggeht.“
Falk streckte die Hand aus und nahm die Dose entgegen. „Danke. Danke für alles!“
„Dankt mir nicht zu früh, noch müsst Ihr die Nächte im Freien verbringen“, lachte York leise. Dann nickte er allen zu und wuschelte Quentin durch die Haare. „Ich wünsche allerseits eine gute Nacht. Bereitet die anderen Gefangenen bitte vor, aber lasst euch von den Kriegern nichts anmerken!“, warnte er. „Im Moment könnt ihr euch wenigstens abends einigermaßen frei bewegen. Daran sollte sich nichts ändern, bis die Befreier da sind. Es bringt nichts, wenn ihr nicht laufen könnt, weil eure Beine taub von Fesseln sind. In Ordnung?“
York sah einen nach dem anderen an. Sogar Medard nickte ihm zu, wenn auch weiterhin mit misstrauischem Gesicht. York drückte dem immer noch sprachlosen Quentin die Hand, dann glitt er lautlos ins Dunkel. Einen Augenblick später war er verschwunden.
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Lautlos schob sich York durch den Graben. Er bekam das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht, so sehr freute er sich darüber, dass es geklappt hatte. Trotzdem war er natürlich vorsichtig. Aufmerksam auf jedes Geräusch lauschend arbeitete er sich weiter vorwärts. Langsam näherte er sich einer Stelle, an der er auf dem Hinweg schon bemerkt hatte, dass einige Krieger sehr nahe am Bachbett ihr Lager aufgeschlagen hatten.
Bis in die Haarspitzen konzentriert tastete York sich weiter vor. Dann hörte er plötzlich Worte in seiner Sprache. Offenbar waren es die Söldner, die hier lagerten. Zwei von ihnen waren in ein Streitgespräch vertieft. York beschloss zu warten und ihnen zuzuhören.
„... richtige Entscheidung getroffen. Was beschwerst Du Dich? Wir werden reiche Beute machen!“, verteidigte der eine offenbar gerade ihren Anführer.
„Aber es wird sicher gefährlich! Was ist, wenn wir in Enden auf eine Armee stoßen?“
„Woher sollte die denn kommen? In diesem Land gibt es keinen König, keine Armee. Bis jetzt hat es noch niemand geschafft, den fremden Kriegern ernsthaften Widerstand entgegenzusetzen. Oder hast Du etwa Angst?“
„Angst? Ich? Du kannst Dich gern gleich selbst davon überzeugen ob ich Angst habe oder nicht!“, zischte der zweite aufgebracht.
„Na, na, immer mit der Ruhe“, beschwichtigte der Erste ihn. „Kein Grund, sich aufzuregen. Aber überleg mal: Jetzt gehen wir nach Enden, danach nach Keel. Danach sollen sie mit ihren Gefangenen meinetwegen hingehen, wo der Pfeffer wächst! Ist mir doch egal, ob sie für ihre neue Hauptstadt zehn oder einhundert Handwerker brauchen. Bei diesen Raubzügen werden wir so viel Beute machen, dass wir uns danach zur Ruhe setzen können! Also ich für meinen Teil gehe gern das kleine Risiko ein ...“
York hatte genug gehört. Leise glitt er weiter durch das alte Bachbett und hoffte dringend, dass Amina noch heute Abend mit ihm Kontakt aufnahm. Er hatte ihr wirklich eine Menge zu erzählen!
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Endlich waren Medard und sein Vater eingeschlafen. Leise kroch Quentin zu Falk hinüber, der ebenfalls noch wach war, und lehnte sich neben ihn an das Wagenrad. Falk wurde von einem beruhigenden Kräuterduft umhüllt, er hatte die Salbe bereits aufgetragen.
Quentin wollte Falk so viel erzählen, aber er wusste einfach
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