Der 7. Lehrling (German Edition)
zurückkamen, sondern einige auch sofort wieder aufbrachen, um an der Befreiung teilzunehmen.
Gegen Mittag fand sie Amina, Linnea, Grian, Korbinian und Samuel im Speisesaal. Es war brechend voll, und Adina quetschte sich mit ihrem vollen Teller auf die Bank neben Linnea und ihr Pflegekind, die natürlich sofort auf ihren Schoß wollte. „Das gibt’s ja gar nicht! Wo kommen die auf einmal alle her?“
Korbinian rief gegen den Lärm über den Tisch: „Und das sind noch nicht alle! Heute Nachmittag kommen noch mehr, das kann man auf der Karte im Convenium gut sehen! Hast Du für alle genug gebacken?“
Adina nickte. „Für diese hier wird es reichen, obwohl mir beinahe Zweifel kommen. Ich glaube fast, wir müssen ab sofort in zwei Schichten arbeiten.“
„Habt Ihr auch genug haltbare Sachen für die Befreier gemacht?“
Adina nickte wieder. „Natürlich. Die Schwarzbrote werden nur an die Befreier ausgegeben, das habe ich den anderen Lehrlingen eingeschärft.“ Dann wandte sie sich ihrer Schwester zu. „Heute Nachmittag werde ich mich noch etwas um die Metzgerei kümmern, wenn Du nichts dagegen hast.“
„Ganz im Gegenteil!“, freute sich Amina. „Ich hatte mich schon gefragt, wie ich das neben den Kontaktaufnahmen noch schaffen soll. Ich bin wirklich unendlich froh, dass Du wieder da bist!“
Adina lachte zurück. „Schon gut, ich mach's gern!“ Dann sah sie zu Linnea hinüber. „Und? Benimmt sich meine Pflegetochter anständig?“
„Du hast ihr genau den richtigen Namen ausgesucht“, antwortete diese. „Sie beträgt sich wirklich vorbildlich – wie ein richtiger Sonnenschein eben.“
Die Mittagspause verging für alle viel zu schnell, aber sie verabredeten sich für den Abend im Convenium, um gemeinsam dem spannenden Treiben auf der Karte zuzusehen.
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Meara spähte durch die flimmernde Luft der heißen Mittagssonne den Weg entlang nach Südosten und wartete auf die
Horden.
Kurzentschlossen hatte sie die vorletzte Nacht in einem Versteck knapp unterhalb des Passes geschlafen und den gestrigen Tag mit Erkundungen verbracht, während sie ständig damit rechnete, dass die
Horden
auftauchten. Aber niemand war erschienen. Die Vorhut war erstaunlich weit vorausgesandt worden.
Am Morgen war sie die Höhe westlich des Einschnittes hinaufgeklettert, während ihr Pferd in einer kleinen Höhle bis zu ihrer Rückkehr sicher untergestellt war. Eine bessere Möglichkeit, sich einen Überblick über die fremden Krieger zu verschaffen, würde sie so schnell nicht wieder bekommen. Außerdem konnte sie ebenso gut im Schutz der Felsen auf York warten, anstatt in der meist offenen Ebene, die sich südlich an die Bergkette anschloss, das Risiko einer Entdeckung einzugehen.
Unter ihr auf der nördlichen Seite des Passes lagerte im Schatten seit dem späten Vormittag die Vorhut der
Horden
. Sie war offenbar von ihrer Erkundung zurück und wartete auf den Rest des Heeres.
Als Meara gerade dabei war, ihren Trinkschlauch zu öffnen, nahm sie weit draußen eine Bewegung wahr. Rasch verschloss sie den Schlauch wieder, hielt eine Hand über die Augen und schaute genau hin.
Ja! Das müssen sie sein!
Ein riesiger Pulk von Reitern kam die Straße entlang. Meara konnte zwar keine Details erkennen, aber es konnte nur die Hauptstreitmacht der
Horden
sein. Sie schätzte die Entfernung ab, was in der flimmernden Luft nicht leicht war. In einer, vielleicht eineinhalb Stunden würden sie da sein.
Auch die Vorhut hatte die Bewegung wahrgenommen. Unter ihr schallten kurze Rufe zwischen den Kriegern hin und her.
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Quentin schwitzte aus allen Poren. Er sehnte sich nach einer Pause, aber ihre Bewacher trieben sie immer wieder mit Schlägen oder Tritten an, sobald nur einer von ihnen etwas langsamer ging. Direkt vor ihnen lag ein Bergrücken, und Quentin konnte bereits mit bloßem Auge weiter oben den Einschnitt sehen, durch den ihr Weg vermutlich führen würde.
Wie an allen anderen Tagen ihrer Gefangenschaft war auch heute ihr Essen schlecht, ihre Behandlung oft ungerecht und das Marschieren kräftezehrend. Aber das war Quentin gleichgültig, seit York sie aufgesucht hatte. Zwischendurch hatte auch Amina noch einmal zu ihm Kontakt aufgenommen und versichert, dass ihre Rettung unterwegs war. Er war zuversichtlich und konnte sogar sehen, dass es nicht nur ihm allein so ging: Die Blicke der anderen Gefangenen waren wacher als sonst, viele spähten vorsichtig in der Gegend umher. Alle warteten gespannt auf ihre
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