Der 7. Lehrling (German Edition)
das Fest nicht so groß ausfallen wie in den vergangenen Jahren, weil alle viel zu viel zu tun hatten, aber eine Feier würde es in jedem Fall geben. Sie hatten sich darauf geeinigt, das Convenium zu schmücken, weil sie dort auch alle einen Blick auf die Karte werfen konnten. Eine kleine Schar emsiger Helfer gab sich alle Mühe, den Saal auf Hochglanz zu bringen und mit frisch geernteten Früchten zu schmücken.
#
Finja und Rachel hatten aus Kornähren einen Kranz gewunden und an das Mühlentor gehängt. Der Mühlstein war blitzblank gefegt, und Rachel hatte bereits begonnen, frisches Obst, Salat und einen kalten Braten darauf anzurichten. Gemeinsam stellten sie noch den Tisch aus dem Garten in die Mühle und deckten alles mit Bechern und Brettern aus der Küche ein. Am Abend wollten der Bäcker und einige andere Bekannte vorbeikommen, und auch sie wollten gemeinsam die Tag-und-Nacht-Gleiche feiern.
Finja und Rachel hatten zuerst überlegt ob sie überhaupt feiern sollten, wo doch ihre Liebsten gefangen waren und niemand wusste, wie es ihnen ging, aber ihre Bekannten hatten sie so lange bedrängt, bis sie schließlich einwilligten.
Rachel legte gerade noch die letzten Bestecke auf den Tisch, als schon die ersten Gäste eintraten. An diesem Abend wurde nicht viel gelacht, alle hatten durch die
Horden
irgendetwas verloren, aber es war ein harmonisches Fest von Menschen, die sich in der Not zur Seite standen, und die kleine Feier schweißte sie noch enger zusammen.
Gegen Mitternacht gingen alle zu Bett, und Finja schlief zum ersten Mal seit Wochen ohne Albträume.
#
Ein paar Kerzen warfen ein warmes Licht über das knappe Dutzend Magier, die sich noch im Convenium aufhielten. Linnea schlief in einem Bett neben dem Kamin, das sie sich herbringen lassen hatte, um Samuel besser bei der Überwachung der Karte unterstützen zu können und in dem tagsüber Grian ihren Mittagsschlaf machte. Adina war mit Grian im Arm in einem Sessel eingeschlafen. Ein paar andere Hexen und Zauberer schliefen ebenfalls entweder in Sesseln oder sogar einfach nur mit dem Kopf auf dem Tisch.
Samuel war als Einziger noch wach. Bewundernd beobachtete er die drei Punkte auf der schimmernden Karte, die Milans Späher darstellten. Sie waren noch immer unterwegs und würden ihre Ziele sicher am nächsten Tag erreichen.
Und noch einer war unterwegs: York. Langsam, aber stetig strebte er dem Punkt entgegen, der Meara darstellte. Samuel schätzte, dass die beiden sich in kaum einer Stunde treffen würden. Er gähnte herzhaft und goss sich noch ein Glas Wein ein. Die drei Späher würde er sicher nicht mehr abwarten, aber er würde nicht eher zu Bett gehen, als er sicher war, dass sich Meara und York nicht verfehlt hatten.
#
Die Nachhut war vor über einer Stunde vorbeigezogen. Meara war schon lange vorher wieder bei ihrem Pferd gewesen und hatte es mit frischem Wasser und Gras versorgt. Nun saß sie wieder auf ihrem Beobachtungsposten oberhalb des Passes und wartete auf York. Langsam wurde sie ungeduldig. Wo blieb er nur? Er musste an den
Horden
dranbleiben, da konnte er doch nicht so herumtrödeln!
Es war stockdunkel. Nur die schmale Sichel des abnehmenden Mondes stand über dem Horizont, als sie endlich etwas spürte. Gespannt starrte sie in die Tiefe, um York zu entdecken, aber sie sah nichts. Trotzdem blieb das Gefühl erhalten. Konzentriert beobachtete sie weiter den Weg.
„Guten Abend, schöne Frau, so spät noch allein unterwegs?“, sprach York sie plötzlich von hinten an.
Meara wäre vor Schreck fast umgefallen. Mit aller Gewalt konnte sie einen entsetzten Aufschrei gerade noch unterdrücken, aber dafür hatte sie sich in Windeseile umgedreht und ging nun wie eine Furie auf York los. „Du spinnst wohl, mich so zu erschrecken! Hast Du sie noch alle? Ich hätte vor Schreck in die Tiefe stürzen können! Und was, wenn ich geschrien hätte? Es könnten immer noch ein paar Krieger der
Horden
in der Gegend sein! Du ...“
„Meara“, unterbrach sie York in aller Ruhe.
„Was?“, fauchte sie aufgebracht zurück.
„Meara, Du schreist. Ich wollte es Dir nur für den Fall sagen, dass noch ein paar Krieger der
Horden
in der Gegend sind.“ Seine Mundwinkel zuckten verräterisch, er konnte sich kaum noch zusammenreißen. „Und noch etwas, Meara“, fuhr er fort, immer noch ganz ruhig.
„Was noch?“, zischte sie zwischen ihren zusammengepressten Lippen hervor, viel leiser als vorher.
„Meara, Du bist
Weitere Kostenlose Bücher