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Der 7. Lehrling (German Edition)

Der 7. Lehrling (German Edition)

Titel: Der 7. Lehrling (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Hesse
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schließen. Keine Angst! Du weißt, wo der Stuhl ist. Lass ihn dort. Beweg ihn nicht.“
    Amina schloss die Augen. Der Stuhl senkte sich.
    „Ganz ruhig. Lass die Augen zu und heb den Stuhl wieder ein bisschen.“
    Amina konzentrierte sich. Ihre Lippen und Finger bewegten sich unablässig.
    „Genau so. Jetzt mach einen Teil Deines Geistes frei. Nimm den Mörser darin auf. Nur ein bisschen. Lass den Stuhl nicht aus Deiner Kontrolle, hörst Du? Gut so. Hast Du den Mörser? Jetzt heb ihn langsam hoch.“ Der Mörser ruckelte ein wenig und stieg ganz langsam in die Höhe.
     
    Linnea schwitzte fast mehr als Amina. Was das Mädchen da vollbrachte, war mehr, als sie in ihrem ganzen Leben geschafft hatte. Und das innerhalb einer Woche! Was für eine ungeheure Kraft!
    „Stell Dir vor, Du würdest den Mörser mit der Hand auf den Stuhl stellen. Aber lass den Stuhl nicht aus der Kontrolle. Gut. Jetzt lass den Stuhl langsam zu Boden sinken. Sehr gut. Und jetzt öffne die Augen. Du hast es geschafft.“
    Amina entspannte sich ganz langsam. Dann schlug sie die Augen auf und blickte staunend auf das Bild vor sich: Der Stuhl stand vor ihr auf dem Boden, und der Mörser stand unversehrt darauf.
    Ungläubig blickte sie Linnea an. „War ... war ich das ... ganz allein?“
    „Ja, mein Kind, ganz allein. Ich habe Dir nur ein wenig die Hand gehalten. Komm, ich muss Dich umarmen!“ Amina fiel ihr erschöpft um den Hals.
     
    #
     
    Es war schon dunkel, als Balthasar leise sagte: „Hörst Du den Uder?“
    Adina lauschte in die Dunkelheit. „Ja, ich kann ihn hören. Komm, vorsichtig weiter! Ich werde es merken, wenn jemand vor uns ist.“
    Verblüfft blieb Balthasar stehen. „Wie willst Du das machen? Es ist stockfinster!“
    „Mach Dir keine Sorgen, ich ... kann gut hören.“ Vorsichtig gingen sie weiter.
     
    „Riechst Du das?“, flüsterte Adina.
    „Ja, es riecht verbrannt“, antwortete Balthasar. Undeutlich konnten sie die Schatten eines Hauses erkennen. „Warte“, hauchte er, „ich gehe allein voran. Ich werde schauen, ob jemand da ist.“
    „Das musst Du nicht“, beruhigte ihn Adina. „Da ist niemand. Ich höre nichts. Lass uns weiter am Wegrand im Schatten bleiben, da kann uns niemand sehen.“
    Balthasar zuckte mit den Schultern und blieb wachsam. Schritt für Schritt näherten sie sich dem Fährhaus. Als sie im Schatten der Mauern angekommen waren, konnten sie im Sternenlicht erkennen, warum es so roch: Das Haus war scheinbar bis auf die Mauern niedergebrannt. Nur die Dachsparren ragten wie ein Gerippe in den Himmel.
    „Was jetzt?“, flüsterte Balthasar.
    „Wir gehen ein Stück in den Wald. Heute Nacht können wir hier ohnehin nichts mehr ausrichten“, antwortete Adina leise.
    Vorsichtig zogen sie sich rückwärts in den Wald zurück. Gerade noch in Sichtweite vom Fährhaus krochen sie unter die tief hängenden Äste eines Baumes.
    „Wir wachen abwechselnd“, schlug Balthasar leise vor. „Dann kann uns nichts überraschen, und wir sind trotzdem morgen früh ausgeruht.“
    „In Ordnung. Wer fängt an?“
    „Ich mache die ersten zwei Stunden. Dann wecke ich Dich, und Du weckst mich danach.“
    „Ist gut“, antwortete Adina. Sie lehnte sich neben Balthasar an den Baum, der seine Decke über beide legte. Der Waldboden war weich und trotz des Dauerregens einigermaßen trocken. Minuten später war sie eingeschlafen.
     
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    Ein zwitschernder Vogel saß im Baum, an dem Adina und Balthasar lehnten. Verschreckt wachte Adina auf. „Balthasar!“, zischte sie.
    „Was? Ich ... Was?“ Balthasar schlug erschrocken die Augen auf.
    „Still!“, zischte Adina erneut. „Wolltest Du mich nicht wecken?“ Ärger blitzte in ihren Augen.
    „Entschuldige, ich muss eingeschlafen sein“, entgegnete Balthasar noch immer ganz schlaftrunken. „Aber es war doch nichts, oder?“
    Adina schäumte fast über vor so viel Einfältigkeit. „Ja, stimmt. Nur wenn uns ein Posten der
Horden
entdeckt hätte, wären wir tot. Sonst nichts!“
    Das brachte Balthasar aus dem Land der Träume in die Wirklichkeit zurück. Betreten und endlich wach schaute er sie an. „Du hast Recht. Tut mir wirklich leid. Ich Idiot!“, schalt er sich selbst.
    „Schon gut, ist ja nichts passiert.“ Adina hatte sich schon wieder ein wenig beruhigt. „Lass uns runtergehen und sehen, was sie angerichtet haben.“
     
    Das Fährhaus war, wie sie in der Nacht schon vermutet hatten, bis auf die Mauern niedergebrannt. Nichts war übrig geblieben. Aber

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