Der 7. Lehrling (German Edition)
und reichte Amina ein Glas mit einer seltsamen rötlichen Flüssigkeit.
„Was ist das?“
„Es gibt Dir etwas von der Kraft zurück, die Du verbraucht hast. Verschiedene Beeren und Kräuter, aber hauptsächlich Honig.“
Amina trank das Glas folgsam aus. „Wer ist als Nächstes dran?“, wollte sie wissen.
„Genau aus diesem Grund habe ich Dich gebeten, Korbinian herzubestellen. Wir sollten das gemeinsam besprechen, um Deine Kraft nicht sinnlos zu verschwenden.“
„Aber Milan ...“, protestierte Amina.
„Na gut, dann sag mir bitte einmal, was für die Magier im Moment das Wichtigste ist? Wofür sind ungefähr zweihundert Zauberer, Hexen, Gesellen und Lehrlinge zu einer wochenlangen Reise aufgebrochen? Warum ...“
„Schon gut, schon gut, ich hab's verstanden“, unterbrach Amina. „Entschuldige bitte. Ich ...“
Da ging fast gleichzeitig mit dem Anklopfen die Tür auf. Auf der Schwelle stand, schwer atmend, aber freudig lächelnd, Korbinian. „Da bin ich. Ich habe mich beeilt, damit der Tee nicht kalt wird – und ein klein bisschen war ich auch neugierig auf unseren strebsamen Lehrling“, fügte er mit stolzem Blick auf Amina hinzu.
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Dann setzten sie sich bei einer Tasse wirklich hervorragendem Tee zusammen. Amina musste bis ins kleinste Detail erzählen, wie sie mit Linnea übte. Zwischendurch forderte Korbinian sie auf, etwas schweben zu lassen.
Lächelnd ließ Amina den Mörser vom Arbeitstisch durch die Luft auf ihren Tisch herübergleiten.
„Unglaublich. Und in so kurzer Zeit!“ Korbinian war begeistert.
„Das ist noch nicht alles, warte!“ Amina war sichtlich stolz, ihre neu erworbene Fähigkeit vorführen zu dürfen. „Achte auf den Mörser.“
Amina schloss die Augen und konzentrierte sich. Der Mörser stieg ein klein wenig von der Tischplatte hoch und verharrte schwebend in der Luft. Korbinian starrte auf den Mörser und fragte sich, was jetzt wohl kommen würde.
Was er nicht sah war, dass hinter seinem Rücken auf der Arbeitsplatte der zu dem Mörser gehörende Stößel langsam in die Luft stieg. Amina führte ihn knapp unter der Zimmerdecke über ihre Köpfe bis über den Mörser und ließ ihn dann, fast wie an einem Faden, nach unten sinken, bis er mit einem leisen
Klick!
sanft im Mörser zu liegen kam. Ein glückliches Lächeln stahl sich bereits in Aminas Gesicht, während sie den Mörser mit weiterhin geschlossenen Augen langsam auf dem Tisch absetzte.
Amina und Linnea strahlten Korbinian um die Wette an. Der hatte von dem Moment an, in dem er den Stößel langsam vor sich herunterschweben sah, den Mund nicht mehr zubekommen.
Zusammen legten sie die Reihenfolge fest, in der Amina mit einigen der Suchenden Kontakt aufnehmen sollte. Linnea hatte Wert darauf gelegt, weiterhin vom Einfachen zum Schweren vorzugehen, Korbinian wollte gern von jeder der
Speichen
mindestens einen Kontakt.
Auf diese Weise würden sie innerhalb weniger Tage einen kleinen Überblick bekommen, was auf der Suche passierte. Das war wesentlich besser, als immer nur im Convenium auf die Karte zu starren.
Am Nachmittag sollte es mit der
4-Uhr-Speiche
losgehen, aber zunächst gingen sie gemeinsam zum Mittagessen. Alle wollten sich vorher stärken.
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Adina und Balthasar hatten ein langes Seil gefunden. Außerdem lag auf einem Haufen Schrott hinter dem Haus eine alte Führungsrolle der Fähre. Sie bastelten aus dem Seil und der Rolle einen kleinen Sitzkorb, den sie an das quer über den Uder gespannte Halteseil der Fähre hängen wollten. Balthasar sollte sich zur Fähre hinüberziehen, während Adina das andere Seilende am Ufer festhielt. An der Fähre angekommen sollte Balthasar das Seil befestigen. So wollten sie die Fähre an das diesseitige Ufer zurückbringen.
Balthasar kletterte auf den Baum, an den das Halteseil angeschlagen war, und hängte den Seilkorb an. Ihm war alles andere als wohl, als er in den wackeligen Sitz stieg. Der Uder floss mit beachtlicher Strömung und schlammig-braunen Wellen unter ihm durch. Außerdem regnete es nach wie vor, das machte die Sache nicht einfacher.
„Wünsch mir Glück!“, rief er Adina zu, ließ los, und die kleine Gondel nahm Fahrt auf. Adina ließ das lange Seil durch ihre Hände gleiten, jederzeit bereit, Balthasar zurückzuziehen.
Das Halteseil hing tief durch. Als Balthasar noch etwa zehn Meter zur Fähre hatte, tauchten seine Beine in den Fluss ein. Sofort stoppte seine Gondel; Balthasar blieb wie angepflockt in der
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