Der 7. Lehrling (German Edition)
gesagt?“ Quentin war verdutzt.
„Ja, auch wenn er manchmal etwas merkwürdig erscheint, so ist er doch ein feiner Kerl.“ Er ging hinauf zu Finja. Nach kurzer Zeit kam er wieder herunter. „Sie schläft.“
Schweigsam und lustlos aßen sie ihr Abendessen. Danach räumten sie zusammen das Geschirr weg. Während Falk sich das große Buch mit Finjas handschriftlichen Eintragungen nahm, sah Quentin noch einmal nach der Müllerin. Sie war jetzt wach.
„Quentin, wie spät ist es?“, fragte sie mit leiser Stimme.
„Es ist so etwa acht Uhr abends“, antwortete er. „Habt Ihr Hunger?“
„Nein, nur etwas Durst. Habt ihr gegessen?“
Quentin nickte.
„Guter Junge. Morgen geht es mir bestimmt wieder besser. Mach Dir keine Sorgen, ja?“ Wie zum Beweis des Gegenteils wurde sie von einem kräftigen Hustenanfall durchgeschüttelt. Schwach sank sie in ihr Kissen zurück.
Quentin berührte ihre Stirn und tupfte mit einem feuchten Tuch den Schweiß ab. Finja hatte hohes Fieber. Was konnte er nur tun?
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Früh am nächsten Morgen war Quentin auf den Beinen und in der Küche. Das Wasser für den Tee kochte bereits, als Falk mit ernster Miene hereinkam.
„Es ist noch nicht besser. Ich werde gleich gehen und den Bader holen. Er weiß bestimmt, was zu tun ist.“ Falk warf sich bereits seinen Umhang über, als Quentin ihn aufhielt.
„Meister, es ist noch nicht einmal sieben Uhr. Und es ist Sonntag. Ihr werdet um diese Zeit noch niemanden antreffen.“
„Dann hole ich ihn eben aus dem Bett. Ist mir gleich. Ich bin bald wieder da.“ Mit diesen Worten stapfte er hinaus in den Regen.
Quentin wartete, bis der Tee gezogen hatte, dann ging er hinauf zu Finja. Die dunklen Ringe unter den Augen waren noch deutlicher sichtbar als am Tag davor. Das verschwitzte Haar hing ihr strähnig ins Gesicht. Sie atmete rasselnd und offensichtlich mit großer Mühe. Als Quentin ihr die Stirn fühlte, zuckte er fast zurück. Sie glühte.
„Finja, ich habe Euch Tee gebracht. Kommt, trinkt einen Schluck. Dann geht es Euch bestimmt bald wieder besser.“
Finja schüttelte den Kopf. „... keinen Durst ...“, krächzte sie heiser. Quentin versuchte es wieder mit seinem bittenden Blick. Im Gegensatz zu gestern blieb er allerdings heute wirkungslos. Also blieb er einfach nur bei ihr und tupfte ihr von Zeit zu Zeit die heiße Stirn mit einem feuchten Tuch ab.
Die Tür zur Schlafkammer ging auf, und Falk kam mit einem anderen Mann herein, beide noch in ihren Umhängen. Der Mann war mittelgroß und hager. Sein Gesicht war von einer langen Narbe über die rechte Wange entstellt. Die nassen Haare setzten erst hoch an der Stirn an und waren streng zurückgekämmt. Als der Mann Quentin anlächelte, entblößte er dabei zwei Reihen ungepflegter gelber Zähne.
„Der Bader ist verreist, aber unterwegs traf ich diesen Mann hier. Er ist auch gelernter Bader und wird Finja helfen“, verkündete Falk.
Quentin mochte den Mann nicht. Irgendetwas an seiner Erscheinung machte ihn vorsichtig. „Seid Ihr sicher, Falk?“, fragte er.
Falk sah ihn überrascht und ein wenig verärgert an. „Natürlich, was soll die Frage.“ Er ließ den Mann zu Finja vor.
Der Bader setzte sich mit seinem tropfenden Mantel auf die Bettkante und fühlte ihr mit den Händen die Stirn. Quentin registrierte die dreckigen Fingernägel. Dann horchte der Mann gespannt auf Finjas Atem. Er nickte wissend. Anschließend nahm er ihr Handgelenk und drückte mit dem Daumen an der Innenseite herum. Wieder nickte er wissend und erhob sich. „Wir müssen uns beraten“, sagte er zu Falk und ging hinaus.
Finja hatte alles still über sich ergehen lassen. Ihr mattes Gesicht drückte einen Anflug von Ekel aus, aber Falk bemerkte es in seiner Sorge nicht. Er war bereits auf der Treppe. Quentin drückte Finja schnell die Hand, dann eilte er hinter den anderen beiden die Treppe hinunter.
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„Gut, dass Du da bist, Quentin“, sagte Falk. „Nimm den Mantel des Herrn und häng ihn in den Flur.“ Der Fremde reichte Quentin seinen nassen Mantel, ohne ihn anzusehen. Seine Kleidung war geflickt und schmutzig. Als er sich setzte, kratzte er sich im Nacken – der offensichtlich auch schon länger nicht mehr mit Seife in Berührung gekommen war.
Das alles nahm Quentin nur am Rande auf. Schreckliche Bilder schossen mit einem Mal durch seinen Kopf. Er tastete sich halb blind aus der Küche und zog die Tür hinter sich zu. Dann rutschte er am Türrahmen auf den Boden
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