Der 7. Lehrling (German Edition)
würde. „Gut, Quentin, dann erzähl mir seine Geschichte.“
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Falks Großvater war ein strenger alter Herr. Er war Goldschmiedemeister und hielt viel auf seinen Beruf, der ihm und seiner Familie darüber hinaus zu einigem Wohlstand verholfen hatte. Umso ärgerlicher fand er es, dass sein Sohn nicht in seine Fußstapfen treten wollte. Der hatte es sich in den Kopf gesetzt, Müller zu werden. Es hatte nicht lange gedauert, da hatten beide sich so zerstritten, dass sie kaum noch ein Wort miteinander redeten.
Dann wurde Falk geboren, und wie das oft so ist, schaffte es dieser Enkel, der noch nicht einmal sprechen konnte, dass sein Großvater sich mit seinem Sohn wieder versöhnen wollte.
Natürlich hegte der Großvater den heimlichen Wunsch, das Falk einmal seine Nachfolge antreten würde. Aber er musste auch deutlich machen, dass er den Beruf seines Sohnes inzwischen akzeptierte. Also kam er auf die Idee, seinem Enkel etwas zu schenken, das beide Berufe miteinander vereinte: Er schenkte ihm eine verkleinerte, aber bis ins winzigste Detail genau nachgemachte Maßschaufel aus Gold als Anhänger an einem Lederband, ein wichtiges Kennzeichen der Müllerszunft. So waren beide Berufe gleichzeitig in einem Gegenstand dargestellt.
Quentin legte die Schaufel vorsichtig aus der Hand und öffnete die Augen. Ihm gegenüber saß Falk, das Gesicht feucht von den Tränen, die er in der Erinnerung geweint hatte. Der Müller griff über den Tisch, nahm Quentins Hände in die seinen und drückte sie. Dann setzte er die Geschichte mit heiserer Stimme fort:
„Mein Großvater und mein Vater vertrugen sich durch dieses Geschenk wieder. Schließlich gab mein Großvater sogar den größten Teil des Geldes, mit dem mein Vater später die Mühle kaufte. Dass auch ich später Müller werden wollte, fand er schon gar nicht mehr schlimm. Viel wichtiger war es ihm, dass die Familie wieder vereint war.
Als ich noch klein war, habe ich oft auf dem Schoß meines Großvaters gesessen und der Geschichte über den dummen Streit gelauscht.“ Eine weitere Träne lief Falk über die Wange und tropfte auf seinen Ärmel. Noch einmal drückte er Quentins Hände.
Dann stand er auf und ging nach oben zu Finja.
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Quentin machte ein wenig Ordnung in der Mühle. Da Sonntag war, war Medard nicht da, und er konnte allein seinen Gedanken nachhängen.
Falk hatte ihm geglaubt. Das war gut. Aber was nun? Finja war immer noch sehr krank, und der Bader, also der
richtige
Bader, war offensichtlich mehrere Tage unterwegs. Was um des Mondes und der Sterne willen konnte er tun? Beim Quietschen des Rolltores fuhr Quentin aus seinen Gedanken gerissen herum. Dann stellte er erleichtert fest, dass es der Müller war.
„Ach hier bist Du, ich habe Dich schon überall gesucht.“ Falk trat ein und zog das Rolltor wieder zu. „Ich soll Dir von Finja einen Gruß sagen.“ Er setzte sich auf einen Kornsack und klopfte auf den daneben. „Komm, setz Dich.“
Quentin setzte sich zu Falk. „Wie geht es ihr?“
„Es ist nicht besser, fürchte ich. Ich weiß auch nicht, was ich noch machen soll. Ich will mir gar nicht erst vorstellen, was passieren kann, wenn das Fieber nicht bald wieder weggeht. Kannst ... kannst Du nicht ...?“
Quentin schaute Falk fragend an. Dann verstand er und schüttelte langsam den Kopf. „Nein, ich kann nur Geschichten erzählen, die die Dinge mir sagen – und mit Tieren gut umgehen.“ Dann fügte er nach einer Pause hinzu: „Leider.“
Falk starrte vor sich hin. „Finja hat mir vorhin erzählt, dass ihre Mutter Salben und Tränke herstellen konnte, die den Leuten geholfen haben. Und ich dachte, vielleicht ...“. Er winkte ab. „Vergiss es wieder. War nur eine Idee.“
Eine Weile saßen beide schweigsam nebeneinander. Dann gingen sie wieder ins Haus zurück, wo Falk sich an die Bücher setzte und Zahlen hineinschrieb. Quentin nahm einen frischen Becher Tee und ging hinauf zu Finja.
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Finja schlief. Quentin setzte sich auf einen Stuhl und sah sie besorgt an. Er dachte nach. Falks Idee ließ ihn nicht los. Wenn er doch ein Zauberer war, dann müsste er doch auch eine heilende Salbe herstellen können, oder nicht? Was hatte Finja gesagt, sie hätte immer alles ganz genauso gemacht wie ihre Mutter, aber irgendwie klappte es dann doch nicht. Aber was fehlte? Ein Zauberspruch? Brauchte ein Zauberer so etwas wie einen Zauberspruch? Oder reichte es einfach, Zauberer zu sein?
Finja beobachtete Quentin schon
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