Der 7. Lehrling (German Edition)
das Wohl des Kreises sorgen zu dürfen. Sie stand hinter Amina und hatte ihr die Hände auf die Schultern gelegt.
Korbinian durfte aufgrund seiner Eigenschaft als Oberhaupt nicht am
Kreis der Vierzehn
teilnehmen. Das war ein altes Gesetz, das einen Machtmissbrauch verhindern sollte. Seine Aufgabe war es vielmehr, die Zauber auszusprechen, die den
Kreis der Vierzehn
verbinden und später wieder trennen würden.
Der große runde Tisch aus fast schwarzer Mooreiche war blank poliert. In seiner Mitte war ein silbernes Pentagramm eingelassen, das genauso ausgerichtet war wie das Dorf. An jeder Spitze des Pentagramms stand eine Kerze in einem kleinen vierzehneckigen Silberständer. Die Ecken waren nicht symmetrisch angeordnet, vielmehr zeigte jede Ecke auf einen Platz am Tisch. Das Licht der Kerzen war die einzige Beleuchtung im Raum.
„Lasst uns beginnen.“ Korbinian sprach mit ruhiger Stimme. Linnea trat von Amina zurück.
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Alle vierzehn Magier legten die Hände auf den Tisch, die Finger gespreizt. Der kleine Finger berührte jeweils den kleinen Finger des Nachbarn. Sie schlossen die Augen und konzentrierten sich.
Korbinian sprach leise die alten Worte, die die vierzehn Magier zu einem Kreis verbinden würden, und bewegte die Finger dazu.
Es war, als würde Amina eine heiße Welle durchfluten. Sie spürte ungeheure Kraft in sich. Gleichzeitig nahm sie die stille und wartende Anwesenheit der anderen dreizehn Magier wahr. Dann machte sie zaghaft den ersten Versuch, mit dem nächsten Reiter der
8-Uhr-Speiche
Kontakt aufzunehmen.
Wie von einem Katapult wurde sie hoch in die Luft gerissen und schwebte meilenweit über dem Land. Ihre suchenden Augen fanden die Stadt, in der sich die Reiterin aufhalten musste. Sie stürzte in atemberaubender Geschwindigkeit zur Erde zurück. So hoch, dass sie den ganzen Ort mit ihrem Blick erfassen konnte, verharrte sie schwebend in der Luft. Ihr Blick streifte durch die Gassen, bis sie die Präsenz spürte. Langsam sank sie abwärts, bis sie sich direkt neben der Hexe befand.
In unglaublichen Details nahm sie die Einzelheiten der Straße in sich auf. Spielende Kinder in den Pfützen auf der Straße, Erwachsene, die sich in Hauseingängen unterhielten, ein Wagen, der rumpelnd um die Ecke bog, eine Katze, die sich unter einem Vordach putzte. Dann zwang sich Amina, all diese Eindrücke verschwinden zu lassen – sie kosteten nur Kraft.
Mit spielender Leichtigkeit nahm sie mit der Hexe Kontakt auf. Nachdem Amina ihre Botschaft überbracht hatte, zog sie sich langsam aus dem Kontakt zurück. Die Bilder verblassten. Dann war es dunkel.
Amina öffnete die Augen. Noch immer war in ihr die Kraft der anderen dreizehn vorhanden. Sie fühlte sich stark und hätte am liebsten gleich weitergemacht.
Im Hintergrund sprach Korbinian leise den Zauber, der die Verbindung löste. Mit einem Mal wich die Kraft und Präsenz der anderen aus Amina. Sie fühlte sich unsäglich leer und allein, aber das war ein paar Augenblicke später vorbei. Alle Vierzehn schauten sich an, als wären sie gerade aus einem Traum erwacht. Dann, nach einem Moment erstaunten Schweigens, fingen sie an, durcheinanderzureden. Amina hörte immer wieder Worte wie „hast Du das gesehen“, „grandios“.
Dann war Linnea bei ihr. Sie strich ihr sanft über die Haare. „Sag, Amina, wie war's? Bist Du in Ordnung? Möchtest Du etwas trinken?“
Amina strahlte sie an. „Es war ... es war so ... so einfach. So schnell. So kraftvoll! Du hättest dabei sein sollen!“ Das Erlebte sprudelte nur so aus ihr heraus. Linnea hörte lächelnd zu.
Im Halbdunkel stand Korbinian. Es war eine eindrucksvolle Demonstration der Macht gewesen. Alle waren noch völlig aus dem Häuschen. Nun verstand er besser als jemals zuvor, warum das Oberhaupt der Magier am
Kreis der Vierzehn
nicht selbst teilnehmen durfte.
Bis zum Ende des Tages hatte die Botschaft alle ausgewählten Magier auf der
8-Uhr-Speiche
erreicht. Die
Vierzehn
fühlten sich zwar ein wenig erschöpft, aber nach einem guten Essen und ein paar Stunden Schlaf würden sie weitermachen können. Die
4-Uhr-Speiche
würde am nächsten Tag mit Leichtigkeit erledigt sein.
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Quentin war von einem heftigen Hustenanfall in der Kammer nebenan wach geworden. Verschlafen rieb er sich die Augen
. Hoffentlich wird das bald wieder besser. Sie hustet nun schon seit zwei Tagen.
Er blinzelte mit der leisen Hoffnung, dass wenigstens draußen eine Verbesserung
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