Der 7. Lehrling (German Edition)
seit einiger Zeit und wusste, dass er über irgendetwas angestrengt nachdachte. „Kann ich Dir helfen?“, fragte sie leise.
Quentin erschrak. „Ich weiß nicht, ich ... ich habe nur nachgedacht.“
Finja wurde wieder von einem Hustenanfall durchgeschüttelt, schmunzelte aber dann. „Das konnte ich deutlich sehen. Komm, sag mir, was Dir durch den Kopf gegangen ist. War es der Fremde von heute morgen?“
„Nein, nicht ganz. Ihr habt doch Falk vorhin erzählt, dass Eure Mutter Tränke und Salben für kranke Leute hergestellt hat. Und ich habe überlegt, ob ... ob ...“
„... ob Du so etwas auch kannst?“, führte Finja seinen Satz zu Ende.
Quentin nickte. „Ich weiß nicht, ob man dazu noch etwas wissen muss. So etwas wie einen Spruch oder irgendeine besondere Zutat. Aber vielleicht reicht es ja auch einfach aus, dass ich ein bisschen so wie Eure Mutter bin. Ich dachte, es wäre ... es könnte ... es könnte immerhin
möglich
sein.“
Finja nickte matt. Tatsache war, dass sie ganz genau wusste, wie krank sie war. Einen solchen fiebrigen Husten hatte sie noch nie gehabt. Sie wusste von anderen, die daran gestorben waren. Und sie wusste auch, dass der Bader, der ihr als Einziger hätte helfen können, nicht da war. Wie standen also ihre Chancen? Erneut hustete sie. Jede Anstrengung tat ihr bis in den Kopf hinein weh.
Allerdings wusste sie immer noch ganz genau, aus welchen Kräutern ihre Mutter die Salbe hergestellt hatte, die gegen fiebrigen Husten half. Und:
Möglich
war vieles.
Ein kleines bisschen Hoffnung kehrte in ihre erschöpften Gedanken zurück. Aber mehr als diesen kleinen Schimmer würde sie nicht zulassen. Quentin hatte recht: Vielleicht brauchte man einen Spruch oder eine besondere Zutat. Irgendetwas gab es jedenfalls, das sie ihm nicht erklären konnte. Warum wäre sie selbst sonst tausend Mal gescheitert?
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„Bevor ich Dir die Zutaten sage, musst Du mir etwas versprechen, Quentin. Du musst mir versprechen, dass Du Dir selbst keine Schuld geben wirst, wenn es nicht funktioniert. Wenn Du dieses Versprechen nicht gibst, bleiben meine Lippen geschlossen. Überleg es Dir gut: Willst Du?“
Quentin überlegte ein paar Minuten. Finja verlangte viel von ihm. Was, wenn er statt einer heilenden eine giftige Salbe herstellen würde? Dann sollte er nicht schuld sein? Immer noch zweifelnd sah er Finja an, die erneut hustete. Ohne das Versprechen würde sie ihm nichts verraten.
„Ich werde übrigens Falk das gleiche Versprechen abnehmen“, fügte Finja hinzu. „Schließlich entscheide
ich
darüber, ob ich es Dich versuchen lasse. Damit liegt auch die Verantwortung bei
mir allein
!“ Finja sagte dies mit aller Entschiedenheit, die sie in ihrem geschwächten Zustand aufbringen konnte. Sie würde es nicht zulassen, dass Quentin sich verantwortlich fühlte, wenn die Krankheit am Ende doch siegen sollte.
Quentin hatte sich entschieden. Es gab für ihn keine andere Möglichkeit, wenn er Finja helfen wollte. „Ich verspreche es Euch“, sagte er leise.
„Gut. Dann hör mir zu.“ Finja erklärte Quentin – immer wieder unterbrochen vom Husten – ganz genau, welche Kräuter er in welchen Mengen nehmen musste. In welcher Reihenfolge sie zerstoßen werden mussten und wie lange.
Anschließend fragte sie ihn ab. Quentin konnte bereits beim ersten Mal alles ganz genau wiedergeben. Trotzdem ließ Finja ihn alles so oft wiederholen, bis sie sich ganz sicher war, dass er es sich eingeprägt hatte.
„Sehr gut, Quentin. Wenn Du mit den Kräutern wieder da bist, nimmst Du den Mörser, der oben auf dem Küchenschrank steht. Er gehörte einst meiner Mutter. Vielleicht hilft das ja ein bisschen. Jetzt geh. Und komm bald wieder.“
Als Quentin schon fast aus der Tür war, rief sie ihn zurück. „Schick jetzt bitte Falk zu mir. Und Quentin: Du solltest fort sein, bevor Falk wieder nach unten kommt, das ist Dir doch klar, oder?“
Quentin nickte und ging nach draußen. Bevor er hinunterging, holte er schnell ein paar Sachen aus seiner Kammer. Finja hatte recht: Falk hatte sich schon schwer getan, ihm seine Fähigkeit überhaupt zu glauben. Was Quentin jetzt vorhatte, würde Falks Verständnis übersteigen und vor allem niemals seine Zustimmung finden. Auch wenn er selbst ihn erst auf die Idee gebracht hatte.
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„Das wird er nicht tun!“ Falk war ärgerlich. „So ein Unfug! Er wird nicht gehen!“
„Er ist schon längst weg“, lächelte Finja ihren Mann an, der sie verblüfft
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