Der 7. Rabe (German Edition)
obwohl er keine Linie zwischen Verteidigung, Verhandlung oder eigenen Angriffen findet. Ich verberge meine eigenen Tränen, um allen ein Vorbild wie auch Hoffnungsträger zu sein.“
Mit jedem Wort war sie nähergekommen, bis sie ihre Söhne erreicht hatte und Randyn beinahe brutal in ihre Arme riss.
„Ich weiß, was Farres mit meinem Küken angestellt hat“, sagte sie mit schwankender Stimme. „Ich habe ahnungslos getan, damit ihr in Ruhe handeln könnt. Aber jetzt ist es vorbei mit meiner Geduld! Ihr werdet weitersuchen, bis ihr Raj gefunden habt und solange weder Klaue noch Schnabel an einen unserer Feinde legen, sofern es nicht zur Verteidigung geschieht. Sollte er tot sein, dann, so schwöre ich, werde ich nicht rasten noch ruhen, bis die Verantwortlichen hingerichtet und die letzten überlebenden Wölfe mit eingezogenen Ruten ins Gamesh-Moor geflohen sind! Vorher wird keine Zeit und Kraft für sinnlose Angriffe verschwendet.“
„Und wenn wir ihn nicht finden?“, fragte Rakden leise.
„Ihr habt ein Jahr und einen Tag Zeit, ihn, seine Leiche oder zumindest seinen Peiniger zu finden. Danach wird er für tot erklärt.“
Der abgrundtiefe Hass im sonst so gütigen Gesicht ihrer Mutter wirkte seltsamerweise beruhigend auf Randyn.
„Wir finden ihn“, verkündete er fest entschlossen. „Ich werde mir keine Schwächen mehr erlauben.“
„Ihr seid Prinzen“, flüsterte sie grimmig. „Geht, und macht mir Ehre!“
~*~
Er lief unruhig auf und ab. Dieser verdammte Farres, schon wieder machte er alle sorgsam geschmiedeten Pläne kaputt! Konnte dieser Bastard nicht wenigstens einmal das tun, was von ihm erwartet wurde? Wie sterben, zum Beispiel? Wer hatte diesem Krüppel erlaubt, so stark zu sein?
Was hat er vor? Wo geht er hin mit seinem Sklaven?
Sollte er etwa …
Nein. Unsinn. Um Frieden zu erzwingen hätte er den Rabenwicht als Druckmittel nutzen können.
Nun gut, der Gedanke war auch falsch. Um Frieden zu schaffen, müsste Farres seinen Bruder umbringen, und das würde nie geschehen. Tatsache war allerdings, dass dieser Kerl es vor seiner Verstümmelung viel zu oft geschafft hatte, Farouche milde zu stimmen, Angriffe zu verhindern, Massenabschlachtung von Gefangenen zu hintertreiben. Farouche war in Bezug auf den Bengel schon immer zu weich gewesen und hatte oft genug den Zorn ihres Vaters auf sich genommen, um Farres zu schützen.
Vielleicht ist alles harmloser als befürchtet. Farres könnte sich in das Prinzlein ernstlich verliebt haben und sucht ein lauschiges Plätzchen für Zweisamkeit. Farouche hätte den Kurzen spätestens nach einer Woche in Stücke gerissen, was Farres verhindern wollte.
Liebe hatte schon so manches Wolfsherz zerstört.
Er selbst könnte darüber eine ganze Woche lang den Mond anheulen …
Ich muss das besser durchdenken. Jede Möglichkeit in Betracht ziehen und so schnell wie möglich handeln. Farouche muss stürzen!
11.
Raj beobachtete unbehaglich, wie Farres seinen wunden Fuß ins eisige Flusswasser tauchte und sein schmerzverzerrtes Gesicht sich endlich entspannte.
Ob er … Nein. Es stand ihm nicht zu, Hilfe anzubieten.
Farres’ wütendes Ich bin dein Herr klang ihm noch in den Ohren nach. Obwohl das vermutlich nur die Reaktion auf Rajs Gebrüll gewesen war, denn bis dahin hatte der Wolf ihn respektvoll und als ebenbürtig behandelt, sofern sie unbeobachtet gewesen waren.
„Kann ich mal schauen?“, fragte er, ehe er sich noch einmal zurückhalten konnte und kniete neben ihm nieder. Es dämmerte bereits, sie wollten sich gleich einen Unterschlupf für den Tag suchen, wo die Gefahr entdeckt zu werden sehr viel größer war.
Farres starrte ihn überrascht an, schien aber zu müde für Widerspruch zu sein und ließ zu, dass Raj nach seinem Fuß griff.
Die Wunde sah schrecklich aus. Der Zehenbereich war abgetrennt und eher recht als schlecht vernäht worden. Im Fußrücken zeigten breite Narben und nässende, eitrige Wunden, wo sich die Eisenspitzen ins Fleisch gegraben hatten. Alles war entzündet, rot, geschwollen. Farres musste ununterbrochen Schmerzen leiden, es war ein Wunder, dass er noch nicht an Blutvergiftung krepiert war!
„Warum wird das nicht anständig versorgt?“, fragte Raj fassungslos. Er hielt den Fuß unnachgiebig in der Linken, obwohl Farres versuchte, sich ihm zu entziehen.
„Es wurde versorgt!“, knurrte der Wolfswandler bedrohlich. „Jeder Verletzte wird versorgt. Danach muss er zurechtkommen oder das Rudel
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