Der 7. Rabe (German Edition)
Bruder ist der Sohn seines Vaters. Vielleicht hat sich die Krankheit mit Eikrons Blut während ihres Kampfes auf Farouche übertragen oder es lag bereits in seinen Genen und brach durch die Ermordung eures Vaters hervor. Die Gier zu töten überkam deinen Bruder ebenfalls. Eine Kontrolle meinerseits ist nicht mehr möglich. Also muss Farouche weg. Und du ebenfalls. Du und dein verfluchter Rabe!“ Ephrim trat einen Schritt näher an Farres heran, der seine Worte sichtlich zu verarbeiten suchte.
„Raj und ich haben einen Weg gefunden, um den Frieden wieder herzustellen, Ephrim. Wir können diese Blutgier stoppen.“
Also hatte er mit seiner Vermutung doch richtig gelegen. Dieser Welpe und sein Hühnchen waren auf einer Mission gewesen. Noch dazu erfolgreich. Ephrim knurrte finster. In einer beschwichtigenden Geste hob Farres die Hände. Allerdings wankte und wich er nicht, wie Ephrim genau bemerkte.
„Frieden“, knurrte er. „Wer will denn deinen verdammten Frieden? Die Raben gehören ausgelöscht, für das, was sie meiner Landa angetan haben. All die Jahre habe ich mich bemüht, diesen Krieg am Leben zu erhalten. Ich habe dafür Wölfe geopfert. Deine kleine Schwester war eines dieser Opfer.“ Ephrim lächelte angesichts Farres‘ entsetztem Gesichts.
„Oh, wie hast du die Raben gehasst, nicht wahr? Wie gierig hast du dich in die nachfolgenden Kämpfe gestürzt. Und niemand wusste, dass ich dafür gesorgt habe, dass Farja sterben musste. Leider schlief der Krieg wieder ein. Aber die Wolfseisen waren ein netter Einfall, um die Hass und die Furcht neu zu schüren, nicht wahr?“
„Du?“, hauchte Farres schockiert. „Du hast Farja getötet? Ephrim, wie konntest du nur? Sie hat dich geliebt. Ich habe dich geliebt. Tagelang habe ich gegrübelt, ob du hinter dieser Sache steckst, nachdem die Raben das Aufstellen der Falle so hartnäckig abstritten. Ich wollte es einfach nicht wahrhaben, bis du mich und Raj angegriffen hast. Wie konntest du uns das antun?“
Ephrim lachte leise. Er hatte gewusst, dass seine Antworten Farres nicht gefallen würden.
„Ich werde dich jetzt töten, Welpe. Und dann kehre ich heim zur Canisfeste und erledige deinen Bruder. Sobald ich der Leitwolf des Rudels bin, werde ich Rajadas und seiner Sippe ein Ende bereiten. Zwanzig Türme wird fallen. Ich werde über Raben- und Wolfsland herrschen. Und niemand – niemand! – wird mir jemals wieder eine Gefährtin nehmen.“ Mit diesen Worten sprang er auf Farres zu und verwandelte sich dabei. Der junge Wolf war schnell und huschte zur Seite, sodass sein Angriff ins Leere ging. Rasch nahm auch er Tiergestalt an und stellte sich ihm mit gesträubtem Fell, aufgerichteter Rute und gefletschten Zähnen. Eikrons Söhne waren keine Feiglinge. Das musste man ihnen lassen.
Knurrend umkreisten sie sich. Wie offenbar auch Ephrim lauerte Farres auf einen günstigen Moment für eine Attacke. Einen winzigen Augenblick der Ablenkung, ein leichtes Straucheln … Dabei rasten seine Gedanken. Nach Ephrims erstem Angriff hatte er sich ja bereits einiges zusammenreimen können. Auf das ganze Ausmaß der Schlechtigkeit war er jedoch nicht gefasst gewesen. War er denn bloß von Irren umgeben gewesen? Sein Vater, Farouche und nun auch Ephrim. Der Verrat des älteren Wolfs tat ihm weh. Farja hatte ihm vertraut. Er hatte Ephrim vertraut. Wie konnte der Alte ihm das nur antun? Und er hatte die Raben verdächtigt, seine Schwester getötet und die Wolfseisen aufgestellt zu haben. Wie viele Tote waren daraufhin gefolgt. Wie viele Raben hatte er in seiner Wut sinnlos umgebracht und sie einer Tat bezichtigt, die sie nicht begangen hatten. Er hatte Randyn und vielen anderen Unrecht getan, ein Wissen, dass ihm tief in der Brust schmerzte. Eine Schuld, die er niemals wieder würde gutmachen können. Farja, er, sein ganzes Rudel … sie alle waren von Ephrim verraten und belogen worden. Sogar Farouche. Farres unterdrückte ein wütendes Jaulen. Es war Zeit, die Sache zu beenden. Er täuschte ein Wegsacken seines Fußes vor und tatsächlich griff Ephrim sofort erneut an. Dieses Mal wich ihm Farres nicht aus. Dass sich rasiermesserscharfe Zähne in seinen Pelz bohrten, nahm er als Sühne für die toten Raben an. Aber auch er verbiss sich in Ephrims Fell. Der Alte war so wendig, dass er sich befreien konnte und sie erneut aufeinander losfuhren, bellend, beißend und knurrend. Fell flog und Blut spritzte. Keiner von beiden war bereit zu kapitulieren. Es würde auch
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