Der 7. Rabe (German Edition)
wahrhaftigen siebten Raben unter uns.“
~*~
Rajs neu entdeckte Fähigkeit beschäftigte sie die halbe Nacht lang. Immer wieder probierten sie herum und daher waren sie alle übernächtigt, als sie am nächsten Morgen den Heimweg antraten. Der Altehrwürdige, der sie persönlich verabschiedete und ihnen dabei die Grenzkarte aushändigte, schmunzelte vergnügt vor sich hin, als wüsste er aus einer geheimen Quelle, welches Talent Raj an sich entdeckt hatte.
„Leb wohl, siebter Rabe“, wurde er freundlich verabschiedet. „Gutes Gelingen und Gottes Segen wünsche ich dir.“
Und ehe er dreimal krächzen konnte, flogen er und seine Brüder neben Farres‘ Wolfsgestalt her und traten den Heimweg an.
18.
Nach eineinhalb Wochen hatten sie das Moor erreicht und befanden sich auf direktem Weg zu den Schlangenwandlern. Als Zeichen seines Vertrauens hatte Farres Randyn die Karte mit den Territorialgrenzen zum Verwahren gegeben. Nun verbrachten sie einmal mehr eine Nacht zwischen kalten schwarzen Tümpeln auf torfigem Boden. Um sie herum herrschte gespensterhafte Stille. Lediglich das Gras wisperte leise, wenn der Wind hindurchstrich.
Mit einer ruckartigen Bewegung zog Farres die Schnauze unter der buschigen Rute hervor und hob witternd den Kopf. Sein kleiner Rabe schlief mit dem Kopf unter einem Flügel zwischen seinen Pfoten. Er hatte sich genau wie seine Brüder zu einer dicken, schwarzen Kugel aufgeplustert, damit die Federn die kalte Nachtluft von ihm fern hielten. Es hatte Frost gegeben. Das Schilf und das harte Riedgras des Gamesh-Moores waren mit einer silberweißen Schicht überzogen, die im Mondschein schimmerte. Bislang war die Nacht friedlich gewesen, bis Farres ein vertrauter Geruch in die empfindliche Nase gedrungen war. Ephrim! Der alte Wolf ließ ihn deutlich wissen, dass er in der Nähe war, ansonsten hätte er sich gegen den Wind angenähert.
Ist der Zeitpunkt für eine endgültige Auseinandersetzung gekommen?, fragte sich Farres und erhob sich vorsichtig, um Raj nicht zu wecken. Lautlos und mit einem letzten Blick auf seinen Geliebten stahl er sich in die Nacht davon.
Ephrim wartete in nicht allzu großer Entfernung in Menschengestalt auf Farres. Hasserfüllt blickte er dem langsam herantrottenden Wolf entgegen. Natürlich war Farres gekommen, allein weil er Antworten auf seine Fragen wollte, die ihm seit ihrem letzten Treffen quälen mussten. Oh, und Antworten würde er bekommen, ehe er den jungen Beta zerfleischte. In respektvollem Abstand blieb Farres stehen und verwandelte sich. Eine Weile musterten sie einander stumm.
„Deinem Fuß scheint es besser zu gehen“, sagte Ephrim schließlich.
„Aber meiner Seele nicht. Sie scheint einen guten Freund verloren zu haben. Oder warst du nie ein wahrer Freund, Ephrim? War das alles gelogen? Hast du mir … und Farja die Vaterrolle lediglich vorgespielt?“
Ephrim schnaufte. „Wir hatten beide kein Glück mit unseren Vätern, nicht wahr, Farres? Meiner war zu schwach und zu feige, um den Thron an sich zu reißen und deiner verfiel dem Wahnsinn. Und dein Bruder hat sich zu einem zweiten Eikron entwickelt. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.“
„Was willst du damit sagen?“
Kapierte dieser Welpe immer noch nicht?
„Farouches Gier nach Blut und Gewalt … Auf diese Weise kann man kein Rudel in den Krieg führen. Dazu braucht man Schläue und Gerissenheit. Sein geerbter Wahnsinn hat Landa den Tod gebracht.“
Verwirrt blickte Farres ihn an. „Landa? Die ehemalige Fähe meines Bruders?“
„ Deines Bruders ?“, knurrte er wütend. „MEINE Fähe, bevor Farouche sie mir stahl. Meine Liebe, mein Herz, das er so rücksichtlos in den Krieg geführt hat, damit die Raben es töten.“
„Das habe ich nicht gewusst“, flüsterte Farres.
„Du vielleicht nicht. Aber Farouche wusste es. Es war ihm egal. Immerhin ist er der Alpha und kann sich die Partnerin wählen, die er will. Umgarnt hat er sie mit falschen Versprechungen und schnöden Komplimenten, mit seinem Aussehen …“ Zornbebend brach Ephrim ab.
„Das tut mir leid, Ephrim. Ich habe nicht im Entferntesten etwas davon geahnt.“
„Ich hätte der Leitwolf werden sollen, Farres. Ich! Stattdessen ging die Linie auf Eikron über. Also stachelte ich Farouche an, ihn zu töten und redete ihm ein, dass der Irre dich ansonsten umbringen würde. Farouche glaubte ich kontrollieren zu können. Ich hätte dann die Fäden hinter dem Thron gezogen. Doch dein verdammter
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