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Der 7. Rabe (German Edition)

Der 7. Rabe (German Edition)

Titel: Der 7. Rabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt , Sandra Busch
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Auf jedem Pult befanden sich Klammern, um Schriftrollen zu fixieren, ein Talglicht, Pergament für Notizen und ein Tintenfass mit der dazugehörigen Schreibfeder. Raj mochte gar nicht daran denken, wie oft sein Tintenfass nicht zugedreht gewesen war oder jemand hineingepinkelt hatte.
    In einem der Bibliothekssäle verfolgten sie, wie der Bibliothekar in schwindelerregender Höhe auf einer schwankenden Leiter herumturnte und Bücher wegsortierte. In seiner Tiergestalt als Gibbon machte ihm weder die Höhe noch das Klettern etwas aus. Beeindruckend war die Vielzahl der Bücher, leder-, leinen- oder holzgebunden, in Seide eingeschlagen, gerollt und als Schiefertafeln übereinander gestapelt. Manche umfassten nur wenige Seiten, andere hätten zwei Männer tragen müssen, so groß und umfangreich waren sie. Rajs Brüder wurden immer stiller und auch Farres‘ Gesicht drückte Ehrfurcht vor diesem geballten Wissen aus.
    Hinterher führte Raj sie in die Freianlagen, wo sich die Wandler die Beine vertreten konnten. Pferde, Rehe, Raubkatzen, Füchse, Wölfe und andere konnten hier über eine Wiese toben. Für die flugfähigen Wandler gab es Plattformen, von denen aus sie sich in die Lüfte schwingen konnten.
    Befreit atmete Randyn auf. „Hier gefällt es mir schon besser“, erklärte er. „In diesen Sälen herrscht eine Atmosphäre, die einen gestandenen Raben direkt einschüchtert. Raj, wie hast du es in diesen fünf Jahre bloß ausgehalten? Noch dazu, wenn dich hier nahezu jeder drangsaliert hat? Wieso hast du mir nichts von alldem geschrieben?“ Randyn klang verletzt. „Ich dachte, wir erzählen uns alles.“
    „Du warst schon so empört, als Vater verkündete, mich an die Akademie schicken zu wollen. Und ich wusste, dass du unter dieser Trennung mindestens genauso leidest wie ich. Sollte ich dir dazu schreiben, wie elend ich mich gefühlt habe oder dass ich mich ständig auf der Flucht vor meinen Kommilitonen befand?“
    Farres küsste ihn auf die Wange. „Dir hat ein Wolf an deiner Seite gefehlt.“
    „Oh ja, das hätte mir ungeheuren Respekt eingebracht. Der Zwerg und sein Leibwächter …“
    „Sie hätten dich nicht verprügelt.“
    „Es gibt andere Dinge, die schmerzen weit mehr.“
    Rynalph räusperte sich, zerwuschelte einmal mehr sein Haar und erklärte:
    „Dafür haben wir nun einen Gelehrten in der Familie. Siehst du, Raj, der siebte Sohn ist doch etwas Besonderes.“
    „Ich freue mich schon wahnsinnig darauf, mit euch in gemütlicher Abendrunde über die Relativierung und Präzisierung von politischen Systemen und deren Ethik zu diskutieren“, sagte Raj mit todernster Miene. Seine Brüder starrten ihn entsetzt an. „Wir könnten dabei Akzente auf die philosophische Reflexion unserer eigenen Lebenspraxis setzen, diese wissenschaftlich analysieren …“
    Randyn hielt ihm den Mund zu. „Noch ein Wort, Kleiner, und Farres wird zusehen müssen, wie er allein mit dir klar kommt.“
    „Ich kann nichts dafür, dass ihr meiner überragenden Intelligenz nicht folgen könnt.“ Raj grinste und begann zu rennen, als sich seine Brüder auf ihn stürzten. Rasch verwandelte er sich und warf sich in die Luft.
    Erst hoch am Himmel wurde ihm bewusst, dass er flog. Schmerzfrei flog! Freudig krächzte er auf, während er flankiert von seinen vier Brüdern Kreise über der Hohen Akademie zog. Vom Boden aus begleitete ihn Farres‘ Freudengeheul.
     
    Liebevoll blickte Farres auf das entspannte Gesicht seines Raben hinab. Raj atmete noch ein wenig schneller als üblich und an seinem Haaransatz schimmerten vereinzelte Schweißtröpfchen.
    „Weißt du eigentlich, wie schön du aussiehst, wenn du deinen Höhepunkt erreichst?“, murmelte er Raj ins Ohr, bevor er versonnen daran knabberte. Statt einer Antwort zog ihn Raj zu sich heran, um ihn in einen aufregenden Kuss zu verwickeln. Gleichzeitig drängte sich der kleine Rabe an seinen Körper, als wollte er in ihn hineinkriechen.
    „Raj, Raj, Raj …“ Farres stöhnte, weil Hände auf seinem Leib zu wandern begannen und ihn an äußerst interessanten Stellen reizten.
    „Raj …“ Er lauschte dem Klang dieses Namens, der ihm so wundervoll erschien und sein ganzes Herz ausfüllte.
    „Rede nicht, küss mich.“
    An Rajs Mund begann er zu lachen. So forsch, wie der Kleine auftrat, hätte er mindestens ein Adler sein müssen.
    „Die kleinsten Raben krächzen am lautesten, hm?“
    „Dicht dran. Mutter hat jedoch einen großen Vorsprung“, brummelte Raj und biss ihn

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