Der 7. Tag (German Edition)
zweiunddreißig Stunden nach unserem Besuch nicht mehr
aufgewacht. Zu diesem Zeitpunkt waren alle Unterlagen bereits in der
Cosmos-Redaktion. Das Netz um Ullrich Henke begann, sich zuzuziehen.
Alle dem Cosmos überlassenen Unterlagen sowie die
Gesprächsprotokolle wurden umgehend der zuständigen Staatsanwaltschaft zur
Verfügung gestellt. Und die Berliner Kollegen recherchierten.
Ein Besuch beim Bauamt in Mahlow und dem
Grundbuchamt in Zossen zeigte, dass Michael Thalheim sich nur teilweise geirrt
hatte.
Das Grundstück in Mahlow hatte nämlich zunächst eine
Baugenehmigung erhalten. Henkes Firma hatte das Projekt bereits entwickelt und
zu einem großen Teil an Anleger verkauft.
Aber dann wurde ein Verfahren erfunden, wie man tief
kontaminierten Boden nachweisen kann: Mit einer besonderen Kamera wurden von
Hubschraubern aus Bilder gemacht, die belastete Böden zum Vorschein bringen.
Das ganze, riesige Areal war tief unten mit Schwermetallen belastet, eine
Hinterlassenschaft der sowjetischen „Schutzmacht“. Die Baugenehmigung wurde
zurückgezogen. Und das bedeutete für Ullrich Henke, dass er den Anlegern das
Geld zurückzahlen musste, das er bereits woanders investiert hatte. Und es
bedeutete, dass er Gelder verlor, die er im Auftrag der Mafia investiert hatte.
Wenn ihm sein Leben lieb war, dann musste er sich etwas einfallen lassen.
Ullrich Henke hat sich für die Bodenwaschung entschieden. Das Grundstück in
Mahlow war aufwändig saniert worden. Rund 9 Millionen Euro, aber immer noch
billig, wenn man mit dem Leben davon kommt.
Nach erfolgter Sanierung war die Baugenehmigung
erneuert worden, Ullrich Henke hatte seinen Kopf und das Geld der Anleger
gerettet. Der Gewerbepark, der zurzeit darauf entsteht, wird voraussichtlich
nächstes Jahr Einweihung feiern.
Bei der Überprüfung von Henkes Konten konnte die
Polizei keine Verbindung zu der Bodensanierung in Mahlow oder zu irgendwelchen
krummen Geschäften ziehen. Die Konten, die auf seinen Namen liefen, waren
sauber.
Michael Thalheim hat sein Besuch in Mahlow das Leben
gekostet. Die unselige Tante, die Geburtstag hatte, brachte ihm ein
unerwünschtes Zusammentreffen mit seiner ehemaligen Sekretärin. Von ihrem Büro
aus informierte die Sekretärin Sybille Thalheim. Und im Büro haben die Wände
Ohren.
Sybille Thalheim entlarvt den Mörder
Berlin-Lichtenberg. Sybille Thalheim erwartete uns
im Besuchsraum der Frauenhaftanstalt. Es war der Abgabetermin von Teil sechs
ihrer Geschichte. Bleich und gefasst hörte sie sich unsere Schilderungen der
Ereignisse an. Wir haben ihr alle Unterlagen gegeben. Als sie den Briefentwurf
ihres Mannes sah, überflog sie nur die ersten Zeilen und blätterte wortlos
weiter. Wir bewunderten ihre Selbstbeherrschung. Doch dann schrie sie auf. „Das
ist er“.
„Wer?“ fragten wir verdutzt.
„Der Mann in der Gaststube.“
Sie zeigte das Foto des Mannes, das ihr Ehemann
bereits als das Foto des auf ihn angesetzten Killers entlarvt hatte. Die
Besuchszeit war zu Ende. Sybille Thalheim hat den siebenten und letzten Teil
ihrer Geschichte in ihrer Zelle geschrieben.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir immer noch
geglaubt, dass Sybille Thalheim ihren Mann erstochen hat. Erst als sie uns den
siebenten Teil ihres Manuskriptes eine Woche später überreichte, wurde uns
klar, dass sie nur zu ihrem eigenen Schutz ein Geständnis abgelegt hatte.
„Ich bekenne mich schuldig, den gewaltsamen Tod
meines Ehemannes geplant und herbeigeführt zu haben.“ Das war das Verbrechen
der Sybille Thalheim, mit dem sie für den Rest ihres Lebens wird leben müssen.
Sie hatte den von Ullrich Henke gedungenen Mörder auf die Spur ihres Mannes
gelenkt.
Mit Hilfe der Cosmos-Redaktion wurde der Mann auf
dem Foto verhaftet. Er war der einzige in der Gaststube gewesen, der nicht in
Sybilles Hotel gewohnt hatte, dafür aber war er in Michaels Hotel abgestiegen.
Die Polizisten konnten sich daran erinnern, dass sie ihn vernommen hatten.
Freundlicherweise hatte Ullrich Henke seine Adresse, seinen richtigen Namen und
seine Telefonnummer auf der Rückseite vermerkt. Der Mann hat die Tat bereits gestanden.
Dies war die Geschichte von Michael Thalheim und
Ullrich Henke, so wie wir sie auf Anweisung der Sybille Thalheim recherchiert
haben. Sybille Thalheim dürfte damit die einzige, wegen Mordes verurteilte Frau
der Welt sein, die ein Verbrechen aus dem Gefängnis heraus aufgeklärt hat.
Die Cosmos-Redaktion wird Sybille Thalheim bei einem
schnellen
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