Der 8. Tag
ist.«
»Ich habe wirklich nur eine halbe Stunde Zeit.«
»Das reicht, glaube mir. Setz dich, ich will dir die Regeln erklären.«
Helen setzte sich und während sie zuhörte, stellte sie die Sitzhöhe des Stuhls ein.
»Das Programm darf lügen«, erklärte Tessa, »aber der Mensch muss immer die Wahrheit sagen. Das deshalb, damit du das Programm nicht mit Fangfragen hereinlegen kannst, wie die Frage nach seiner Haarfarbe oder einer mathematischen Aufgabe, die nur eine Maschine lösen kann.«
»Gut.«
»Also«, fuhr Tessa fort, »der Mensch ist ein Arzt und das Programm ist mit allem gefüttert worden, was je über Geschichte und Forschung der Medizin veröffentlicht worden ist.
Also kannst du beide über jedes beliebige medizinische Thema ins Kreuzverhör nehmen.«
»Und wenn ich nicht feststellen kann, wer der Mensch und was der Computer ist, dann müssen wir annehmen, dass der Computer lebt, richtig?«
»Intelligent ist. Nicht notwendigerweise lebt.«
»Ein Punkt für dich.«
»Übrigens, du kannst dich mit jedem der beiden so lange beschäftigen, wie du willst. Auch kannst du gleichzeitig oder getrennt mit ihnen sprechen. Du kannst ihnen gegenseitig ihre Antworten zeigen oder ihr könnt euch zu dritt unterhalten.
Das ist eine Variante, die ich selbst hinzugefügt habe. Du musst nur diesen Knopf hier drücken. Alles klar?«
»Und du wirst mir über die Schulter schauen?«
»Nein, ich werde die ganze Sache in einem anderen Raum überwachen, aber du kannst mit mir über dieses Mikrofon hier sprechen.« Sie deutete auf eine Seite des Terminals.
Als sich die Tür schloss, tippte Helen schon ihre erste Frage über die Diagnose von Meningitis ein und richtete sie an A.
Die Antwort war absolut richtig, doch sie hätte aus einem Lehrbuch abgelesen sein können.
Sie richtete dieselbe Frage an B. Die Antwort war identisch.
Ihre nächste Frage stellte sie auch B. Sie war in gleicher Weise präzise über die Entstehung einer Reihe von Verdauungsstörungen. Wieder konnte sie keinen Fehler in der Antwort erkennen. Dann konfrontierte sie B mit einem komplizierteren diagnostischen Problem, in dem es um Blut- und Gewebeuntersuchungen ging. Die Antwort war zufrieden stellend und nannte zwei mögliche Ursachen. Helen fragte nach. B entschied sich für eine der Ursachen. Es war die gleiche Entscheidung, die auch sie getroffen hätte.
Sie widmete sich wieder A. Sie zählte eine Reihe von Symptomen auf, die möglicherweise ihren Grund in psychosomatischen Störungen haben könnten. A erkannte jedes und erklärte es genau. Genauso wie B.
Nach einer Viertelstunde kam sie zu dem Schluss, dass zwischen den beiden kein Unterschied bestand bis auf einzelne Abweichungen in der Beurteilung, wie man sie immer zwischen zwei Ärzten erwarten konnte.
Helen war sich sicher, dass es eine Fangfrage geben musste, die den Computer entlarven würde. Sie versuchte sich an die Zeit zu erinnern, in der Tessa und sie über diesen Test, den sie jetzt durchführte, diskutiert hatten. Sie wusste, dass er Turing Test genannt wurde, nach Alan Turing, einem Pionier auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz, der ihn 1950 entwickelt hatte. Bei dem Versuch sich durch all die theoretischen Argumente, ob Maschinen denken könnten oder nicht, ganz zu schweigen von den philosophischen Überlegungen, was Denken eigentlich ist, zu wühlen hatte Turing einfach vorgeschlagen, man sollte gleichzeitig mit einem Menschen und einer Maschine sprechen und versuchen zu sagen, wer wer ist.
Wenn das nicht möglich wäre, dann müssten wir akzeptieren, dass die Maschine genauso intelligent ist wie der Mensch. Er hatte vorausgesagt, dass noch vor Ende dieses Jahrhunderts eine Maschine den Test bestehen würde.
»Erwartest du, dass dieses Ding den Turing Test besteht?«, fragte Helen Tessa über das Mikrofon, das diese ihr gezeigt hatte.
»Ich weiß nicht. Was glaubst du?«, erklang Tessas Stimme dünn aus dem kleinen Lautsprecher.
»Kann ich jede Frage stellen? Nicht nur medizinische?«
»Versuch es.«
»Woher weiß ich«, tippte Helen auf der Tastatur, »dass ihr nicht beide Menschen seid? Vielleicht ist dies einer dieser Blindversuche und ich bin eigentlich das Versuchsobjekt. Ihr wollt herausfinden, welchen von euch beiden ich anfange für eine Maschine zu halten.«
»Was für einen Zweck sollte das haben?«, kam es von A zurück.
»Eine Art psychologische Untersuchung«, antwortete sie.
»Etwas, das mit den Auswirkungen von Computern auf Menschen,
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