Der 8. Tag
Weg kennen musste. Er fragte den Ersten, der ihm über den Weg lief, einen dünnen, jungen Mann mit Brille und einem seltsam abwesenden Blick, wo er das Kendall-Institut finden könnte. Der junge Mann zeigte ihm den Weg und beschrieb, nach was er Ausschau zu halten hätte.
Ein paar Minuten später befand er sich in einem Viktorianischen Gebäude mit Marmorfußboden. Leute kamen und gingen, doch niemand beachtete ihn. Die Sicherheitsvorkehrungen hier waren gleich null, stellte er fest; es bestand schon eine gewisse Ironie darin, dass Major Franklin sich Sorgen machte, weltverändernde Ideen könnten in fremde Hände geraten, wenn ein völlig Fremder, wie er, hier herumlaufen konnte ohne angehalten zu werden. Aber so war das nun einmal mit Ideen, man konnte sie nicht einschließen, wie Waffen oder Goldmünzen. Sie gehörten zu einer Welt, die dem Militär nicht vertraut war.
Nachdem er eine Zeit lang herumgelaufen war, befand er sich schließlich in einem neueren Teil des Gebäudes. Hier sah es schon eher nach einem Forschungsinstitut aus, wie er es sich vorstellte. Ein paar Leute in Laborkitteln gingen ins Gespräch vertieft an ihm vorbei. Durch eine halb offene Tür bemerkte er Wissenschaftler, die sich über Geräte auf langen Tischen beugten oder an Computern arbeiteten. Ihm wurde klar, dass er durch zielloses Herumlaufen Tessa Lambert nie finden würde oder zumindest nicht sehr bald. Ein Mann mit Glatze, auf die er seine Brille geschoben hatte, kam, eine Hand voll Notizblätter studierend, ihm entgegen.
»Verzeihung«, sprach er ihn an, »vielleicht können Sie mir helfen… «
Danny hatte keine Ahnung, mit was sich Tessa im Moment beschäftigte, außer dass sie viele Stunden arbeitete und angespannter war als jemals zuvor. Als einfacher Labortechniker war es auch nicht seine Aufgabe, es zu wissen, oder seine Angelegenheit, es herauszufinden, doch er fühlte sich ausgeschlossen und trotz aller Versuche dagegen anzukommen ärgerte er sich. Doch selbst wenn Tessa seine reservierte Haltung ihr gegenüber bemerkt hatte, zeigte sie es nicht. Sie blickte kaum von dem Monitor hoch, als er an die Tür klopfte, seinen Kopf in den Raum steckte und ihr mitteilte, dass sie jemand sprechen wollte.
»Zum Teufel, ich habe jetzt keine Zeit. Ich arbeite.«
»Das habe ich ihm auch gesagt. Er meint, es wäre wichtig.«
»Wer es auch ist, sag ihm, er soll anrufen.«
»Er meint, das hätte er schon, aber du würdest nicht zurückrufen. Also ist er von Los Angeles hierher gekommen. Er ist vom FBI – Specialagent Kelly.«
Jetzt erst hob sie ihren Kopf. Danny bemerkte, wie sie bleich wurde. Sie murmelte etwas, was er nicht verstand, dann tippte sie etwas in den Computer ein und schaltete ihn ab. »In Ordnung, schick ihn rein. Halt, warte ein paar Minuten und schick ihn dann erst rein.«
Die paar Minuten waren nicht genug um sich gänzlich zu beruhigen, aber zumindest konnte sie ein paar Mal durchatmen. Sie war in dem kleinen Abstellraum und machte sich einen Kaffee, als sie hörte, wie die Tür geöffnet wurde und jemand den Raum betrat. Sie holte tief Luft und ging zurück ins Labor um dem Besucher gegenüberzutreten.
»Mr. Kelly? Ich bin Tessa Lambert.«
»Schön Sie zu treffen, Miss Lambert. Entschuldigung, es muss wohl Dr. Lambert heißen.«
Sie gingen nicht aufeinander zu und reichten sich auch nicht die Hände. Tessa war bewusst, dass sie die Initiative ergreifen müsste, doch sie hielt sich absichtlich zurück.
»Sind Sie wirklich den weiten Weg gekommen nur um mit mir zu sprechen?«
»Ganz genau.«
Er fügte dieser Aussage nichts hinzu, stand einfach völlig entspannt und ganz natürlich da und schlug den Ball der Unterhaltung wieder in ihr Feld zurück.
Der Geruch frischen Kaffees zog von dem Abstellraum hinter ihr in das Labor. Sie bot ihm eine Tasse an. Er bedankte sich und wollte ihn schwarz ohne Zucker.
Als sie zurückkam, saß er auf dem Stuhl am Fenster, den sie ihm angeboten hatte. Sie stellte seine Kaffeetasse auf die Ecke ihres Schreibtisches und setzte sich dahinter. Sie war froh über das Gefühl von Sicherheit, das ihr der Schreibtisch vermittelte.
Nicht dass an dem Mann etwas war, das ihr besondere Angst einjagte. Ganz im Gegenteil. Er hatte eine sanfte Art und sympathische Augen. Sie vermutete, dass er nicht mehr als ein paar Jahre älter als sie sein konnte. Er sah ganz normal aus, war gut proportioniert und um seinen Mund und seine Augenbrauen lag ein geheimnisvoller Zug. Doch gleichzeitig war
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