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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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wußte, daß er mit meiner Person prangte, wenn ich neben andern Dienern hinter ihm hertrat und er Kranke besuchte, also half ich ihm auch stets in seinem Laboratorio arzneien, davon wurde ich ziemlich gemein mit ihm, wie er denn ohnedas die teutsche Sprach gern redete, sagte derowegen einsmals zu ihm: Warum er sich nit von seinem adeligen Sitz schreibe, den er neulich nahend Paris um 20 000 Kronen gekauft hätte? item, warum er lauter Doctores aus seinen Söhnen zu machen gedenke und sie so streng studieren lasse, ob nicht besser wäre, daß er ihnen (indem er doch den Adel schon hätte) wie andere Kavalier irgends Ämter kaufe und sie also vollkommen in den adeligen Stand treten lasse? »Nein«, antwortet' er, »wenn ich zu einem Fürsten komme, so heißts: ›Herr Doktor, Er setze sich nieder‹; zum Edelmann aber wird gesagt: ›Wart auf!‹« Ich sagte: »Weiß aber der Herr Doktor nicht, daß ein Arzt dreierlei Angesichter hat, das erste eines Engels, wenn ihn der Kranke ansichtig wird, das ander eines Gottes, wenn er hilft, das dritte eines Teufels, wenn man gesund ist und ihn wieder abschafft: Also währt solche Ehr nicht länger, als solang dem Kranken der Wind im Leib herumgehet, wenn er aber hinaus ist und das Rumpeln aufhöret, so hat die Ehr ein End und heißts alsdann auch: ›Doktor, vor der Tür ists dein!‹ Hat demnach der Edelmann mehr Ehr von seinem Stehen als ein Doktor von seinem Sitzen, weil er nämlich seinem Prinzen beständig aufwartet und die Ehr hat, niemals von seiner Seiten zu kommen; der Herr Doktor hat neulich etwas von einem Fürsten in Mund genommen und demselben seinen Geschmack abgewinnen müssen, ich wollte lieber zehen Jahr stehen und aufwerten, ehe ich eines andern Kot versuchen wollte, und wenn man mich gleich auf lauter Rosen setzen wollte.« Er antwortet': »Das mußte ich nicht tun, sondern tats gern, damit, wenn der Fürst sähe, wie sauer michs ankäme, seinen Zustand recht zu erkundigen, meine Verehrung desto größer würde; und warum wollte ich dessen Kot nit versuchen, der mir etlich hundert Pistoln dafür zu Lohn gibt, ich aber hingegen ihm nichts gebe, wenn er noch gar was anders von mir muß fressen? Ihr redet von der Sach wie ein Teutscher, wenn Ihr aber einer andern Nation wäret, so wollte ich sagen, Ihr hättet davon geredt wie ein Narr!« Mit dieser Sentenz nahm ich vorlieb, weil ich sah, daß er sich erzürnen wollte, und damit ich ihn wieder auf ein gute Laun brächte, bat ich, er wollte meiner Einfalt etwas zugut halten, und brachte etwas Annehmlichers auf die Bahn.

Das 3. Kapitel
    Wie er sich für einen Komödianten gebrauchen läßt, und einen neuen Namen bekommt
    Gleichwie Mons. Canard mehr Wildbret hinwegzuwerfen, als mancher zu fressen hat, der ein eigene Wildbahn vermag, und ihm mehr Zahmes verehrt wurde, als er und die Seinigen verzehren konnten; also hatte er täglich viel Schmarotzer, so daß es ihm gleichsah, als ob er ein freie Tafel gehalten hätte: Einsmals besuchten ihn des Königs Zeremonienmeister und andere vornehme Personen vom Hof, denen er ein fürstliche Kollation darstellete, weil er wohl wußte wen er zum Freund behalten sollte, nämlich diejenigen, so stets um den König waren oder sonst bei demselben wohl stunden; damit er nun denselben den allergeneigtesten Willen erzeige und ihnen alle Lust machen möchte, begehrte er, ich wollte ihm zu Ehren und der ansehenlichen Gesellschaft zu Gefallen ein teutsch Liedlein in meine Laute hören lassen; ich folgte gern, weil ich eben in Laun war, wie denn die Musici gemeiniglich seltsame Grillenfänger sind; befliß mich derhalben das beste Geschirr zu machen, und contentierte demnach die Anwesenden so wohl, daß der Zeremonienmeister sagte: Es wäre immer schad, daß ich nit die französische Sprach könnte, er wollte mich sonst trefflich wohl beim König und der Königin anbringen; mein Herr aber, so besorgte, ich möchte ihm aus seinen Diensten entzuckt werden, antwortet' ihm, daß ich einer von Adel sei und nit lang in Frankreich zu verbleiben gedächte, würde mich demnach schwerlich für einen Musikanten gebrauchen lassen. Darauf sagte der Zeremonienmeister, daß er sein Tag nit ein so seltene Schönheit, ein so klare Stimm und ein so künstlichen Lautenisten an einer Person gefunden, es sollte ehest vorm König im Louvre eine Comoedia gespielt werden, wenn er mich dazu gebrauchen könnte, so verhoffte er große Ehr mit mir einzulegen; das hielt mir Mons. Canard vor, ich antwortet ihm:

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