Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch
Frauen gangen?« Er antwortet': »Als sie dergestalt Kindbetterin worden, bat sie mich zu Gevattern, und daß ich das Kind ehestens zur Tauf fördern wollte; sagte mir auch ihres Manns und ihren Namen, damit sie möchten in das Taufbuch geschrieben werden, und indem tat sie ihr Felleisen auf, darinnen sie wohl köstliche Sachen hatte, und schenkte mir, meinem Weib und Kind, der Magd und sonst noch einer Frauen so viel, daß wir wohl mit ihr zufrieden sein können; aber indem sie so damit umging und uns von ihrem Mann erzählte, starb sie uns unter den Händen, als sie uns ihr Kind zuvor wohl befohlen hatte: weil es denn nun so gar ein großer Lärmen im Land war, daß niemand bei Haus bleiben konnte, vermochten wir kaum ein Pfarrherrn, der bei dem Begräbnis war und das Kind taufte; da aber endlich beides geschehen, wurde mir von unserm Schulzen und Pfarrherrn befohlen, ich sollte das Kind aufziehen bis es groß würd, und für meine Mühe und Kosten der Frauen ganze Verlassenschaft behalten, ausgenommen etliche Paternoster, Edelgestein und so Geschmeiß, welches ich für das Kind aufbehalten sollte; also ernährte mein Frau das Kind mit Geißmilch, und wir behielten den Buben gar gern und dachten, wir wollten ihm, wenn er groß würde, unser Mädchen zur Frauen geben; aber nach der Nördlinger Schlacht habe ich beides das Mägdlein und den Buben verloren, samt allem dem was wir vermochten.«
»Ihr habt mir«, sagte ich zu meinem Knan, »ein artliche Geschieht erzählt und doch das Best vergessen, denn Ihr habt nicht gesagt weder wie die Frau, noch ihr Mann oder das Kind geheißen.« »Herr«, antwortet' er, »ich hab nicht gemeint, daß Ihrs auch gern hättet wissen mögen; die Edelfrau hieß Susanna Ramsi, ihr Mann Kapitän Sternfels von Fuchsheim, und weil ich Melchior hieß, so ließ ich den Buben bei der Taufe auch Melchior Sternfels von Fuchsheim nennen und ins Taufbuch schreiben.«
Hieraus vernahm ich umständlich, daß ich meines Einsiedlers und des Gubernators Ramsay Schwester leiblicher Sohn gewesen, aber ach leider viel zu spät, denn meine Eltern waren beide tot, und von meinem Vetter Ramsay konnte ich anders nichts erfahren, als daß die Hanauer ihn mitsamt der schwedischen Garnison ausgeschaut hätten, weswegen er denn vor Zorn und Ungeduld ganz unsinnig worden wäre.
Ich deckte meinen Pettern vollends mit Wein zu und ließ den andern Tag sein Weib auch holen; da ich mich ihnen nun offenbarte, wollten sie es nicht ehe glauben, bis ich ihnen zuvor einen schwarzen haarigen Flecken aufgewiesen, den ich vornan auf der Brust hatte.
Das 9. Kapitel
Welchergestalt ihn die Kindswehe angestoßen und wie er wieder zu einem Witwer wird
Ohnlängst hernach nahm ich meinen Pettern zu mir und tat mit ihm einen Ritt hinunter in Spessart, glaubwürdigen Schein und Urkund meines Herkommens und ehelicher Geburt halber zuwegen zu bringen, welches ich ohnschwer aus dem Taufbuch und meines Pettern Zeugnis erhielt. Ich kehrte auch gleich bei dem Pfarrer ein, der sich zu Hanau aufgehalten und meiner angenommen, derselbe gab mir einen schriftlichen Beweis mit, wo mein Vater sel. gestorben, und daß ich bei demselben bis in seinen Tod und endlich unter dem Namen Simplici eine Zeitlang bei Herrn Ramsay dem Gubernator in Hanau gewesen wäre, ja ich ließ über meine ganze Histori aus der Zeugen Mund durch einen Notarium ein Instrument aufrichten, denn ich gedachte, wer weiß, wo du es noch einmal brauchest; solche Reis kostet' mich über 400 Taler, denn auf dem Zurückweg wurde ich von einer Partei erhascht, abgesetzt und geplündert, also daß ich und mein Knan oder Petter allerdings nackend und kaum mit dem Leben davonkamen.
Indessen gings daheim auch schlimm zu, denn nachdem mein Weib vernommen, daß ihr Mann ein Junker sei, spielte sie nit allein die große Frauen, sondern verliederlicht' auch alles in der Haushaltung, welches ich, weil sie großen Leibes war, stillschweigend übertrug, überdas war mir ein Unglück in den Stall kommen, so mir das meiste und beste Vieh hingerafft.
Dieses alles wäre noch zu verschmerzen gewesen, aber o mirum! kein Unglück allein; in der Stund, darin mein Weib genas, wurde die Magd auch Kindbetterin, das Kind zwar so sie brachte, sah mir allerdings ähnlich, das aber so mein Weib gebar, sah dem Knecht so gleich, als wenns ihm aus dem Gesicht geschnitten worden wäre; zudem hatte diejenige Dame, deren oben gedacht, in ebenderselben Nacht auch eins vor meine Tür legen lassen, mit
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