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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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Schriftbericht, daß ich der Vater wäre, also daß ich auf einmal drei Kinder zusammenbrachte, und war mir nit anders zu Sinn, als es würde aus jedem Winkel noch eins hervorkriechen, welches mir nit wenig graue Haar machte! Aber es gehet nit anders her, wenn man in einem so gottlosen und verruchten Leben, wie ich eins geführt, seinen viehischen Begierden folget.
    Nun was halfs? ich mußte taufen, und mich noch dazu von der Obrigkeit rechtschaffen strafen lassen, und weil die Herrschaft damals eben schwedisch war, ich aber hiebevor dem Kaiser gedient, wurde mir die Zech desto höher gemacht, welches lauter Praeludia waren meines abermaligen gänzlichen Verderbens. Gleichwie mich nun so vielerlei unglückliche Zufäll höchlich betrübten, also nahm es andernteils mein Weibchen nur auf die leichte Achsel, ja sie trillete mich noch dazu Tag und Nacht wegen des schönen Funds, der mir vor die Tür geleget, und daß ich um so viel Gelds gestraft worden wär; hätte sie aber gewußt, wie es mit mir und der Magd beschaffen gewesen, so würde sie mich noch wohl ärger gequält haben, aber das gute Mensch war so aufrichtig, daß sie sich durch soviel Geld, als ich sonst ihretwegen hätte Straf geben müssen, bereden ließ, ihr Kind einem Stutzer zuzuschreiben, der mich das Jahr zuvor unterweilen besucht und bei meiner Hochzeit gewesen, den sie aber sonst weiters nicht gekannt; doch mußte sie aus dem Haus, denn mein Weib argwöhnet', was ich ihretwegen vom Knecht gedachte, und durft doch nichts ahnden, denn ich hätte ihr sonst vorgehalten, daß ich in einer Stund nicht zugleich bei ihr und der Magd sein können. Indessen wurde ich mit dieser Anfechtung heftig gepeiniget, daß ich meinem Knecht ein Kind aufziehen und die meinigen nicht meine Erben sein sollten, und daß ich noch dazu stillschweigen und froh sein mußte, daß gleichwohl sonst niemand nichts davon wußte.
    Mit solchen Gedanken martert ich mich täglich, aber mein Weib delektierte sich stündlich mit Wein, denn sie hatte sich das Kännchen seit unserer Hochzeit dergestalt angewöhnt, daß es ihr selten vom Maul und sie selbsten gleichsam keine Nacht ohne ein ziemlichen Rausch schlafen ging; davon soff sie ihrem Kind zeitlich das Leben ab, und entzündet' sich selbsten das Gehäng dergestalt, daß es ihr auch bald hernach entfiel, und mich wiederum zu einem Witwer machte, welches mir so zu Herzen ging, daß ich mich fast krank hierüber gelacht hätte.

Das 10. Kapitel
    Relation etlicher Baursleut von dem wunderbaren Mummelsee
    Da ich mich nun wieder solchergestalt in meine erste Freiheit gesetzt befand, mein Beutel aber von Geld ziemlich geleeret, hingegen meine große Haushaltung mit vielem Vieh und Gesind beladen, nahm ich meinen Petter Melchior für einen Vater, meine Göt, seine Frau, für meine Mutter, und den Bankert Simplicium, der mir vor die Tür geleget worden, für meinen Erben an und übergab diesen beiden Alten Haus und Hof samt meinem ganzen Vermögen, bis auf gar wenig gelbe Batzen und Kleinodien, die ich noch auf die äußerste Not gespart und hinterhalten hatte, denn ich hatte einen Ekel ab aller Weiber Beiwohnung und Gemeinschaft gefaßt, daß ich mir vornahm, weil mirs so übel mit ihnen gangen, mich nicht mehr zu verheiraten; diese beiden alten Eheleut, welche in re rusticorum nit wohl ihresgleichen mehr hatten, gossen meine Haushaltung gleich in einen andern Model, sie schafften von Gesind und Vieh ab was nichts nützte, und bekamen hingegen auf den Hof, was etwas eintrug; mein alter Knan samt meiner alten Meuder vertrösteten mich alles Guten und versprachen, wenn ich sie nur hausen ließe, so wollten sie mir allweg ein gut Pferd auf der Streu halten und so viel verschaffen, daß ich je zuzeiten mit einem ehrlichen Biedermann ein Maß Wein trinken könnte: Ich spürete auch gleich, was für Leut meinem Hof vorstunden, mein Petter bestellte mit dem Gesind den Feldbau, schacherte mit Vieh und mit dem Holz- und Harzhandel ärger als ein Jud, und meine Göt legte sich auf die Viehzucht und wußte die Milchpfennig besser zu gewinnen und zusammzuhalten, als zehen solcher Weiber wie ich eins gehabt hatte. Auf solche Weis wurde mein Baurenhof in kurzer Zeit mit allerhand notwendigem Vorrat, auch groß und kleinem Vieh genugsam versehen, also daß er in Bälde für den besten in der ganzen Gegend geschätzt wurde, ich aber ging dabei spazieren und wartet allerhand Kontemplationen ab; denn weil ich sah, daß meine Göt mehr aus den Immen an Wachs

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