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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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sind nit zollfrei vor Gott, wie man sonst zu sagen pflegt, sondern es wird zu seiner Zeit ihretwegen auch Rechenschaft gefordert werden.
    Damit mich nun dieselbigen desto weniger mit Sünden beflecken sollten, befliß ich mich nit allein auszuschlagen, was nichts taugte, sondern ich gab mir selbst alle Tag ein leibliche Arbeit auf, solche neben dem gewöhnlichen Gebet zu verrichten; denn gleichwie der Mensch zur Arbeit wie der Vogel zum Fliegen geboren ist, also verursacht hingegen der Müßiggang beides der Seelen und dem Leib ihre Krankheiten, und zuletzt, wenn mans am wenigsten wahrnimmt, das endlich Verderben; derowegen pflanzte ich einen Garten, dessen ich doch weniger als der Wagen des fünften Rads bedurfte, weilen die ganze Insel nichts anders als ein lieblicher Lustgarten hätte genannt werden mögen; meine Arbeit taugte auch zu sonst nichts, als daß ich eins und anders in ein wohlständigere Ordnung bracht, obwohl manchem die natürliche Unordnung der Gewächse, wie sie da untereinander stunden, anmutiger vorkommen sein möchte; und dann daß ich wie obgemeldt den Müßiggang abschaffte. O wie oft wünschte ich mir, wenn ich meinen Leib abgemattet hatte und demselben seine Ruhe geben mußte, geistliche Bücher, mich selbst darin zu trösten, zu ergötzen und aufzubauen, aber ich hatte solche drum nit; demnach ich aber vor diesem von einem heiligen Mann gelesen, daß er gesagt, die ganze weite Welt sei ihm ein großes Buch, darinnen er die Wunderwerke Gottes erkennen und zu dessen Lob angefrischt werden möchte, also gedachte ich demselbigen nachzufolgen, wiewohl ich sozusagen nit mehr in der Welt war; die kleine Insel mußte mir die ganze Welt sein, und in derselbigen ein jedes Ding, ja ein jeder Baum! ein Antrieb zur Gottseligkeit, und eine Erinnerung zu den Gedanken, die ein rechter Christ haben soll. Also, sah ich ein stachelicht Gewächs, so erinnerte ich mich der Dornenkron Christi, sah ich einen Apfel oder Granat, so gedachte ich an den Fall unserer ersten Eltern und bejammert denselbigen; gewann ich ein Palmwein aus einem Baum, so bildet ich mir vor, wie mildiglich mein Erlöser am Stammen des hl. Kreuzes sein Blut für mich vergossen; sah ich Meer oder Berg', so erinnerte ich mich des einen oder andern Wunderzeichens und Geschichten, so unser Heiland an dergleichen Orten begangen; fand ich einen oder mehr Stein so zum Werfen bequem waren, so stellte ich mir vor Augen, wie die Juden Christum steinigen wollten; war ich in meinem Garten, so gedachte ich an das ängstig Gebet am Ölberg oder an das Grab Christi und wie er nach der Auferstehung Mariae Magdalenae im Garten erschienen etc. Mit solchen und dergleichen Gedanken hantierete ich täglich; ich aß nie, daß ich nicht an das letzte Abendmahl Christi gedachte; und kochte mir niemal keine Speis, daß mich das gegenwärtige Feur nicht an die ewige Pein der Höllen erinnert hätte.
    Endlich fand ich, daß mit Brasiliensaft, deren es unterschiedliche Gattung' auf dieser Insel gibt, wenn solche mit Zitronensaft vermischt werden, gar wohl auf eine Art großer Palmblätter zu schreiben sei, welches mich höchlich erfreute, weil ich nunmehr ordentliche Gebet' konzipiern und aufschreiben konnte; zuletzt als ich mit herzlicher Reu meinen ganzen geführten Lebenslauf betrachtete und meine Bubenstück, die ich von Jugend auf begangen, mir selbsten vor Augen stellte und zu Gemüt führete, daß gleichwohl der barmherzige Gott unangesehen aller solcher groben Sünden mich bisher nit allein vor der ewigen Verdammnis bewahrt, sondern Zeit und Gelegenheit geben hatt' mich zu bessern, zu bekehren, ihn um Verzeihung zu bitten und um seine Guttaten zu danken, beschrieb ich alles, was mir noch eingefallen, in dieses Buch, so ich von obgemeldten Blättern gemacht, und legte es samt obgedachten meines Kameraden hinterlassenen Dukaten an diesen Ort, damit wenn vielleicht über kurz oder lang Leut hieher kommen sollten, sie solches finden und daraus abnehmen könnten, wer etwa hiebevor diese Insel bewohnet; wird nun heut oder morgen entweder vor oder nach meinem Tod jemand dies finden und lesen, denselben bitte ich, dafern er etwa Wörter darin antrifft, die einem, der sich gern besserte, nit zu reden geschweige zu schreiben wohl anstehen, er wolle sich darum nit ärgern; sondern gedenken, daß die Erzählung leichter Händel und Geschichten auch bequeme Wort erfordern, solche an Tag zu geben; und gleichwie die Maur-Raut von keinem Regen leichtlich naß wird, also kann

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