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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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hier, ein tapferer Soldat,
Der all sein Lebetag kein Blut vergossen hat.
    Von Rechts und Gewohnheit wegen hätte der Hauptmann Pferd und Gewehr, der Führer aber die übrige Verlassenschaft zu sich nehmen und erben sollen; weil ich aber damals ein frischer aufgeschossener Jüngling war und Hoffnung gab, ich würde mit der Zeit meinen Mann nicht fürchten, wurde nur alles zu überlassen angeboten, wenn ich mich an meines verstorbenen Herrn Statt unterhalten lassen wollte; ich nahms um so viel desto lieber an, weil mir bekannt, daß mein Herr in seinen alten Hosen ein ziemliche Anzahl Dukaten eingenähet verlassen, an welchen er sein Lebtag zusammengekratzt hatte, und als ich zu solchem End meinen Namen, nämlich Simplicius Simplicissimus angab, der Musterschreiber (welcher Cyriacus genannt war) solchen aber nicht orthographice schreiben konnte, sagte er: »Es ist kein Teufel in der Höll, der also heißt«; und weil ich ihn hierauf geschwind fragte, ob denn einer in der Höll wäre, der Cyriacus hieße? er aber nichts zu antworten wußte, ob er sich schon klug zu sein dünkte, gefiel solches meinem Hauptmann so wohl, daß er gleich im Anfang viel von mir hielt.

Das 30. Kapitel
    Wie sich der Jäger angelassen, als er anfing das Soldatenhandwerk zu treiben, daraus ein junger Soldat etwas zu lernen
    Weil dem Kommandanten in Soest ein Kerl im Stall mangelte, wie ich ihn einer zu sein gedünkte, sah er nicht gern, daß ich ein Soldat worden war, sondern unterstund sich, mich noch zu bekommen, maßen er meine Jugend verwandte und mich für keinen Mann passieren lassen wollte; und als er solches meinem Herrn vorhielt, schickte er auch nach mir und sagte: »Hör Jägerchen, du sollst mein Diener werden.« Ich fragte, was denn meine Verrichtungen sein sollten? Er antwort: »Du sollst meiner Pferd helfen warten.« »Herr«, sagte ich, »wir sind nicht füreinander, ich hätte lieber einen Herrn, in dessen Diensten die Pferd auf mich warten, weil ich aber keinen solchen werde haben können, will ich ein Soldat bleiben.« Er sagte: »Dein Bart ist noch viel zu klein!« »O nein«, sagte ich, »ich getraue einen Mann zu bestehen der achtzig Jahr alt ist; der Bart schlägt keinen Mann, sonst würden die Böck hoch ästimiert werden.« Er sagte: »Wenn die Courage so gut ist als das Maulleder, so will ich dich noch passiern lassen.« Ich antwortet: »Das kann in der nächsten Occasion probiert werden«, und gab damit zu verstehen, daß ich mich für keinen Stallknecht wollte gebrauchen lassen. Also ließ er mich bleiben der ich war, und sagte, das Werk würde den Meister loben.
    Hierauf wischte ich hinter meines Dragoners alten Hosen her, und nachdem ich dieselben anatomiert hatte, schaffte ich mir aus deren Ingeweid noch ein gut Soldatenpferd und das beste Gewehr so ich kriegen konnte, das mußte mir alles glänzen wie ein Spiegel. Ich ließ mich wieder von neuem grün kleiden, weil mir der Nam ›Jäger‹ sehr beliebte, mein altes Kleid aber gab ich meinem Jungen, weil mirs zu klein worden, also ritt ich selbander daher wie ein junger Edelmann und dünkte mich fürwahr keine Sau zu sein; ich war so kühn, meinen Hut mit einem tollen Federbusch zu zieren wie ein Offizier, dahero bekam ich bald Neider und Mißgönner, zwischen denselben und mir setzte es ziemlich empfindliche Wort, und endlich gar Ohrfeigen: Ich hatte aber kaum einem oder drei gewiesen, was ich im Paradeis vom Kürschner gelernet hatte, da ließ mich nicht allein jedermann zufrieden, sondern es suchte auch ein jeglicher meine Freundschaft. Daneben ließ ich mich beides zu Roß und Fuß aufs Parteigehen gebrauchen, denn ich war wohl beritten und schneller auf den Füßen als einer meinesgleichen, und wenn es etwas mit dem Feind zu tun gab, warf ich mich hervor wie das Bös in einer Wannen und wollte allzeit vorn dran sein, davon wurde ich in kurzer Zeit bei Freunden und Feinden bekannt und so berühmt, daß beide Teil viel von mir hielten, allermaßen mir die gefährlichsten Anschläg zu verrichten und zu solchem End ganze Parteien zu kommandieren anvertraut wurden; da fing ich an zuzugreifen wie ein Böhm, und wenn ich etwas Namhaftes erschnappte, gab ich meinen Offiziern so reiche Part davon, daß ich selbig Handwerk auch an verbotenen Orten treiben durfte, weil mir überall durchgeholfen wurde. Der General Graf von Götz hatte in Westfalen drei feindliche Garnisonen übriggelassen, nämlich zu Dorsten, Lippstadt und Coesfeld, denen war ich gewaltig molest, denn

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