Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
Vom Netzwerk:
Gott! Ich gedachte, er möchte mich vielleicht kennen und etwa ein Edelmann von Soest sein und so sagen mich zu hetzen, weil man die Soester mit dem großen Gott und seinem güldenen Vortuch zu vexieren pflegt, wurde aber bald inne, daß ich anstatt eines Fürsten einen Phantasten gefangen hätte, der sich überstudiert und in der Poeterei gewaltig verstiegen, denn da er bei mir ein wenig erwarmte, gab er sich für den Gott Jupiter aus.
    Ich wünschte zwar, daß ich diesen Fang nicht getan, weil ich den Narrn aber hatte, mußte ich ihn wohl behalten, bis wir von dannen rückten, und demnach mir die Zeit ohnedas ziemlich lang wurde, gedachte ich, diesen Kerl zu stimmen und mir seine Gaben zunutz zu machen, sagte derowegen zu ihm: »Nun denn meiner lieber Jove, wie kommts doch, daß deine hohe Gottheit ihren himmlischen Thron verläßt und zu uns auf Erden steigt? Vergib mir, o Jupiter, meine Frag, die du für vorwitzig halten möchtest, denn wir sind den himmlischen Göttern auch verwandt und eitel Silvani, von den Faunis und Nymphis geboren, denen diese Heimlichkeit billig ohnverborgen sein soll.« »Ich schwöre dir beim Styx«, antwortet' Jupiter, »daß du hiervon nichts erfahren solltest, wenn du meinem Mundschenken Ganymede nicht so ähnlich sähest, und wenn du schon Pans eigener Sohn wärest, aber von seinetwegen kommuniziere ich dir, daß ein groß Geschrei über der Welt Laster zu mir durch die Wolken gedrungen, darüber in aller Götter Rat beschlossen worden, ich könnte mit Billigkeit, wie zu Lykaons Zeiten, den Erdboden wieder mit Wasser austilgen; weil ich aber dem menschlichen Geschlecht mit sonderbarer Gunst gewogen bin und ohnedas allezeit lieber die Güte als eine strenge Verfahrung brauche, vagiere ich jetzt herum, der Menschen Tun und Lassen selbst zu erkundigen, und obwohl ich alles ärger finde, als mirs vorkommen, so bin ich doch nicht gesinnt, alle Menschen zugleich und ohne Unterscheid auszureuten, sondern nur diejenigen zu strafen, die zu strafen sind, und hernach die übrigen nach meinem Willen zu ziehen.«
    Ich mußte zwar lachen, verbiß es doch so gut ich konnte, und sagte: »Ach Jupiter, deine Mühe und Arbeit wird besorglich allerdings umsonst sein, wenn du nicht wieder, wie vor diesem, die Welt mit Wasser oder gar mit Feur heimsuchest; denn schickest du einen Krieg, so laufen alle bösen verwegenen Buben mit, welche die friedliebenden frommen Menschen nur quälen werden; schickest du eine Teuerung, so ists ein erwünschte Sach für die Wucherer, weil alsdann denselben ihr Korn viel gilt; schickst du aber ein Sterben, so haben die Geizhäls und alle übrigen Menschen ein gewonnen Spiel, indem sie hernach viel erben; wirst derhalben die ganze Welt mit Butzen und Stiel ausrotten müssen, wenn du anders strafen willst.«

Das 4. Kapitel
    Von dem Teutschen Helden, der die ganze Welt bezwingen, und zwischen allen Völkern Fried stiften wird
    Jupiter antwortet': »Du redest von der Sach wie ein natürlicher Mensch, als ob du nicht wüßtest, daß uns Göttern möglich sei, etwas anzustellen, daß nur die Bösen gestraft und die Guten erhalten werden; ich will einen Teutschen Helden erwecken, der soll alles mit der Schärfe des Schwerts vollenden, er wird alle verruchten Menschen umbringen und die frommen erhalten und erhöhen.« Ich sagte: »So muß ja ein solcher Held auch Soldaten haben, und wo man Soldaten braucht, da ist auch Krieg, und wo Krieg ist, da muß der Unschuldig sowohl als der Schuldig herhalten!« »Seid ihr irdischen Götter denn auch gesinnt wie die irdischen Menschen«, sagte Jupiter hierauf, »daß ihr so gar nichts verstehen könnet? Ich will einen solchen Helden schicken, der keiner Soldaten bedarf, und doch die ganze Welt reformieren soll; in seiner Geburtstund will ich ihm verleihen einen wohlgestalten und stärkern Leib als Herkules einen hatte, mit Fürsichtigkeit, Weisheit und Verstand überflüssig geziert, hierzu soll ihm Venus geben ein schön Angesicht, also daß er auch Narcissum, Adonidem und meinen Ganymedem selbst übertreffen solle, sie soll ihm zu allen seinen Tugenden ein sonderbare Zierlichkeit, Aufsehen und Anmutigkeit vorstrecken und dahero ihn bei aller Welt beliebt machen, weil ich sie eben der Ursachen halber in seiner Nativität desto freundlicher anblicken werde; Mercurius aber soll ihn mit unvergleichlich-sinnreicher Vernunft begaben, und der unbeständige Mond soll ihm nicht schädlich sondern nützlich sein, weil er ihm eine unglaubliche

Weitere Kostenlose Bücher