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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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Kerlen lang in seiner Schäferei zu zanken, wenn ich etwas mit ihnen hätte, sollte ichs an einem andern Ort ausmachen, unsere Händel gingen ihn nichts an, er gebe monatlich sein Konterbission, hoffte darum bei seiner Schäferei in Ruhe zu leben. Zu jenen zweien aber sagte er, warum sie sich nur so von mir geheien ließen und mich nicht niederschlügen? Ich sagte: »Du Flegel, sie haben dir deine Schaf wollen stehlen.« Der Baur antwortet': »So wollt ich, daß sie mich und meine Schaf müßten im Hintern lecken«; und ging damit hinweg. Hierauf drang ich wieder auf das Fechten, mein armer Jäger aber konnte schier nicht mehr vor Furcht auf den Füßen stehen, also daß er mich daurete, ja er und sein Kamerad brachten so bewegliche Wort vor, daß ich ihm endlich alles verzieh und vergab: Aber Springinsfeld war damit nicht zufrieden, sondern zwang den Jäger, daß er drei Schaf (denn soviel hatten sie stehlen wollen) mußte im Hintern küssen, und zerkratzte ihn noch dazu so abscheulich im Gesicht, daß er aussah, als ob er mit den Katzen gefressen hätte, mit welcher schlechten Rach ich zufrieden war. Aber der Jäger verschwand bald aus Werl, weil er sich viel zu sehr schämte, denn sein Kamerad sprengte aller Orten aus und beteuret's mit heftigen Flüchen, daß ich wahrhaftig zween leibhaftiger Teufel hätte, die mir auf den Dienst warteten, darum ich noch mehr gefürchtet, hingegen aber desto weniger geliebt wurde.

Das 3. Kapitel
    Der große Gott Jupiter wird gefangen, und eröffnet der Götter Ratschläg
    Solches wurde ich bald gewahr, derhalben stellte ich mein vorig gottlos Leben allerdings ab und befliß mich allein der Tugend und Frömmigkeit; ich ging zwar wie zuvor wieder auf Partei, erzeigte mich aber gegen Freunde und Feinde so leutselig und diskret, daß all diejenigen, so mir unter die Händ kamen, ein anders glaubten als sie von mir gehört hatten; überdas hielt ich auch mit den überflüssigen Verschwendungen inne und sammlete mir viel schöne Dukaten und Kleinodien, welche ich hin und wieder in der Soestischen Börde auf dem Land in hohle Bäum verbarg, weil mir solches die bekannte Wahrsagerin zu Soest riet und mich versicherte, daß ich mehr Feind in derselben Stadt und unter meinem Regiment als außerhalb und in den feindlichen Garnisonen hätte, die mir und meinem Geld nachstellten. Und indem man hin und her Zeitung hatte, daß der Jäger ausgerissen wäre, saß ich denen, die sich damit kitzelten, wieder ohnversehens auf der Hauben, und ehe ein Ort recht erfuhr, daß ich an einem andern Schaden getan, empfand derselbige schon, daß ich noch vorhanden war; denn ich fuhr herum wie ein Windsbraut, war bald hie bald dort, also daß man mehr von mir zu sagen wußte als zuvor, da sich noch einer für mich ausgab.
    Ich saß einsmals mit fünfundzwanzig Feurröhren nicht weit von Dorsten und paßte einem Convoi mit etlichen Fuhrleuten auf, der nach Dorsten kommen sollte; ich hielt meiner Gewohnheit nach selbst Schildwacht, weil wir dem Feind nahe waren; da kam ein einziger Mann daher, fein ehrbar gekleidet, der redte mit sich selbst und hatte mit seinem Meerrohr, das er in Händen trug, ein seltsam Gefecht; ich konnte nichts anders verstehen, als daß er sagte: »Ich will einmal die Welt strafen, es wolle mirs denn das große Numen nicht zugeben!« Woraus ich mutmaßete, es möchte etwa ein mächtiger Fürst sein, der so verkleidterweis herumginge, seiner Untertanen Leben und Sitten zu erkundigen und sich nun vorgenommen hätte, solche (weil er sie vielleicht nicht nach seinem Willen gefunden) gebührend zu strafen. Ich gedachte: ›Ist dieser Mann vom Feind, so setzts ein gute Ranzion, wo nicht, so willst du ihn so höflich traktieren und ihm dadurch das Herz dermaßen abstehlen, daß es dir künftig dein Lebtag wohl bekommen soll‹, sprang derhalben hervor, präsentiert mein Gewehr mit aufgezogenem Hahnen, und sagte: »Der Herr wird sich belieben lassen, vor mir hin in Busch zu gehen, wofern er nicht als Feind traktiert sein will.« Er antwortet' sehr ernsthaftig: »Solcher Tractation ist meinesgleichen nit gewohnt.« Ich aber tummelt ihn höflich fort, und sagte: »Der Herr wird sich nicht zuwider sein lassen, sich für diesmal in die Zeit zu schicken«, und als ich ihn in den Busch zu meinen Leuten gebracht und die Schildwachten wieder besetzt hatte, fragte ich ihn, wer er sei? Er antwortet' gar großmütig, es würde mir wenig daran gelegen sein, wenn ichs schon wüßte, er sei auch ein großer

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