Der Abgrund
nicht abgeschlossen. Und stehen ihre Fahrzeuge des Nachts in der Garage?«
»Sie haben jede Menge Wagen und Trucks, und die Garage am Haus hat nur zwei Einstellplätze, und einer davon ist mit Sachen voll gepackt.«
»Also könnte sich jemand, zum Beispiel nachts, unbemerkt zu dem Rover geschlichen und das Handy hineingelegt haben?«
Strait kratzte sich am Nacken. »Ich schätze, schon. Sie müssen wissen, hier draußen machen sich viele nicht mal die Mühe, die Haustür abzuschließen.«
»Tja, sagen Sie den Leuten, bis diese Sache vorbei ist, sollen sie alles abschließen, was sie können. Sie müssen wissen, dass die Bedrohung von überall her kommen kann, von innen und außen.«
Strait sah ihn lange an. »Diese Sache mit der >Freien Gesellschaft. Ich hab davon gehört.«
»Kennen Sie irgendjemanden, der ein Mitglied oder ein ehemaliges Mitglied sein könnte?«
»Nein, aber ich kann mich ja mal umhören.«
»Wenn, dann bitte unauffällig. Wir wollen niemanden aufscheuchen.«
»Wir alle haben hier einen guten Job, wir wollen nicht, dass den Canfields was passiert.«
»Gut. Müsste ich sonst noch etwas wissen?«
»Hören Sie, wenn hier wirklich jemand ein Anhänger dieser Gruppe ist, kann so eine Farm ein wirklich gefährlicher Ort sein. Große Traktoren, scharfe Werkzeuge, Propangastanks, Schweißgeräte, Pferde, die einem das Gehirn aus dem Kopf treten, wenn man nicht aufpasst, Schlangen, steile Abhänge. Eine Menge Möglichkeiten, jemanden umzubringen und es wie einen Unfall aussehen zu lassen.«
»Danke für den Hinweis, Nemo.« Eigentlich wusste Web nicht genau, ob es ein Hinweis oder eine Drohung war.
Strait spuckte auf den Boden. »He, wenn Sie so weiter reiten, werden Sie in null Komma nichts Roy Rogers sein.«
Gwen kehrte zu Web zurück und führte ihn durch das Pferdezentrum. Es bestand aus insgesamt elf Gebäuden.
Zuerst sahen sie sich die Ställe an, in denen die Stuten fohlten, und Gwen erklärte Web, dass sie mit einer internen Videoüberwachungsanlage ausgerüstet waren, um die trächtigen Tiere im Auge behalten zu können.
Die Böden der Boxen waren mit Gummimatten ausgelegt, auf die man Stroh gestreut hatte, um den Dreck im Zaum zu halten.
»Wir erhoffen uns wirklich viel von den Fohlen, die nächstes Jahr kommen werden. Wir haben in Kentucky mehrere Stuten von Hengsten decken lassen, die schon bemerkenswerte Nachkommen gezeugt haben.«
»Wie teuer kommt einen so was?«
»Das kann pro Schuss in sechsstellige Bereiche gehen.«
»Das ist ziemlich teurer Sex.«
»Die Zahlung ist natürlich mit ziemlich vielen Voraussetzungen verknüpft. Die wichtigste dürfte sein, dass das Fohlen tatsächlich lebend geboren wird und auch stehen und trinken kann. Aber ein hervorragend aussehender Jährling, der von einem erfolgreichen Rennpferd gezeugt wurde, kann natürlich auch eine gewaltige Summe bringen. Doch die Branche ist ziemlich empfindlich. Auch wenn man alles abwägt und bedenkt, kann einem schlichtes Pech alles verderben.«
Web dachte unwillkürlich, dass ein Angehöriger des HRT seinen Job fast genauso beschreiben könnte. »Wie Billy es geschildert hat, ist das kein Beruf für Zartbesaitete.«
»Tja, es bringt viel Geld ein, aber deshalb tue ich es nicht. Es ist der Kick, den man bekommt, wenn man sieht, wie ein Pferd, das man auf die Welt gebracht, aufgezogen und ausgebildet hat, über die Rennbahn donnert. Die schönste, die perfekteste Rennmaschine, die je geschaffen wurde. Und wenn man die Ziellinie sieht, zuschaut, wie dieses wahrlich edle Tier die Siegerrunde dreht, weiß man, dass wenigstens ein paar Minuten lang alles in einem Leben absolut vollkommen ist. Kein anderes Gefühl kommt dem gleich.«
Web fragte sich, ob die Aufzucht von Pferden den verlorenen Sohn ersetzt hatte. Falls dem so sein sollte, war er froh, dass Gwen Canfield in ihrem Leben etwas gefunden hatte, wobei sie glücklich sein konnte.
»Sie empfinden wahrscheinlich genauso, was Ihre Arbeit betrifft.«
»Vielleicht früher mal«, erwiderte er.
»Ich habe vorher zwei und zwei nicht zusammengezählt«, sagte sie. »Ich wusste nicht, dass Sie zu den Leuten gehört haben, denen das in Washington passiert ist. Es tut mir sehr Leid.«
»Danke. Es ist in der Tat eine ziemlich traurige Situation.«
»Ich habe wirklich nie verstanden, wie man so einen Job machen kann.«
»Tja, Gwen, vielleicht kann man am leichtesten damit umgehen, wenn man sich sagt, dass wir diesen Job machen, weil es auf dieser Welt
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