Der Abgrund
Dann sehen Sie sich jetzt mal diese Tunnel an und finden raus, wie die das Zeug hinein- und wieder herausgeschafft haben. Vielleicht finden Sie ja auch irgendwas, das Ihnen verrät, wer's war. Und ich glaube nicht, dass es Westbrook war. Da draußen ist noch jemand, der sich auf unsere Kosten köstlich amüsiert.«
»Haben Sie da irgendeinen genaueren Verdacht?«
»Ich tappe noch im Dunkeln. Aber wer immer es ist, sie müssen engen Kontakt mit einer ganz wichtigen Stelle haben, denn sie scheinen allen anderen immer einen Schritt voraus zu sein.«
»Engen Kontakt mit wem? Mit jemandem vom FBI?«
»Das haben Sie gesagt, nicht ich.«
»Können Sie das beweisen?«
»Nur so ein Gefühl in der Magengegend. Achten Sie auf solche Gefühle?«
»Immer. Ich nehme an, Sie fühlen sich jetzt wie ein Außenseiter.«
»Meinen Sie etwa, weil jeder Blödmann jetzt glaubt, ich hätte mitgeholfen, eine Gruppe meiner eigenen Leute kaltzumachen? Ja, dieser Gedanke hat mich in letzter Zeit beschäftigt... «
»Sie sind nicht allein da draußen, Cove.«
»He, Web, gewissermaßen sind wir Blutsbrüder. Als Verräter wegen etwas gebrandmarkt, das wir nicht getan haben - und einige Leute wollen uns einfach nicht glauben.«
»Kommen Sie deshalb nicht zurück?«
»Unterm Strich ist es doch so: Die haben mich erwischt, erledigt, fertig gemacht - wie auch immer Sie es nennen wollen. Ich bin kein Verräter, aber ich habe Mist gebaut, und das ist bei meiner Arbeit fast genauso schlimm, als hätte ich die Seiten gewechselt.«
»Dann sind wir also Verbündete, weil wir beide in derselben Patsche stecken.«
»Tja, vielleicht können wir uns gegenseitig helfen, unseren Arsch zu retten. Was sagen Sie dazu?«
»Ich sage, ich tue alles, was in meiner Macht steht, um diese Sache aufzuklären.«
»Halten Sie den Kopf unten, London, diese Typen schießen tief.«
»He, Cove?«
»Ja?«
»Entschuldigung angenommen.«
Web fuhr zum DuPont Circle. Er holte ein Ersatzmagazin für seine Pistole aus dem Kofferraum, steckte die Waffe, die Cove ihm gegeben hatte, hinten in seinen Gürtel und nahm ein Taxi zum WFO. Bates war schon lange zu Hause, und Web entschloss sich, erst am Morgen Kontakt mit ihm aufzunehmen. Der Bursche konnte mit Sicherheit eine Mütze Schlaf gebrauchen, und die Tunnel würden morgen auch noch da sein. Statt sich einen neuen FBI-Wagen zu besorgen, beschloss Web, etwas wirklich Verrücktes zu tun. Er würde seinen eigenen Wagen holen.
Das Heer von Presseleuten kampierte nicht mehr vor seinem Haus, doch Web ging trotzdem kein Risiko ein. Er betrat das Haus durch die Hintertür, stahl sich in die Garage, öffnete das Tor und fuhr den Wagen mit ausgeschalteten Lichtern heraus. Er wartete, bis er das Ende der Straße erreicht hatte, bevor er die
Scheinwerfer einschaltete, und trat dann aufs Gas. Die ganze Zeit über schaute er in den Rückspiegel. Nichts. Er fuhr zurück nach East Winds.
KAPITEL 34
Als Web zum Kutschenhaus zurückkam, war Romano nicht da; Web sah sogar unten bei den Oldtimern nach, nur falls Romano sich in einen hineingesetzt hatte, um ihn zu bewundern, und dann eingeschlafen war. Es war jetzt fast vier Uhr morgens, und sein Partner ging vermutlich draußen auf die Pirsch. Trotz ihrer Ausbildung als Scharfschütze war Romano mit seiner überschäumenden Energie zu rastlos, um die Dinge ruhig und methodisch anzugehen; es sei denn, drastische Umstände erforderten es. Aber wenn es zur Sache ging, reichte niemand an Paul Romano heran. Da Webs Handy nicht mehr funktionierte, rief er Romano mit dem Apparat im Haus an und atmete erleichtert auf, als Antwort kam.
»Wie lief es mit deiner Verabredung?«, fragte Romano.
»Langweilig. Erzähl ich dir später. Wo bist du?«
»Alles ist so weit gesichert, also schleich ich ein bisschen herum. Auf der Westseite gibt es einen alten Wachturm. Von da kann man meilenweit in alle Richtungen sehen.«
»Ich weiß, ich war schon da.«
»Tja, ich bin gerade da. Mir war nach einem kleinen Waldlauf.«
»Das ist ein schönes Stück Weg, Paulie.«
»Nur ein Spaziergang. Willst du nicht rauskommen und die Nachtsichtgeräte mitbringen?«
»Wofür?«
»Wirst schon sehen.«
Web verlies das Kutschenhaus durch den Hinterausgang, setzte das Gestell auf den Kopf, befestigte das Fernglas mit dem Restlichtverstärker daran und schaltete es ein. Augenblicklich tauchte die Welt in ein gespenstisches, flüssiges Grün. Man konnte das Gerät nicht sehr lange benutzen, da die Brille so
Weitere Kostenlose Bücher