Der Abgrund
Webs Waffe, verschoss die Kugel, die noch im Lauf steckte, und gab Web die Waffe zurück. Der andere Mann nahm Webs Handy aus seiner Tasche, zerschlug es feierlich an einem Baumstamm und gab es ihm dann mit einem breiten Lächeln zurück. »Die bauen sie auch nicht mehr wie früher.«
»Wir müssen jetzt los«, sagte Big F. »Und falls Sie daran denken, mir wegen dem Mord an Toona auf die Pelle zu rücken, denken Sie mal über Folgendes nach.« Er hielt inne und sah Web grimmig an. »Wann immer ich Sie tot sehen will, sind Sie tot. Wann immer ich einen Ihrer Freunde tot sehen will, ist er tot. Wenn Sie ein Haustier haben, und ich will es tot sehen, ist es tot.«
Web sah den Mann ruhig an. »Diesen Weg sollten Sie nicht einschlagen, Francis. Das sollten Sie wirklich nicht.«
»Was denn? Wollen Sie mich fertig machen? Wollen Sie mir in den Arsch treten? Wollen Sie mich umbringen?« Er knöpfte sein Hemd auf und trat dichter an Web heran. Web hatte im Lauf seiner Arbeit schon viel gesehen, aber so etwas noch nicht.
Die Brust und der Bauch des Mannes waren mit Messerwunden, Schusslöchern, dicken, böse aussehenden Narben, Brandwunden und etwas übersät, was aussah wie Tunnel aus herausgerissenem, schlecht verheiltem Fleisch. Web kam es wie ein Gemälde vor, das in Gemeinschaftsarbeit von einer verrückten Welt erschaffen worden war.
»Hundertzwanzig in hübschen kleinen Weißarschjahren«, sagte Big F leise. Er knöpfte das Hemd wieder zu, und sein Gesicht zeigte, wie Web fand, offensichtlichen Stolz, all diese Narben überlebt zu haben. Und im Augenblick konnte Web dem Mann da nur zustimmen.
»Wenn Sie mir nachkommen«, sagte Big F, »bringen Sie besser Verstärkung mit. Und trotzdem werde ich Ihnen den Schwanz abschneiden und in den Hals stopfen.«
Big F wandte sich ab, und Web musste sich zusammennehmen, ihm nicht in den Rücken zu springen. Es war zwar nicht an der Zeit, die Sache zu regeln, aber er konnte sie auch nicht einfach so auf sich beruhen lassen.
»Dann bauen Sie Kevin wohl als ihren Nachfolger auf?«, rief er ihm nach. »Ihren Bruder-Sohn. Er ist bestimmt richtig stolz auf Sie.«
Big F drehte sich um. »Ich hab doch gesagt, Kevin geht Sie nichts an.«
»Wir haben in dieser Gasse da eine Menge gemeinsam durchgemacht. Er hat mir viel erzählt.« Es war ein Bluff, allerdings ein genau kalkulierter, wenn Web die Zeichen richtig deutete. Wer auch immer Kevin ausgetauscht hatte, er konnte Big Fs Feind sein. Und in diesem Fall war es vielleicht gar keine so schlechte Idee, den einen gegen den anderen auszuspielen.
Big F hatte wohl nicht gelogen, als er behauptete, nicht beteiligt gewesen zu sein, doch das hieß noch lange nicht, dass der Straßenkapitalist nicht mit einem anderen ein Joint Venture eingegangen war, um das Charlie-Team zu erledigen. Sollte dem so sein, wollte Web jeden. Jeden.
Big F baute sich vor Web auf und musterte ihn, als wolle er entweder seinen Mut oder seine Dummheit abschätzen.
»Wenn Sie Kevin zurückhaben wollen«, fuhr Web fort, »erwarte ich eine gewisse Kooperation.« Er erwähnte nicht, was Big F ihm bereits gesagt hatte. Er nahm an, dass Big F die Information über die Gänge unter dem Zielgebäude lieber nur bei ihm und Web wissen wollte. Deshalb hatte er die beiden Männer losgeschickt, Toona in den Fluss zu werfen.
»Können Sie haben«, sagte Big F.
Web gelang es, den Schlag zum Teil mit dem Unterarm abzublocken, aber die Wucht von Big Fs Bowlingkugelfaust und der Aufprall seines eigenen Unterarms gegen seinen Kiefer warf ihn trotzdem auf die Motorhaube des Wagens, wo sein Kopf gegen die Windschutzscheibe knallte und sie springen ließ.
Web wachte eine halbe Stunde später auf, rutschte langsam von der Motorhaube, torkelte herum, hielt seinen Arm, rieb sich Kiefer und Kopf und fluchte. Als er sich wieder beruhigte, stellte er fest, dass Kiefer, Arm und Kopf nicht gebrochen zu sein schienen, und fragte sich, wie das möglich war. Er fragte sich auch, wie viele solcher Hiebe er noch verkraften konnte, bis ihm das Hirn aus dem Kopf fiel.
Und dann wirbelte Web herum und richtete seine Waffe auf den Mann, der gerade hinter einigen Bäumen hervorgetreten war. Der Mann richtete ebenfalls seine Pistole auf Web.
»Netter Versuch«, sagte der Mann, »aber Ihr Ding ist nicht geladen.« Er trat vor, und Web konnte ihn besser sehen.
»Cove?«
Randall Cove steckte seine Waffe ein und lehnte sich gegen den Wagen. »Der Typ ist ziemlich gefährlich. Aber dass er seinen
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