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Der Abgrund

Titel: Der Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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nach. »Nein, ich erinnere mich nur dunkel, dass Romano mit irgendwem sprach. Das ist alles.«
    »Hast du irgendwen erkannt?«
    »Du weißt, dass wir nicht allzu häufig mit den normalen Beamten zu tun haben.«
    »Und was ist mit der DEA?«
    »Mehr kann ich dir nicht sagen, Web.«
    »Du hast mit Romano geredet?«
    »Kurz.«
    »Glaube nicht alles, was du hörst, Ken. Das ist ungesund.«
    »Auch das, was ich von dir höre?«, fragte McCarthy spitz.
    »Auch das.«
    Als er in den Wagen stieg und Quantico verließ, wurde Web klar, dass er noch sehr viel zu tun hatte. Offiziell war dies gar nicht sein Fall, aber andererseits hatte er mehr damit zu tun als jeder andere. Doch zuvor musste er etwas anderes erledigen. Etwas, das noch wichtiger war als die Suche nach den Leuten, die sein Team in den Hinterhalt gelockt hatten. Und er musste herausfinden, was aus einem kleinen Jungen geworden war, der ein Loch in der Wange und kein Hemd hatte.

KAPITEL 6

    Sechs Beerdigungen. Web nahm innerhalb von drei Tagen an sechs Beerdigungen teil. Bei der vierten konnte er schon keine einzige Träne mehr vergießen. Er ging in die Kirche oder das Trauerhaus und hörte zu, wie sich Leute, die er größtenteils nicht kannte, über gefallene Männer unterhielten, die er in mancher Hinsicht besser als sich selbst gekannt hatte. Es war, als wären ihm sämtliche Nerven ausgebrannt worden, gemeinsam mit einem Teil seiner Seele. In gewisser Weise fühlte er sich nicht mehr in der Lage, angemessen zu reagieren. Er befürchtete, dass er in lautes Gelächter ausbrechen würde, obwohl er trauern sollte.
    Bei den Gottesdiensten waren die Hälfte der Särge geöffnet, die übrigen nicht. Einige der Toten hatten mit der Größe und Lage ihrer Wunden etwas mehr Glück gehabt und konnten daher der Trauergemeinde präsentiert werden. Doch wenn Web in bleiche, eingefallene Gesichter und auf reglose, geschrumpfte Leichen in Metallkisten starrte, wenn er Blumenduft einatmete und das Schluchzen der anderen hörte, wünschte er sich, er könnte sich ebenfalls einfach in eine Kiste legen und begraben lassen, um endlich Ruhe vor allem zu haben. Ein Heldenbegräbnis - es gab schlimmere Möglichkeiten, im Gedächtnis der Leute zu bleiben.
    Er hatte seine Hand wieder in einen Verband gewickelt, weil er sich schuldig fühlte, wenn er sich ohne die Spur einer Verletzung zwischen den Trauernden bewegte. Er wusste, dass es erbärmlich war, wenn er sich über solche Dinge Gedanken machte, aber er fühlte sich wie ein wandelnder Schlag ins Gesicht der Überlebenden. Sie wussten schließlich nur, dass Web London irgendwie davongekommen war und sich kaum mehr als einen Kratzer zugezogen hatte. War er getürmt? Hatte er seine Kameraden dem Tod überlassen? In den Gesichtern mancher  Leute sah er genau diese Fragen. War dies das ewige Schicksal des einzigen Überlebenden?
    Die Trauerprozessionen waren an endlosen Reihen aus Männern und Frauen in Uniform und anderen in gepflegten Anzügen und Schuhen des FBI vorbeigezogen. Motorräder führten die Kolonnen an, Bürger säumten die Straßen, und überall hingen die Fahnen auf Halbmast. Der Präsident kam mit einem großen Teil des Kabinetts, und viele weitere Prominente fanden sich ein. Ein paar Tage lang sprach die gesamte Welt von nichts anderem als dem Massaker an sechs tapferen Männern in einer kleinen Straße. Über den siebten Mann wurde kaum gesprochen, und dafür war Web die meiste Zeit sehr dankbar. Trotzdem fragte er sich, wie lange dieser Aufschub noch anhalten konnte.
    Die Stadt Washington war tief erschüttert. Aber nicht ausschließlich wegen des Schicksals der getöteten Männer. Denn die Folgerungen waren äußerst beunruhigend. Wurden die Verbrecher immer dreister? Tat die Polizei nicht genug für die öffentliche Sicherheit? Verlor das Kronjuwel der amerikanischen Verbrechensbekämpfung, das FBI, seinen Glanz? Die Nachrichtensender im Mittleren Osten und China schienen sich daran zu ergötzen, über ein neues Beispiel der schweren Unruhen in der westlichen Welt berichten zu können, die das arrogante Amerika eines Tages in die allzu weichen Knie zwingen würde. Zweifellos wurde in den Straßen von Bagdad, Teheran, Pjöngjang und Peking gejubelt, weil die bösen USA durch eine von den Medien angeheizte Krise nach der nächsten erschüttert wurden. Die Experten auf amerikanischem Boden warnten vor so vielen absurden Szenarien, dass Web gar nicht mehr in die Zeitung schauen oder einen Fernseher oder das Radio

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