Der Abgrund
der Geiselrettung erfüllen würde, aber er hatte von Anfang an gewusst, dass Paul Romano es schaffen würde. Die beiden hatten stets besonders intensiv miteinander konkurriert, und Romano trieb Web regelmäßig in den Wahnsinn, aber Web hatte immer die Fähigkeiten und den Mut des Mannes bewundert.
»Du wolltest reden, also rede«, sagte Romano.
»Kevin Westbrook. Der Junge auf der Straße.«
Romano nickte seinem Bier zu. »Okay.«
»Er ist verschwunden.«
»Was du nicht sagst!«
»Kennst du Bates? Percy Bates?«
»Nein. Sollte ich?«
»Er leitet die Ermittlungen des WFO. Ken McCarthy sagte, du und Mickey Cortez, ihr hättet euch um den Jungen gekümmert. Was kannst du mir darüber erzählen?«
»Nicht viel.«
»Was hat der Junge gesagt?«
»Nichts.«
»An wen habt ihr ihn abgegeben?«
»Anzugträger.«
»Kennst du ihre Namen?«
Kopfschütteln.
»Paulie, kennst du den Unterschied zwischen einem Gespräch mit dir und mit einer Wand?«
»Sag's mir.«
»Es gibt keinen.«
»Was erwartest du von mir, Web? Ich habe den Jungen gesehen, ich habe auf ihn aufgepasst, und dann war ich ihn wieder los.«
»Heißt das, er hat kein einziges Wort mit dir gesprochen?«
»Er war ziemlich maulfaul. Er hat uns seinen Namen und seine Adresse genannt. Wir haben beides aufgeschrieben. Mickey hat versucht, mit ihm ins Gespräch zu kommen, aber er hat nichts mehr aus ihm rausgekriegt. Was hätten wir auch sagen sollen? Verdammt, wir wussten ja nicht mal, welche Rolle der Junge bei dieser Sache spielte. Ich meine, wir stürmen los, Richtung Hinterhof, dann sehen wir deine Leuchtkugel und halten an. Dann taucht dieser Typ vor uns aus dem Dunkeln auf und hat deine Mütze und eine Nachricht von dir dabei. Ich war mir nicht sicher, ob er auf unserer Seite steht oder nicht. Ich wollte keinen Mist verzapfen, indem ich ihn Sachen frage, die ich ihn gar nicht fragen darf.«
»Okay, dagegen ist nichts zu sagen. Aber dann hast du ihn ohne ein weiteres Wort an die Anzugträger weitergegeben? Wie soll ich mir das vorstellen?«
»Sie haben ihre Ausweise gezeigt, gesagt, sie wären wegen des Jungen hier, und das war's. Warum hätten wir uns weigern sollen? Das HRT führt keine Ermittlungen durch, Web. Wir schnappen uns die Leute, tot oder lebendig, mehr nicht. Die Anzugträger stellen die Fragen. Außerdem gingen mir ganz andere Sachen durch den Kopf. Du weißt, dass Teddy Riner und ich zusammen bei den Deltas waren.«
»Ich weiß, Paulie. Wie spät war es, als die Anzugträger aufkreuzten?«
Romano dachte kurz nach. »Es war nicht sehr viel später. Es war immer noch dunkel. Vielleicht halb drei oder so.«
»Ziemlich schnell für das WFO, um zu reagieren und Leute zu schicken, die den Jungen abholen sollen.«
»Was, meinst du, hätt ich denn sagen sollen? He, Leute, ihr könnt den Jungen nicht haben, weil ihr viel zu schnell gekommen seid. So arbeitet das FBI normalerweise nicht. Damit hätte ich einen gewaltigen Karrieresprung gemacht! Und ich fühl mich noch zu jung für die Rente.«
»Kannst du mir eine Beschreibung der Leute geben?«
Romano dachte nach. »Danach haben mich die Agenten auch schon gefragt.«
»Eine andere Gruppe von Anzugträgern. Erzähl es mir. Ich werde dich nicht umbringen. Du kannst mir vertrauen.«
»Richtig. Wenn ich so blöd wäre, hättest du nicht an der Brücke angehalten und versucht, mir Brooklyn zu verkaufen.«
»Komm schon, Paulie, von Kämpfer zu Kämpfer. Von Hotel zu dem, was noch von Charlie übrig ist.«
Wieder dachte Romano eine Weile nach, dann räusperte er sich. »Einer von ihnen war ein Weißer. Etwas kleiner als ich, mager und drahtig. Zufrieden?«
»Nein. Haarfarbe?«
»Kurz und blond. Ein Fed eben - wie könnte er sonst aussehen? Glaubst du, J. Edgar Hoover ist mit einem Pferdeschwanz rumgelaufen?«
»Höchstens nach Feierabend. Komm, weiter: Jung, alt, mittelalt?«
»In den Dreißigern. Trug einen Standard-FBI-Anzug, vielleicht sogar noch einen Tick schicker. Jedenfalls schicker als alles, was du im Kleiderschrank hast, London.«
»Augen?«
»Er hatte eine Sonnenbrille auf.«
»Morgens um halb drei?«
»Vielleicht muss er aus medizinischen Gründen eine Brille mit getönten Gläsern tragen. Entschuldige, dass ich ihn nicht danach gefragt habe.«
»An all das erinnerst du dich, aber nicht an den Namen des Kerls?«
»Er zückte seinen Ausweis, und damit war die Sache für mich erledigt. Ich befand mich unmittelbar am Schauplatz eines Verbrechens, wo überall Leute
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