Der Abgrund
Er war zu einer Zeit ins Drogengeschäft eingestiegen, als die Welt noch wesentlich friedlicher und ordentlicher gewesen war; er kannte sich mit Buchhaltung und Computern und Aktenordnern aus und wusste, wie man schmutziges Geld in sauberes verwandelte; er gehörte zu den Leuten, die Aktienfonds und sogar Ferienhäuser hatten, zu denen sie im Privatjet reisten.
Westbrook war zehn Jahre älter als Peebles und ausschließlich auf der Straße aufgewachsen. Er hatte Crack geschmuggelt, für ein paar Cent pro Beutel, in Rattenlöchern geschlafen, hatte immer wieder Kohldampf geschoben, war Kugeln ausgewichen und hatte welche auf andere Leute abgefeuert, wenn es sein musste. Peebles war auf seinem Gebiet ein A SS; er sorgte dafür, dass Westbrooks Geschäfte reibungslos abgewickelt wurden und die Ware kam, wenn sie benötigt wurde, und an die Leute gelangte, für die sie gedacht war. Und er hatte immer darauf geachtet, dass Außenstände - Westbrook hatte schallend gelacht, als Peebles ihm gegenüber zum ersten Mal diesen Begriff verwendet hatte - unverzüglich beglichen wurden. Geld wurde gründlich gewaschen, Überschüsse wurden wohlüberlegt investiert, und alles unter den wachsamen Augen von Antoine Peebles. Trotzdem gelang es Westbrook nicht, Respekt vor diesem Mann zu haben.
Wenn es jedoch zu Problemen mit dem Personal kam, was darauf hinauslief, dass jemand sie reinzulegen versuchte, trat Antoine Peebles schnell zur Seite. Dieser Aspekt des Geschäfts war ihm zuwider. Dann übernahm Westbrook und kümmerte sich persönlich darum. Und an diesem Punkt bewies Clyde Macy, dass er jeden Dollar wert war, den er verdiente.
Westbrook sah sich zu seinem kleinen weißen Mitarbeiter um. Zuerst hatte er gedacht, es wäre nur ein schlechter Witz, als Macy ihm angeboten hatte, für ihn zu arbeiten. »Du bist auf der falschen Seite der Stadt, mein Junge«, hatte er zu Macy gesagt. »Die Weißen tummeln sich im Nordwesten. Da gehörst du hin.« Er hatte gedacht, damit wäre die Sache erledigt, bis Macy zwei Kerle fertig gemacht hatte, die Westbrook ins Handwerk pfuschen wollten. Macy hatte damals gesagt, er hätte ihm diesen Dienst auf Goodwill-Basis erwiesen, um ihn von seinen Fähigkeiten zu überzeugen. Und der kleine Glatzkopf hatte seinen Chef bisher niemals enttäuscht. Wer hätte gedacht, dass der große schwarze Francis Westbrook als Arbeitgeber das Prinzip der Chancengleichheit vertrat!
»Web London«, sagte Peebles und hielt inne, um zu husten und sich die Nase zu putzen, »ist seit über dreizehn Jahren beim FBI und seit etwa acht Jahren bei der Geiselrettung. Man hält große Stücke auf ihn. In seiner Akte stehen zahlreiche Belobigungen und ähnliche Sachen. Bei einer Mission wurde er schwer verwundet und wäre beinahe gestorben. Bei diesem Einsatz ging es um eine Miliz.«
»Milizen«, sagte Westbrook. »Weiße mit Knarren, die glauben, die Regierung hätte sie über den Tisch gezogen. Die sollten sich mal öfter in schwarzen Wohnvierteln umsehen, damit sie kapieren, wie gut sie es haben.«
»Zurzeit wird eine Untersuchung durchgeführt«, berichtete Peebles weiter, »bei der festgestellt werden soll, was tatsächlich bei der Schießerei im Hinterhof geschah.«
»Twan, erzähl mir etwas, das ich noch nicht weiß, weil mir allmählich der Arsch abfriert. Und wie ich die Lage beurteile, geht es dir genauso.«
»London geht zu einem Psychiater. Kein Mitarbeiter der Bundespolizei, sondern ein unabhängiger Berater.«
»Wissen wir, wer sich um ihn kümmert?«
»Es handelt sich um eine Gemeinschaftspraxis in Tyson's Corner. Uns ist noch nicht ganz klar, zu welchem Psychiater er geht.«
»Dieser Punkt sollte geklärt werden. London dürfte ihm Sachen erzählen, die er niemand anderem erzählt. Es wäre gut, wenn wir uns mal mit dem Seelenklempner unterhalten könnten.«
»Richtig«, sagte Peebles und machte sich eine Notiz.
»Ach ja, Twan, kannst du mir sagen, was die Typen in dieser Nacht eigentlich gesucht haben? Meinst du nicht, das könnte vielleicht irgendwie wichtig sein?«
Peebles reagierte mit leichtem Zorn. »Darauf wollte ich gerade zu sprechen kommen.« Er blätterte ein paar Seiten durch, während Macy sorgfältig seine Pistole reinigte und Staub vom Lauf entfernte, den offenbar nur er sehen konnte.
Peebles hatte gefunden, wonach er suchte, und blickte zu seinem Chef auf. »Das wird dir überhaupt nicht gefallen.«
»Es gibt eine Menge Scheiße, die mir überhaupt nicht gefällt. Schieß
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