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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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wirbelnder schwarzer Strudel von Gesichtern und sinnlosen Worten. Als er in tobender Qual den Griff verdrehte, lockerte das Krokodil die Kiefer. Mit der Kraft der Verzweiflung zerrte Tiamak am Oberkiefer und brachte ihn gerade so weit auseinander, dass er sein Bein herausziehen konnte, bevor die Zähne wieder aufeinanderschlugen. Das Wasser war wolkig von Blut. Unterhalb des Knies hatte Tiamak kein Gefühl mehr, darüber gab es nur noch den lodernden Schmerz seiner berstenden Lungen. Irgendwo unter ihm krümmte sich das Krokodil auf dem Flussgrund zu einem dunklen Knoten und schwamm in immer enger werdenden Kreisen. Tiamak versuchte sich nach oben zu krallen, der Sonne entgegen, an die er sich noch erinnerte, während er bereits spürte, wie der Funke in ihm erlosch.
    Durch viele Dunkelheiten schwamm er, bis er endlich ans Licht tauchte.
    Am grauen Himmel leuchtete der Tagesstern. Unbewegt vom Wind stand das Kolbenrohr still am Rande des Wassers. Keuchend sog Tiamak so viel von der heißen Marschluft ein, wie ein ganzes Leben wert war, öffnete ihr seinen Körper von Kopf bis Fuß und wäre fast wieder untergegangen, als sie in seine Lungen hineinrauschte wie ein Fluss, der seinen Damm durchbricht und in ein ausgedörrtes Tal strömt. Lichter in allen Farben glänzten vor seinem Blick, bis ihm zumute war, als habe er eines der letzten Geheimnisse des Seins entdeckt. Als er gleich darauf sein Boot wahrnahm, das ein Stück entfernt auf dem unruhigen Wasser tanzte, verflog dieses Gefühl von Offenbarung. Wieder kroch schwarze Übelkeit ihm dasRückgrat hinauf, die ihn schwächte und bis in seinen Schädel drang. Mühsam arbeitete er sich an das Boot heran, sonderbar schmerzfrei am Körper, als bestünde er nur aus dem Kopf, der oben auf dem Wasser trieb. Als er die Seite des Flachbootes erreicht hatte, klammerte er sich daran fest und holte tief Atem, während er alle Kraft zusammennahm. Aber es war allein sein Wille, der ihm half, sich hinaufzuziehen und in Sicherheit zu bringen. An der Ruderbank schürfte er sich die Wange auf, aber das kümmerte ihn nicht im geringsten. Dann endlich überwältigte ihn die Schwärze. Er hörte auf, sich zu wehren, und versank in ihrer Tiefe.
    Als er aufwachte, war der Himmel rot wie Blut. Ein heißer Wind fegte über das Marschland. Der lodernde Himmel schien auch in seinem Kopf zu sein, der glühte wie ein frisch gebrannter Tontopf, der soeben aus dem Ofen kommt. Mit Fingern, steif wie Holzstücke, klaubte Tiamak seinen zweiten Lendenschurz vom Boden des Bootes auf und wand ihn eng um die rote Ruine seines Unterschenkels, ohne dabei über die blutigen Furchen, die das Bein vom Knie bis zur Ferse aufrissen, groß nachzugrübeln. Er konnte einfach nicht denken. Während er gegen das Vergessen ankämpfte, das schon nach ihm griff, fragte er sich eher beiläufig, ob er wohl je wieder würde gehen können. Dann schleppte er sich zum Bootsrand und zog an der Angelschnur, die noch immer über die Seite hing und in das grüne Nass führte. Mit letzter Kraft gelang es ihm, den silbernen Fisch über das Heck zu hieven und das sich windende Tier neben sich in den flachen Bauch des Bootes gleiten zu lassen. Das Auge des Fisches stand offen, ebenso sein Maul, als wollte er dem Tod eine Frage stellen.
    Tiamak rollte sich auf den Rücken und starrte nach oben in den violetten Himmel. Plötzlich gab es ein lautes Krachen und Rumpeln. Über Tiamaks fieberheiße Haut tanzte ein Schwarm von Regentropfen. Er lächelte, als er von neuem ins Dunkel fiel.

    Isgrimnur stand von seiner Bank auf und schritt hinüber zum Kamin. Er drehte sich um und wandte den Flammen sein Hinterteil zu. Er wollte bald zu Bett gehen, darum war es besser, noch so viel Wärme wie möglich aufzunehmen, bevor er in diese verdammte Zelle zurückkehrte, in der man sich den Arsch abfror.
    Er lauschte auf die gedämpften Töne der Unterhaltungen, die den Aufenthaltsraum erfüllten, und staunte über die Vielfalt der unterschiedlichen Akzente und Sprachen. Die Sancellanische Ädonitis war eine eigene kleine Welt, mehr noch als der Hochhorst. Doch so abwechslungsreich auch die Gespräche des Abends gewesen waren, einer Lösung auch nur eines seiner Probleme war er keinen Zollbreit nähergekommen.
    Den ganzen Vor- und Nachmittag hatte der Herzog die schier endlosen Hallen durchstreift, immer auf der Suche nach einem Paar verdächtiger Mönche oder irgendeinem Hinweis, der ihm weiterhelfen konnte. Aber seine Mühe war fruchtlos gewesen

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