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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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nicht ganz einverstanden war.
    Zwei weitere, kalte Tagesritte entlang dem Saum der Trollfjälle, dazu noch zwei Abende mit etwas, das Simon bei sich als »Küchenjungen-Keile« zu bezeichnen begann – beides trug nicht dazu bei, Simons Weltsicht aufzuheitern. Immer wieder, wenn er während seiner Übungsstunde auf dem nassen Boden saß und ein neuer Körperteil sich schmerzhaft in den Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit drängte, erwog er, Sludig mitzuteilen, er wolle aufhören. Aber die Erinnerung an Haestans blasses Gesicht unter dem Leichentuch zwang ihn immer wieder auf die Füße. Der Wachsoldat hatte gewollt, dass Simon diese Dinge lernte, damit er sich selbst verteidigen und andere beschützen konnte. Haestan hatte seine Gefühle dabei nie recht ausdrücken können – der Erkynländer war kein beredter Mann –, aber er hatte oft erwähnt, dass er es nicht recht fände, »wenn Starke auf die Schwachen einhacken«.
    Simon musste an Fengbald denken, Elias’ Verbündeten. Er war mit einem Trupp Gepanzerter in seine eigene Grafschaft eingefallen, hatte einen ganzen Bezirk niedergebrannt und alles abgeschlachtet, was ihm in den Weg kam, nur weil die Gilde der Weber sich seinem Willen widersetzt hatte. Simon wurde ein wenig übel, alsihm einfiel, wie sehr er Fengbald und seine schöne Rüstung bewundert hatte. Tyrann, das war die einzig richtige Bezeichnung für den Grafen von Falshire und seinesgleichen – auch für Pryrates, obwohl der rote Priester wesentlich gewiefter und weit entsetzlicher war. Simon spürte, dass Pryrates – anders als Graf Fengbald und dessen Kumpane – nicht eigentlich Freude daran hatte, seine Gegner zu vernichten; vielmehr benutzte der Priester seine Macht mit einer gewissen gedankenlosen Grausamkeit und duldete kein Hindernis zwischen sich selbst und seinen unbekannten Zielen. Aber wie immer es damit auch stehen mochte, es blieb trotzdem eine Form der Tyrannei.
    Mehr als einmal genügte die Erinnerung an den haarlosen Priester, um Simon aufspringen und wieder wild drauflosschlagen zu lassen. Sludig, konzentriert und mit schmalen Augen, wich dann zurück, bis er Simons Wut in Bahnen lenken konnte, in denen der junge Mann wieder in seinen Unterricht zurückfand. Der Gedanke an Pryrates rief Simon ins Gedächtnis, warum er kämpfen lernen musste. Nicht dass die Schwertkunst ihm gegen den Alchimisten eine große Hilfe sein würde, aber vielleicht konnte sie ihn so lange am Leben halten, dass er noch einmal an Pryrates herankam. Der Priester hatte viele Untaten auf dem Gewissen, aber Doktor Morgenes’ Tod und seine eigene Verbannung aus der Heimat waren Grund genug für Simon, Pryrates’ Gesicht immer vor Augen zu haben, sogar wenn er im Schnee der Weißen Öde mit Sludig die Stäbe kreuzte.
    Am vierten Tag nach ihrem Aufbruch vom Blauschlammsee erwachte Simon schon bald nach dem Morgengrauen bibbernd unter dem armseligen Schutzdach aus zusammengebundenen Ästen, unter dem die vier die Nacht verbracht hatten. Qantaqa, die quer über seinen Beinen gelegen hatte, war zu Binabik nach draußen gegangen. Der Verlust ihrer pelzigen Wärme reichte aus, Simon in das kristallklare Morgenlicht hinauszutreiben. Mit klappernden Zähnen streifte er sich die Fichtennadeln aus dem Haar.
    Sludig war nirgends zu sehen, aber Binabik saß auf einem verschneiten Stein bei den Resten ihres Feuers vom Vorabend und starrte in den östlichen Himmel, als denke er über die auf ihn gerichtetenSonnenstrahlen nach. Simon drehte sich um und folgte seinem Blick, konnte jedoch nur erkennen, dass das fahle Gestirn langsam die letzten Gipfel der Trollfjälle erklomm.
    Qantaqa, die auf den Füßen des Trolls lag, hob kurz den Kopf, als Simon durch den Schnee knirschte, und legte dann die zottige Schnauze wieder auf die Pfoten.
    »Binabik? Geht es dir gut?«, erkundigte sich Simon.
    Einen Augenblick schien der Troll ihn gar nicht wahrzunehmen. Dann wandte er sich zu ihm um, und ein kleines Lächeln kräuselte sein Gesicht. »Einen guten Morgen, Simon-Freund«, antwortete er. »Ich fühle mich gänzlich gut.«
    »Oh. Ich dachte nur … du hast so gestarrt …«
    »Schau.« Binabik streckte einen kurzen Finger aus dem Jackenärmel und deutete nach Osten. Simon legte die Hand über die Augen und sah nochmals in die Richtung. »Ich kann nichts erkennen.«
    »Genauer solltest du schauen. Blick auf den letzten Gipfel, der ganz zu deiner Rechten steht. Dort.« Er zeigte auf einen vereisten Hang, den die dahinterstehende Sonne in

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