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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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zerfallenes Bett suchte?
    Still wie Schnee schlich Rachel zur Tür. Ihr Herz klopfte wild. Der Wind in den Zinnen wurde leiser. Sie stand allein im Dunkel, um sie herum nur das Atmen der schlummernden Mägde und das erbarmungswürdige Kratzen an der Tür.
    »Bitte«, begann die Stimme wieder, leise und schwach, »ich habe Angst …«
    Rachel zeichnete ihre Brust mit dem Baum , packte den Riegel und zog ihn zurück. Obwohl sie damit ihre Entscheidung getroffen hatte, öffnete sie die Tür nur langsam; wenn auch fest entschlossen, fürchtete sie sich doch vor dem, was sie erblicken würde.
    Die einzelne Fackel am Ende des Ganges ließ Rachel die Umrisse einer mageren Gestalt erkennen, ihren Haarschopf, die vogelscheuchendürren Glieder. Das Gesicht, das sich ihr zuwandte, war geschwärzt wie nach einem Brand. Die erschrockenen Augen zeigten das Weiße.
    »Hilf mir«, sagte das Wesen und stolperte durch die Tür in ihre Arme.
    »Simon!«, rief Rachel und spürte, wie ihr gegen alle Vernunft das Herz aufging. Er war zurückgekehrt, aus Feuer und Tod …
    »Si … Simon?«, sagte der Junge, dem vor Erschöpfung und Schmerz die Augen zufielen. »Simon ist tot. Er … er starb … in dem Feuer. Pryrates hat ihn … ermordet.«
    Er sackte in ihren Armen zusammen. In Rachels Kopf drehte sich alles. Sie zog die schlaffe Gestalt in den Schlafsaal hinein, ließ den Jungen zu Boden gleiten und schob mit aller Kraft den Riegel vor. Dann machte sie sich auf die Suche nach einer Kerze. Draußen sang der Wind sein Spottlied; wenn andere Stimmen darin mitschrien, dann keine, die Rachel erkannte.
    »Es ist Jeremias, der Wachszieherjunge«, sagte Sarrah staunend, als Rachel ihm das geronnene Blut vom Gesicht gewaschen hatte. Jeremias’ Augen, die in dunklen Höhlen lagen, und seine zerkratzten Wangen gaben ihm fast das Aussehen eines runzligen Greises.
    »Aber er war doch so rundlich«, antwortete Rachel. In ihrem Kopf brodelten die Worte des Jungen. Doch man musste alles schön der Reihe nach erledigen. Was würden diese unnützen Mädchen von ihr denken, wenn sie jetzt völlig außer sich geriet? »Was kann ihm nur geschehen sein?«, knurrte sie. »Er ist dürr wie ein Stecken.«
    Alle Mägde hatten sich um sie versammelt, die Decken zum Schutz gegen Kälte über den Nachthemden. Jael, längst nicht mehr so dick wie einst, seit die Arbeit, die die noch vorhandenen Mädchen unter sich aufteilen mussten, so zugenommen hatte, starrte den bewusstlosen Jungen an.
    »Hieß es nicht, Jeremias sei davongelaufen?«, fragte sie stirnrunzelnd. »Warum ist er wiedergekommen?«
    »Sei nicht töricht«, versetzte Rachel und versuchte Jeremias das zerfetzte Hemd über den Kopf zu ziehen, ohne ihn aufzuwecken. »Wenn er weggerannt wäre, wie sollte er dann mitten in der Nacht wieder in den Hochhorst hineinkommen? Mit Flügeln?«
    »Dann sagt uns doch, wo er gewesen ist«, bemerkte eines der anderen Mädchen. Es sagte viel über den Schock, den Jeremias’ Erscheinung Rachel zugefügt hatte, dass diese Unverschämtheit vonder Obersten der Kammerfrauen nicht des geringsten Kommentars gewürdigt wurde.
    »Helft mir, ihn umzudrehen«, erklärte sie und entfernte vorsichtig das Hemd. »Wir legen ihn in … Oh! Elysia, Mutter Gottes!« Sie verstummte entsetzt. Neben ihr brach Sarrah in Tränen aus.
    Der Rücken des Jungen war über und über mit tiefen, blutigen Striemen bedeckt.
    »Mir wird … übel …«, murmelte Jael und schwankte beiseite.
    »Sei nicht albern«, fauchte Rachel, die sich sofort wieder gefasst hatte. »Spritz dir ein bisschen Wasser ins Gesicht und bring mir dann den Rest der Schüssel. Der nasse Lappen reicht für so etwas nicht. Und hol mir das Laken von dem Bett, in dem Hepzibah geschlafen hat, und reiß es in Streifen zum Verbinden. Bei Rhiaps Schmerzen, muss ich denn alles selber machen?«
    Sie brauchten das ganze Laken und noch ein Stück von einem anderen. Jeremias war auch an den Beinen ausgepeitscht worden.
    Der Junge erwachte kurz vor Tagesanbruch. Eine Weile schweifte sein Blick ziellos im Raum umher, ohne etwas zu erkennen, aber dann schien er wieder zu sich zu kommen. Sarrah, durch deren schlichtes Gesicht Trauer und Mitleid leuchteten, als wäre es aus Glas, gab ihm etwas Wasser zu trinken.
    »Wo bin ich?«, fragte er endlich.
    »Im Dienstbotenflügel, Junge«, antwortete Rachel schroff. »Wie du eigentlich wissen müsstest. Nun – was hast du angestellt?«
    Benommen starrte er sie an. »Ihr seid Rachel der Drache«,

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