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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Nähe ist.« Er blickte auf und lächelte in den bereiften Bart. »Vielleicht ein Ort mit einigen Dächern, wenn schon sonst nichts. Das wäre eine nette Abwechslung.« Sein Schritt war etwas federnder geworden, als der Rimmersmann wieder in den Sattel sprang. Auch Simon fasste neuen Mut. Selbst eine verlassene Stadt war um vieles besser als die trostlose Öde.
    Wieder fielen ihm die Worte aus Binabiks Lied ein. In kalte Schatten bist du versunken … Eine Sekunde lang fühlte er brennende Einsamkeit. Vielleicht war die Stadt doch nicht verlassen. Vielleicht gab es eine Herberge mit einem Feuer und etwas zu essen …
    Während er sehnsüchtig an die Bequemlichkeiten der Zivilisation dachte, verschwand die Sonne endgültig hinter dem Wald. Der Wind frischte auf, und die frühe Dämmerung des Nordens senkte sich auf sie herab.
    Der Himmel war noch nicht ganz dunkel, aber die verschneite Landschaft hatte sich blau und grau gefärbt und sog die Schatten auf wie ein Lappen Tinte. Simon und seine Gefährten wollten gerade anhalten und ihr Lager aufschlagen. Mit lauten Stimmen, die den eintönigen Wind überschrien, besprachen sie das Wo und Wie. Da erreichten sie die ersten Gebäude von Grinsaby.
    Als wollten sie selbst Sludigs bescheidene Hoffnungen zunichte machen, waren die Dächer der verlassenen Hütten unter der Schneelast eingestürzt. Koppeln und Gärten waren seit langem ungepflegt und lagen knietief unter wirbelndem Weiß. Simon hatte auf seiner Fahrt durch den Norden so viele verlassene Städte gesehen, dass er sich nur schwer vorstellen konnte, Frostmark und Öde seien überhaupt je besiedelt gewesen und Menschen hätten hier gelebt wie in den grünen Feldern von Erkynland. Er sehnte sich schmerzlich nach seiner Heimat, nach vertrauten Orten und vertrautem Wetter. Oder hatte der Winter sich längst über ganz Osten Ard gelegt?
    Sie ritten weiter. Bald tauchten weitere verlassene Häuser zu beiden Seiten der Straße auf, die Binabik den Weißen Weg nannte. Manche zeigten noch Spuren ihrer einstigen Bewohner: Eine rostigeAxt mit verrottetem Stiel steckte noch im Hackklotz vor einer unter dem Schnee begrabenen Haustür; aus den Schneewehen am Straßenrand ragte ein aufrecht stehender Besen hervor wie eine Fahne oder der Schwanz eines erfrorenen Tiers. Aber die meisten Wohnstätten waren so leer und trostlos wie Totenschädel.
    »Wo wollen wir rasten?«, fragte Sludig. »Ich fürchte, wir werden wohl doch kein Dach mehr finden.«
    »Wahrscheinlich nicht. Suchen wir lieber nach festen Wänden«, schlug Binabik vor. Er wollte noch etwas hinzufügen, als Simon erstaunt ausrief:
    »Sieh doch! Es ist ein Troll! Sludig hat recht gehabt!« Simon deutete zum Straßenrand, wo eine kleine Gestalt stand, stockstill bis auf den im Wind flatternden Mantel. Die letzten Sonnenstrahlen fielen durch ein Loch im Saum des Waldes hinter Grinsaby direkt auf den Fremdling.
    »Schau genauer hin«, versetzte Binabik unwirsch, den Blick wachsam auf den Fremden gerichtet. »Das ist kein Troll.«
    Das Geschöpf an der Straße war sehr klein und trug einen dünnen Kapuzenmantel. Dort, wo die zu kurzen Hosenbeine nicht bis auf die Stiefel reichten, war nackte, bläuliche Haut zu sehen.
    »Es ist ein kleiner Junge!« Nachdem Simon sich berichtigt hatte, lenkte er Heimfinder an den Straßenrand. Seine beiden Gefährten folgten. »Er muss sich ja zu Tode frieren!«
    Als sie näher kamen, blickte das Kind auf. An seinen dunklen Brauen und Wimpern hing Schnee. Es starrte die drei Männer an, drehte sich um und rannte davon.
    »Bleib stehen!«, rief Simon. »Wir tun dir nichts!«
    »Halad, Künde!« , schrie Sludig. Die fliehende Gestalt machte wieder kehrt und blieb mit weit aufgerissenen Augen stehen. Sludig ritt noch ein paar Ellen dichter heran, kletterte dann vom Pferd und ging langsam auf das Kind zu. »Vjer sommen marroven, Künde«, sagte er und streckte die Hand aus. Der Junge betrachtete ihn misstrauisch, machte aber keine weiteren Anstalten auszureißen. Er schien nicht älter als sieben oder acht Jahre und nach dem wenigen, was man von ihm sah, dünn wie der Griff eines Butterfasses zu sein. Seine Hände waren voller Eicheln.
    »Mir ist kalt«, sagte der Junge in recht ordentlichem Westerling.
    Sludig sah überrascht aus, nickte aber lächelnd. »Dann komm mit, Bürschchen.« Er nahm ihm vorsichtig die Eicheln ab und schüttete sie in seine Manteltasche. Dann hob er das Kind, das sich nicht wehrte, auf seine starken Arme. »Alles in

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