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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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öffentlichen Festakt. Eine kleine Hand schlich sich unter der Jacke hervor, um Heimfinders Rücken zu streicheln. Vrens schmale Gestalt an seiner Brust, nahm Simon die Zügel in eine Hand, damit er den anderen Arm um den Leib des Kleinen legen konnte. Er kam sich sehr erwachsen und verantwortungsbewusst vor.
    Werde ich je ein Vater sein? , fragte er sich, während sie in die sinkende Nacht hineinritten. Söhne haben? Er dachte darüber nach. Töchter?
    Alle Leute, die er kannte, schienen ihre Väter verloren zu haben: Binabik in einer Lawine, Prinz Josua wegen hohen Alters; der Vater von Jeremias, dem Wachszieherjungen, fiel Simon ein, war am Brustfieber gestorben; Prinzessin Miriamels Vater könnte genauso gut tot sein. Er dachte auch an seinen Vater, der vor seiner Geburt ertrunken war. Waren Väter so – wie bei Katzen und Hunden: Sie zeugten Kinder und gingen dann einfach ihrer Wege?
    »Sludig!«, rief er. »Hast du einen Vater?«
    Der Rimmersmann drehte sich um und warf ihm einen gereizten Blick zu. »Was soll das heißen, Simon?«
    »Ich meine, lebt er noch?«
    »Soweit ich weiß, ja«, schnaubte der Rimmersmann. »Nicht, dass mir das Geringste daran läge. Der alte Teufel könnte in der Hölle schmoren, ohne dass es mir etwas ausmachte.« Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder der tiefverschneiten Straße zu.
    So ein Vater werde ich nicht, beschloss Simon und hielt das Kind ein wenig fester. Vren wand sich unbehaglich unter Simons Mantel hin und her. Ich bleibe bei meinem Sohn. Wir werden ein Zuhause haben, und ich werde nicht fortgehen.
    Doch wer sollte die Mutter sein? Eine Reihe verwirrender Bilder, wahllos wie Schneeflocken, schwirrte vor seinem geistigen Auge: Miriamel hoch oben in ihrem Turmbalkon auf dem Hochhorst, die Magd Hepzibah, die knurrige alte Rachel und die Herrin Vara mit den zornigen Augen. Und wo wäre sein Zuhause? Er betrachtete das unendliche Weiß der Öde und den nahen Schatten des Aldheorte. Wie konnte ein Mensch hoffen, in dieser wahnsinnigen Welt an einem Ort bleiben zu dürfen? Wer einem Kind so etwas versprach, belog es. Zuhause? Man musste schon Glück haben, einen windgeschützten Platz für die Nacht zu finden.
    Sein trauriges Lachen ließ Vren unruhig werden. Simon zog den Mantel enger um sich und das Kind.
    Am östlichen Ortsrand von Grinsaby hatten sie immer noch keine Menschenseele zu Gesicht bekommen und auch keinerlei Spuren neuerer Besiedlung gefunden. Sie hatten Vren eindringlich befragt, aber außer dem Namen »Skodi« nichts aus ihm herausbekommen.
    »Ist Skodi dein Vater?«, fragte Simon.
    »Es ist ein Frauenname«, erklärte Sludig. »Ein Rimmersfrauenname.«
    Simon versuchte es nochmals. »Ist Skodi deine Mutter?«
    Der Junge schüttelte den Kopf. »Ich lebe bei Skodi«, sagte er und sprach trotz seines Akzents so deutlich, dass Simon sich erneut fragte, ob der Junge nicht älter war, als sie ihn geschätzt hatten.
    Zwischen den flachen Hügeln am Rande des Weißen Weges fanden sich vereinzelt noch ein paar trostlose Gehöfte, aber auch sie wurden immer seltener. Die Nacht war hereingebrochen und füllte die Lücken zwischen den Bäumen mit tintenschwarzen Schatten. Sie waren schon viel zu lange geritten und hatten vor allem nach Simons Ansicht die Essenszeit zu lange hinausgeschoben. Die Dunkelheit machte das Weitersuchen sinnlos. Gerade zündete Binabik einenharzigen Fichtenast an, um ihn als Fackel zu verwenden, als Simon in einiger Entfernung von der Straße ein Licht durch die Bäume schimmern sah.
    »Seht doch!«, rief er. »Da drüben muss ein Feuer sein!« Die Bäume in ihren weißen Decken schienen rot zu glühen.
    »Skodis Haus! Skodis Haus!«, rief der Junge und hüpfte so heftig im Sattel auf und ab, dass Simon ihn festhalten musste. »Sie wird sich freuen!«
    Sie hielten kurz an und schauten nach dem flackernden Licht.
    »Ganz vorsichtig«, mahnte Sludig und umklammerte seinen Qanucspeer. »Das ist ein verdammt seltsamer Wohnort. Wir können nicht sicher sein, dass man uns dort freundlich aufnimmt.«
    Bei Sludigs Worten überlief es Simon kalt. Wenn nur Dorn so zuverlässig wäre, dass er es an seiner Seite tragen könnte! Stattdessen tastete er nach dem Knochendolch in der Scheide und war beruhigt.
    »Ich werde vorausreiten«, verkündete Binabik. »Ich bin kleiner als ihr, und Qantaqa ist leiser. Wir werden uns ein wenig umsehen.« Er murmelte etwas, und die Wölfin verließ die Straße und glitt in die langen Schatten hinein. Ihr Schweif wehte

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