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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Wendeltreppenstufen aussahen. Die Morgensonne sprenkelte alles mit ihrem Licht, das so fein war wie Silber- und Goldstaub.
    Der vorüberfließende kleine Fluss hatte eine sanfte Rinne ausgewaschen, die in ein Tal hinunterführte, dessen Grund von dicht zusammenstehenden Bäumen verdeckt war. Als Simon und Aditu vorsichtig die glatten Felsen hinabstiegen, mit denen die Schlucht gepflastert war, erfüllte der Bach die Luft um sie her mit feiner Gischt. Sprudelnd strömte das Wasser in eine Reihe schmaler Teiche, die hangabwärts immer größer wurden und von denen sichjeder in den nächsten ergoss. Espen und Trauerweiden ließen ihre Zweige darüberhängen, und die Steine an den Rändern trugen einen geschmeidigen Pelz aus üppigem, grünem Moos.
    Simon setzte sich auf einen dieser Steine, um seine Knöchel zu entlasten und wieder zu Atem zu kommen.
    »Wir sind fast da«, sagte Aditu beinahe freundlich.
    »Es geht mir gut.« Er streckte die Beine aus und musterte kritisch seine rissigen Stiefel. Der viele Schnee hatte das Leder ruiniert – aber warum sollte er sich jetzt deshalb Sorgen machen ? »Es geht mir gut«, wiederholte er.
    Aditu setzte sich neben ihn und schaute zum Himmel auf. Es lag etwas Bezauberndes in ihrem Gesicht, etwas, das Simon trotz der deutlichen Familienähnlichkeit bei ihrem Bruder nie aufgefallen war. Jirikis Äußeres war faszinierend, aber Aditu war einfach von märchenhafter Schönheit.
    »Wunderschön«, murmelte er.
    »Wie?« Aditu sah ihn fragend an, als kenne sie das Wort nicht.
    »Wunderschön«, wiederholte Simon. »Alles hier ist wunderschön.« Er verwünschte seine Feigheit und holte tief Luft. »Ihr seid auch wunderschön, Herrin«, brachte er endlich hervor.
    Aditu starrte ihn entgeistert an, den Mund anscheinend missbilligend gekräuselt. Dann brach sie unvermittelt in lautes, zischendes Gelächter aus. Simon merkte, dass er knallrot wurde.
    »Mach nicht so ein böses Gesicht.« Sie lachte wieder. »Du bist auch ein wunderschöner Schneelocke, Seoman. Ich freue mich, dass es dir hier gefällt.« Sie legte kurz ihre Hand auf seine. Die Berührung fühlte sich an wie Eis auf einer heißen Stirn. »Komm«, sagte Aditu, »wir wollen weiter.«
    Das Wasser, unbeeindruckt von ihrem Gespräch, setzte seinen eigenen Weg fort und gluckste und spritzte vor ihnen her ins Tal hinab. Simon kletterte über die Felsen und hatte Mühe, mit der leichtfüßigen Aditu Schritt zu halten. Dabei fragte er sich, ob er vielleicht doch dieses eine Mal das Richtige gesagt hatte. Jedenfalls schien sie ihm wegen seiner Keckheit nicht böse zu sein. Trotzdem nahm er sich vor, auch weiterhin gut zu überlegen, bevor er etwas sagte. Diese Sithi waren so verflixt unberechenbar.
    Als sie fast auf ebenem Boden angekommen waren, blieben sie vor einem Paar riesenhafter Schierlingstannen stehen, deren Stämme so gewaltig emporragten, als dienten sie dem Himmel als Stützpfeiler. Dort, wo sich diese mächtigen Bäume zwischen ihren kleineren Nachbarn hinauf in den schattenlosen Sonnenschein reckten, wucherten zwischen ihren Stämmen vielfach verknüpfte Netze aus blühenden Schlingpflanzen, von denen blütenübersäte Ranken fast bis zum Boden herunterhingen und im Wind schwankten. Von diesen Blumen kam das lauteste Bienengesumm, aber die Tiere schwärmten überall in den Lianen, wackere Arbeiterinnen in Gold und Schwarz mit glänzenden Flügeln.
    »Halt!«, sagte Aditu. »Durchschreite nicht so unbedacht das Sommertor. «
    Trotz der Kraft und Schönheit der großen Tannen war Simon überrascht. »Das ist das Tor? Zwei Bäume?«
    Aditus Gesicht wurde sehr ernst. »Wir ließen alle Bauwerke aus Stein zurück, als wir aus Asu’a, dem Ostwärts-Schauenden, flohen, Seoman. Jiriki hat mich gebeten, dir etwas zu sagen, bevor du durch Shao Irigú gehst. Mein Bruder sagt, was auch später geschehen mag, dir wird die seltenste Ehre von allen zuteil. Du wurdest an einen Ort geführt, an den kein Sterblicher je einen Fuß gesetzt hat. Verstehst du das? Noch nie ist ein Sterblicher durch dieses Tor getreten.«
    »Oh«, antwortete Simon bestürzt. Er sah sich hastig um, als fürchte er feindselige Zuschauer. »Aber … aber ich wollte doch nur Hilfe. Ich verhungerte …«
    »Komm«, unterbrach sie ihn, »Jiriki wartet.« Sie machte einen Schritt und drehte sich dann wieder um. »Und mach nicht so ein besorgtes Gesicht«, lächelte sie. »Es ist zwar eine ungeheure Ehre, aber du bist Hikka Staj’a – ein Pfeilträger. Jiriki

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