Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
fremdartigen Land, das einem Garten glich, liebten und kämpften, an einem Ort, an dem Pflanzen und andere Wesen lebten, deren Gestalt rätselhaft blieb, so exakt die zauberkräftigeMeisterhand des unbekannten Webers sie auch wiedergegeben hatte.
    Irgendwann, das zeigte der Teppich deutlich, geschah ein Unglück. Auch wenn alle Bänder weiß waren, konnte Simon doch den dunklen Fleck fast sehen, der sich über Leben und Herzen der Sithi zu breiten begann und sie krank machte. Bruder focht gegen Bruder, und der Ort, dessen Schönheit unvergleichlich gewesen war, wurde unwiederbringlich zerstört. Einige der Figuren begannen Schiffe zu bauen.
    »Hier«, sagte Aditu. Simon fuhr zusammen. Das Gewebe hatte sie zu einem schäumenden Strudel aus lichtem Tuch geleitet, einer nach innen führenden Spirale, die einen sanften Hügel hinaufzusteigen schien. Rechts neben diesem sonderbaren Eingang sprang der Teppich über den Fluss und zitterte in der hellen Luft wie eine seidene Brücke. Dort, wo die straffgespannten Bänder des Teppichs den plätschernden Wasserlauf überspannten, zeigten die Knoten acht prächtige Schiffe auf hoher See, die durch gewebte Wogen pflügten. Auf der anderen Seite berührte der Teppich die dortigen Weiden und kehrte um. Er folgte den Windungen des Flusses zurück in die Richtung, aus der Simon und Aditu gekommen waren, und spannte sich von Baum zu Baum, bis er nicht mehr zu sehen war.
    Aditus Hand berührte seinen Arm. Simon zuckte zusammen. Auf seinem Weg durch einen fremden Traum hatte er sich selbst vergessen. Er folgte ihr durch die Türöffnung und eine Reihe von Stufen hinauf, die kunstvoll in den Hang gegraben und dann mit glatten, vielfarbigen Steinen gepflastert worden waren. Wie alles andere bestand auch der Gang, durch den sie schritten, aus wogendem, durchscheinendem Tuch. An der Tür waren die Wände weiß und verdunkelten sich dann ganz langsam zu blassblau und türkis. Aditu in ihren weißen Kleidern fing dieses wechselnde Licht auf und schien, während sie vor Simon herging, ebenfalls ständig die Farbe zu ändern.
    Simon strich mit den Fingern über die Wand und merkte, dass sie so köstlich weich war, wie sie aussah, zugleich aber erstaunlich fest; glatt wie Golddraht glitt sie unter seiner Hand dahin, fasste sich aber dabei so warm an wie Vogelkükenflaum und bebte bei jedem Windhauch.
    Bald schon mündete der kahle Korridor in einen großen, hohen Raum, der bis auf die beweglichen Wände so ähnlich wie die meisten Räume in vornehmen Häusern aussah. Die Türkisfarbe des Stoffs am Eingang ging hier unmerklich in einen Ultramarinton über. An einer Wand stand ein niedriger Tisch aus dunklem Holz, um den herum Kissen verstreut lagen. Auf dem Tisch lag ein bunt bemaltes Brett. Simon hielt es für eine Karte, bis ihm klar wurde, dass es sich um das Spiel namens Shent handelte, das er Jiriki in seiner Jagdhütte hatte spielen sehen. Er erinnerte sich an Aditus Aufforderung. Die Spielsteine lagen vermutlich in dem kunstvollen Holzkästchen, das ebenfalls auf dem Tisch stand. Sonst gab es darauf nur noch eine steinerne Vase mit einem einzigen, blühenden Apfelzweig.
    »Bitte setz dich, Schneelocke.« Aditu machte eine einladende Geste. »Ich glaube, Jiriki hat einen Besucher.«
    Bevor Simon ihrer Einladung folgen konnte, blähte sich die hintere Wand des Raums. Ein Stück Stoff flog in die Höhe, als hätte es sich losgerissen. Heraus trat eine in helles Grün gekleidete Gestalt, deren geflochtenes Haar in einem grell davon abstechenden Rot leuchtete.
    Simon war selbst überrascht, dass er Jirikis Onkel Khendraja’aro sofort wiedererkannte. Der Sitha murmelte unwirsch vor sich hin und schien wütend zu sein. Wenigstens kam es Simon so vor; sein Gesicht verriet keine Gefühlsregung. Plötzlich sah Khendraja’aro auf und gewahrte Simon. Sein kantiges Gesicht wurde so blass, als sei alles Blut herausgelaufen wie Wasser aus einem umgestürzten Eimer.
    »Sudhoda! Isi’isi’ye-a Sudhoda!« , keuchte er, und der Zorn in seiner Stimme klang so verblüfft, dass man ihn auch für etwas ganz anderes halten konnte.
    Khendraja’aro fuhr sich mit der schmalen, beringten Hand langsam über Augen und Gesicht, als wollte er den Anblick des schlaksigen Jungen wegwischen. Als ihm das nicht gelang, zischte Jirikis Onkel fast wie eine erschrockene Katze. Er wandte sich an Aditu und fing an, hastig auf sie einzureden. Obwohl er in sanft dahinfließendem Sithi sprach, war die Tatsache, dass er Gift und

Weitere Kostenlose Bücher