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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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natürlich eine Frage aufkommen: Warum sollte ein Mann, der in der Mutter Kirche einiges Ansehen genoss, wie es bei dem Informanten des Priesters doch angeblich der Fall war, so ungeheuer wichtige Dinge einem Schwachkopf anvertrauen, in dessen gerötetem, törichtem Gesicht die Unzuverlässigkeit in großen Lettern geschrieben stand? Gewiss konnte doch niemand glauben, dass dieser fröhliche Säufer irgendetwas für sich behaltenwürde, schon gar nicht ein Geheimnis, das für den vom Krieg zerrissenen Norden von so gewaltiger Bedeutung war?
    Eolair konnte sich keinen Reim darauf machen. Aber die Sache reizte ihn. Während über der Frostmark der Donner grollte, erwog der Graf von Nad Mullach einen Ritt in die grasigen Steppen jenseits von Erkynland.
    Spät in der Nacht, auf dem Rückweg von den Ställen – Eolair überließ die ordnungsgemäße Versorgung seines Pferdes niemals anderen, eine Gewohnheit, die ihm schon oft zustatten gekommen war –, blieb der Graf an der Tür der Schenke noch einmal stehen. Ein grimmiger, schneeschwerer Wind pfiff durch die Straße und rüttelte an den Fensterläden. Hinter den Docks murmelte unruhig das Meer. Sämtliche Einwohner von Abaingeat schienen verschwunden zu sein. Die mitternächtliche Stadt glich einem Geisterschiff, das führerlos unter dem Mond dahintrieb.
    Seltsame Lichter spielten am Nordhimmel, Gelb, Indigoblau und ein Violett wie das Nachleuchten von Blitzen. Am Horizont pulsierten wogende, strahlende Bänder, wie Eolair sie noch nie gesehen hatte, starr wie Eis und doch zugleich unfassbar lebendig. Verglichen mit dem schweigenden Abaingeat schien sich der Norden in tobendem Aufruhr zu befinden, und einen wahnwitzigen Augenblick lang fragte sich der Graf, ob es überhaupt noch Sinn habe zu kämpfen. Die Welt, die er gekannt hatte, gab es nicht mehr, und nichts konnte sie zurückbringen. Vielleicht war es klüger, sich damit abzufinden …
    Er schlug die Hände in den Handschuhen zusammen. Das Klatschen erzeugte ein dumpfes Echo, das verhallte. Er schüttelte den Kopf, um die bleierne Schwere aus seinen Gedanken zu vertreiben. Die Lichter hatten wirklich etwas Zwingendes.
    Wohin sollte er sich jetzt wenden? Es war ein Ritt von mehreren Wochen in das Wiesenland hinter dem Hasutal, von dem der Priester gesprochen hatte. Eolair wusste, dass er sich an die Küstenlinie halten und über Meremund und Wentmünd reiten konnte; aber das würde bedeuten, dass er allein Erkynland durchqueren musste, das ganz dem Hochkönig gehörte. Er konnte aber auch dem schimmernden Nordlicht in seine Heimat Nad Mullach folgen. Zwar saßen Skalis Räuber in seiner Burg, aber die Überlebenden seines Volkes imUmland würden ihn mit Unterkunft und Neuigkeiten versorgen und es ihm auch ermöglichen, sich auszuruhen und für die lange Reise mit allem Nötigen auszurüsten. Von dort konnte er sich dann nach Osten halten, Erchester im Norden passieren und immer im schützenden Schatten des großen Waldes bleiben.
    Sinnend betrachtete er das geisterhafte Glitzern am nördlichen Himmel. Das Licht, das davon ausging, war eisig.

    Die Wellen trugen Schaumkronen. Unheildrohende, vom Wind zerfetzte Wolken jagten über den dunklen Himmel. Zackige Blitze zuckten am schwarzen Horizont.
    Cadrach klammerte sich stöhnend an der Reling fest, als die Eadne-Wolke sich steil aus dem Wasser hob, um sofort wieder in ein Wellental zu rauschen. Über ihm knatterten die Segel im starken Wind, als würde mit Peitschen geknallt.
    »O Brynioch von den Himmeln«, flehte der Mönch, »befrei uns von diesem Sturm!«
    »Das kann man noch kaum so nennen«, bemerkte Miriamel spöttisch. »Ihr habt noch nie einen richtigen Sturm auf See erlebt.«
    Cadrach schluckte. »Ich habe auch kein Verlangen danach.«
    »Und außerdem, was soll das heißen – Ihr betet zu Heidengöttern? Ich dachte, Ihr wärt ein Ädonitermönch!«
    »Ich habe schon den ganzen Nachmittag um Usires’ Beistand gebetet«, erwiderte Cadrach, das Gesicht fischbauchweiß. »Ich hielt es für an der Zeit, etwas anderes zu versuchen.« Er stellte sich auf die Zehenspitzen und lehnte sich weit über die Reling. Miriamel wandte den Kopf zur Seite. Kurz darauf stand der Mönch da und wischte sich mit dem Ärmel den Mund ab. Regenschauer zogen über das Deck.
    »Und Ihr, Herrin«, fragte Cadrach, »gibt es denn gar nichts, das Euch etwas ausmacht?«
    Sie unterdrückte eine bissige Antwort. Er sah wirklich bemitleidenswert aus mit seinen schütteren, an den Kopf

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