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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Wahrheit.«
    Miriamel schüttelte den Kopf und wollte aufstehen, aber eine dünne, starke Hand schloss sich um ihren Arm. »Verzeih mir«, erklärte Gan Itai, »ich habe dich erschreckt. Lass dich beruhigen. Ich habe entschieden, dass nichts Böses an dir ist – zumindest nichts, das der Eadne-Wolke schaden könnte, und nur darauf kommt es mir an. Mein Volk hält mich für wunderlich, weil ich mein Urteil rasch fälle. Wenn ich jemanden oder etwas in mein Herz schließe, dann bleibt es dabei.« Sie kicherte trocken. »Ich habe entschieden, dass ich dich gern habe, Marya – wenn du so heißt. Du kannst den Namen hier weitertragen, wenn es dein Wunsch ist. Niemals aber brauchst du vor mir Angst zu haben, nicht vor der alten Gan Itai.«
    Verwirrt von der Nacht, vom Wein und von diesem neuesten so vieler ungewohnter Gefühle brach Miriamel in Tränen aus.
    »Nun, nun, Kind, nun, nun …« Gan Itai klopfte ihr sanft mit der dünnfingrigen Hand auf den Rücken.
    » Ich habe kein Zuhause.« Miriamel kämpfte gegen ihre Tränen. Sie merkte, dass sie kurz davor stand, Dinge zu sagen, die sie nicht sagen durfte, so gern sie auch ihr Herz erleichtert hätte. »Ich bin … ein Flüchtling.«
    »Wer verfolgt dich?«
    Miriamel schüttelte den Kopf. Gischt spritzte hoch über den Bug, als das Schiff kopfüber in das nächste Wellental eintauchte. »Ich darf es nicht sagen, aber ich bin in furchtbarer Gefahr. Darum musste ich mich auch auf deinem Schiff verstecken.«
    »Und der Mönch? Dein gelehrter Vormund? Ist er nicht auch in Gefahr?«
    Gan Itais Frage ließ Miriamel jäh aufhorchen. Es gab so vieles, über das nachzudenken sie bisher noch keine Zeit gehabt hatte. »Ja, ich glaube schon.«
    Die Niskie nickte wie befriedigt. »Hab keine Angst. Dein Geheimnis ist bei mir sicher.«
    »Du wirst Aspitis … dem Grafen … nichts erzählen?«
    Gan Itai schüttelte den Kopf. »Wem meine Treue gehört, das ist schwieriger zu erklären, als du ahnen kannst. Aber ich kann dir nicht versprechen, dass er es nicht erfahren wird. Er ist klug, der Schiffsherr der Eadne-Wolke.«
    »Ich weiß.« Miriamels Antwort kam aus tiefstem Herzen.
    Der wieder anschwellende Sturm schüttete einen neuen Schwall Regen über sie aus. Gan Itai beugte sich vor und starrte in die windgepeitschte See. »Beim Hause Vés, sie bleiben nicht lange unten! Verflucht sei ihre Stärke!« Sie drehte sich zu Miriamel um. »Ich glaube, es ist Zeit für mich, wieder zu singen. Du solltest vielleicht lieber unter Deck gehen.«
    Miriamel dankte der Niskie verlegen für ihre Gesellschaft, stand dann auf und kletterte die glitschige Leiter vom Vorderdeck hinunter. Der Donner brüllte wie ein wildes Tier, das sie in der Dunkelheit jagte. Sie fragte sich plötzlich verzweifelt, ob sie nicht töricht gehandelt hatte, diesem seltsamen Geschöpf ihr Herz zu öffnen.
    Am Niedergang blieb sie stehen und lauschte mit schiefgelegtem Kopf. Hinter ihr in der schwarzen Nacht sang Gan Itai wieder ihr Lied gegen den Sturm, ein schmales Band, das als Mauer gegen die wütende See stand.

24
Hunde von Erchester

    m Ufer des Stefflod entlang ritten Josua und seine Gefährten nach Norden. Von dort, wo sich Stefflod und Ymstrecca vereinigten, führte der Weg stromaufwärts durch hügeliges Grasland. Nach einiger Zeit begannen die Grashügel zu beiden Seiten höher zu werden, sodass die Gesellschaft des Prinzen durch ein Wiesental ritt, in dessen Mitte der Fluss dahinströmte.
    Stumpf glänzend wie eine angelaufene Silberader schlängelte sich der Stefflod unter dem düsteren Himmel. Auch sein Lied klang wie das des Ymstrecca zunächst gedämpft, aber Deornoth fand, es liege ein eigenartiger Unterton im Murmeln des Wassers, als verberge sich darin die Stimme einer großen, flüsternden Menge. Dann wieder schien das Rauschen zu einer dünnen Melodie anzuschwellen, klar wie eine Folge von Glockentönen. Gleich darauf aber, als Deornoth seine Ohren anstrengte, um herauszuhören, was genau seine Aufmerksamkeit erregt hatte, war nichts mehr zu vernehmen als das Plätschern und Rieseln der Strömung.
    Auch das Licht, das über die Wasseroberfläche spielte, war unbestimmt und wechselhaft wie in einem Traum. Manchmal schimmerten die Wellen trotz des bedeckten Himmels, als hüpften und tanzten kalt brennende Sterne am Flussgrund. Ein anderes Mal glitzerte das Wasser wie Juwelenschaum. Genauso plötzlich aber, ganz gleich, ob die Sonne schien oder Wolken sie verdeckten, konnte der Wasserlauf wieder dunkel

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