Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2
Ich bin einfach nur müde. Ich wünschte, wir wären endlich am Ziel, an diesem Abschiedsstein! Wie gern möchte ich Josua sein unglückseliges Schwert aushändigen und dann eine ganze Woche schlafen. In einem Bett.«
Binabik lächelte. »O ja. Aber es ist nicht Josuas Schwert, oder wenigstens bin ich nicht sicher, dass es für ihn bestimmt ist.« Er stand auf und holte das lange Bündel, das an einem Baum lehnte. »Ich bin überhaupt nicht sicher, was für einen Zweck es besitzt.« Seine Finger entblößten die Klinge. Die schwarze Oberfläche wurde sichtbar. Der Feuerschein beleuchtete nicht mehr als die dunklen Umrisse. »Sieh her«, sagte Binabik und hob das Bündel auf seine Arme. »Dorn scheint jetzt nichts dagegen zu haben, dass ein kleiner Troll es trägt.«
»Sprich nicht davon, als wäre es lebendig«, murmelte Sludig und zeichnete schnell einen Baum in die Luft. »Das ist widernatürlich.«
Binabik sah ihn an. »Vielleicht ist es nicht lebendig wie ein Bär oder ein Vogel oder ein Mann, aber es ist etwas in ihm, das mehr ist als Schwertmetall, und du weißt es, Sludig.«
»Kann sein«, versetzte der Rimmersmann mürrisch. »Nein, verflucht, es ist so. Darum rede ich auch nicht gern darüber. Ich träume immer noch von der Höhle, in der wir es gefunden haben.«
»Das überrascht mich nicht«, meinte der Troll milde. »Es war ein Ort voller Furcht.«
»Aber es ist nicht allein der Ort – nicht einmal der Wurm oder Grimmrics Tod. Nein … ich träume von dem verdammten Schwert,kleiner Mann. Unter all den Knochen lag es, als warte es auf uns. Kalt, so kalt … wie eine Schlange in ihrem Loch.«
Sludig verstummte. Binabik beobachtete ihn, sagte jedoch nichts.
Der Rimmersmann seufzte. »Und ich verstehe immer noch nicht, was sein Besitz Josua nützen kann.«
»Ich auch nicht, aber es ist ein Ding der Macht. Das sollten wir nicht vergessen.« Binabik streichelte die stumpfglänzende Oberfläche, als wäre sie der Rücken einer Katze. »Schau es an, Sludig. So sehr sind wir von den Prüfungen und Schlägen unseres Schicksals in Anspruch genommen worden, dass wir Dorn fast vergessen hätten. Dabei gehört es zu den Gegenständen, um die sich Legenden bilden. Vielleicht ist es die gewaltigste Waffe, die je das Licht von Osten Ard erblickt hat – gewaltiger als Herns Speer Oinduth, größer als Chukkus Schlinge!«
»Mächtig mag es sein«, brummte Sludig, »aber ich bezweifle sehr, dass es auch Glück bringt. Herrn Camaris hat es jedenfalls nicht gerettet.«
Binabik zeigte ein kleines, geheimnisvolles Lächeln. »Aber als er in der Bucht von Firannos über Bord ging, hatte er es gar nicht bei sich, das hat uns Strupp der Narr erzählt. Nur darum konnten wir es auf dem Drachenberg finden. Sonst läge es auf dem Grund des Meeres wie Camaris.«
Über ihnen kreischte der Wind und riss an den Zweigen. Sludig wartete eine angemessene Weile und rückte dann näher an das tröstliche Feuer. »Wie war es nur möglich, dass ein so gewaltiger Ritter von einem Schiff fallen konnte? Gebe Gott, dass ich einmal ehrenvoller sterbe – auf dem Schlachtfeld. Mir beweist das nur wieder – nicht, dass ich noch Zweifel gehabt hätte –, dass Schiffe etwas sind, um das man tunlichst einen Bogen machen sollte.«
Binabiks gelbes Grinsen wurde breiter. »Solche Worte zu hören aus dem Munde eines Mannes, dessen Vorfahren die größten Seeleute waren, die die Menschheit je gekannt hat!« Er wurde wieder ernst. »Obwohl man sagen muss, dass manche nicht glauben, dass Camaris über Bord gespült wurde. Manche gibt es auch, die behaupten, er habe sich ertränkt.«
»Was? Warum in Usires’ Namen sollte er so etwas tun?« Sludig stocherte empört im Feuer.
Der Troll zuckte die Achseln. »Nur ein Gerücht ist es, aber ich missachte solche Dinge nicht. Voll von seltsamen Geschichten sind Morgenes’ Schriften. Qinkipa! Wie sehr ich doch wünschte, mehr Zeit gehabt zu haben, um das Buch des Doktors richtig zu lesen! Denn eines hat Morgenes in seiner Lebensgeschichte Johans des Priesters über ihn erzählt: dass Herr Camaris dem Prinzen Josua sehr ähnlich war, ein Mann voller seltsamer, schwarzgalliger Stimmungen. Auch war er ein großer Bewunderer von Johans Königin Ebekah. König Priester Johan hatte Camaris zu ihrem besonderen Beschützer ernannt. Als die Rose von Hernysadharc, wie viele sie nannten, bei Josuas Geburt starb, soll Camaris tief erschüttert gewesen sein. Er wurde grimmig und wunderlich und wütete gegen seinen
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