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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Gott und den Himmel. Er legte Schwert und Rüstung und vieles andere ab wie jemand, der ein Leben in Frömmigkeit führen will – oder wie jemand, der weiß, dass er sterben wird. Nach einer Pilgerfahrt in die Sancellanische Ädonitis befand er sich auf dem Rückweg in seine Heimat, die Insel Vinitta. Vor der Harcha-Insel ist er dann bei Sturm im Meer verschollen.«
    Binabik beugte sich vor und zog die eingewickelten Vögel aus dem Feuer, sorgsam darauf bedacht, sich die kurzen Finger nicht zu verbrennen. Die Flammen knisterten, und der Wind stöhnte.
    »Nun ja«, bemerkte Sludig endlich. »Was du da erzählst, bestärkt mich nur in dem Entschluss, den Großen und Mächtigen dieser Welt nach Möglichkeit aus dem Weg zu gehen. Bis auf Herzog Isgrimnur, der einen vernünftigen und praktischen Kopf auf den Schultern hat, kommen mir die anderen so unbeständig und töricht vor wie eine Herde Gänse. Dein Prinz Josua, wenn du mir die Bemerkung erlaubst, an erster Stelle.«
    Binabiks Grinsen kehrte zurück. »Er ist nicht mein Prinz Josua, und er ist wirklich, wie hast du es ausgedrückt, unbeständig. Aber nicht töricht. Ganz und gar nicht töricht. Und er ist vielleicht unsere letzte Hoffnung, den heraufziehenden Sturm abzuwehren.« Als habe er versehentlich ein unangenehmes Thema berührt, beschäftigte der Troll sich jetzt schweigend mit dem Abendessen. Dannschob er dem Rimmersmann einen dampfenden Vogel zu. »Hier. Nimm etwas zu essen. Vielleicht gefällt den Hunen das kalte Wetter, und sie lassen uns in Ruhe. Dann können wir uns einen guten Nachtschlaf gönnen.«
    »Den würden wir brauchen. Wir haben noch einen langen Weg vor uns, bevor wir dieses verfluchte Schwert loswerden.«
    »Aber wir schulden es denen, die gefallen sind«, versetzte Binabik und starrte in die dunklen Weiten des Waldes, der sie umgab. »Wir haben nicht die Freiheit zu versagen.«
    Während sie aßen, stand Qantaqa auf und umkreiste das Lager. Aufmerksam lauschte sie dem klagenden Wind.

    Wild fegte der Schnee über die Öde, vom brüllenden Wind so unbarmherzig gepeitscht, dass er am ausgefransten Nordrand des Aldheorte selbst die Rinde von den Bäumen riss. Der große Hund, dem das unfreundliche Wetter nicht das Geringste ausmachte, sprang durch Schneeschauer, die andere blind gemacht hätten, leichtfüßig zu seinem Herrn zurück. Unter dem kurzen Fell spannten und lockerten sich stählerne Muskeln. Als der Hund an Ingens Seite stand, griff der Jäger der Königin unter seine Jacke und holte einen Klumpen knorpliges Trockenfleisch hervor, an dessen einem Ende etwas hing, das an einen Fingernagel erinnerte. Der weiße Hund verschlang es und spähte dann mit seinen kleinen Augen hinaus ins Dunkle, begierig darauf, von neuem loszutraben. Ingen kraulte das Tier vorsichtig hinter den Ohren. Die Finger im Handschuh strichen über Kiefer mit so dicken Muskeln, dass sie einen Felsen zerkleinern konnten.
    »Ja, Niku’a«, flüsterte der Jäger, und seine Stimme hallte im Helm wider. In seinen Augen stand die gleiche wahnsinnige Erregung wie in denen des Hundes. »Du hast jetzt die Witterung, nicht wahr? Ach, wie stolz die Königin sein wird. Man wird meinen Namen singen, bis die Sonne schwarz und faulig vom Himmel fällt.«
    Er lüftete den Helm und ließ den beißenden Wind gegen sein Gesicht stürmen. So sicher, wie er wusste, dass irgendwo über derSchwärze die frostigen Sterne schienen, so sicher war er auch, dass seine Beute noch vor ihm war und er ihr mit jedem Tage näher kam. In diesem Augenblick fühlte er sich nicht wie der zuverlässige, unermüdliche Hund, der sein Wahrzeichen war und dessen knurrendes Gesicht die Maske seines Helms bildete, sondern wie ein listiges, katzenhaftes Raubtier, ein Geschöpf wilder, aber verschwiegener Lebensfreude. Er spürte die eiskalte Nacht auf der Haut und wusste, dass ihm kein Lebewesen unter dem düsteren Himmel auf Dauer entkommen konnte.
    Ingen Jegger ließ den kristallenen Dolch aus dem Ärmel gleiten und hielt ihn vor sich. Er starrte hinein, als sei der Dolch ein Spiegel, in dem er sich selbst sehen könne, jenen Ingen, der solche Angst gehabt hatte, als Unbekannter zu sterben. In der durchsichtigen Klinge brach sich ein kühner Strahl Mondlicht oder Sternenschein und ließ sie in eisblauem Feuer aufglühen. Die eingeritzten Linien schienen sich unter seinen Fingern zu winden wie Schlangen. Es war alles, was er sich erträumt hatte, und mehr. Die Königin mit der Silbermaske hatte ihm eine

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