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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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entlang. Wie ein summendes Wispern stieg es aus dem dämmrigen Herzen des Tales empor, ein Geräusch, das genauso gut das Rascheln von Blättern und Zweigen sein konnte wie das Zischen tausend schlanker Messer, die aus tausend schmalen Scheiden fuhren.
    Simon stieß den angehaltenen Atem aus. Der Duft des Tales drang zu ihm herauf, modrig und bittersüß. Es roch nach Wachstum, ein stechender Geruch wie von gemähtem Gras, zugleich aber auch intensiv und berauschend würzig wie der Glühwein, den Morgenes an kalten Abenden aufgewärmt hatte. Wieder sog Simon den Geruch ein und fühlte sich seltsam berauscht. Da waren noch viele andere Düfte, ein Dutzend, hundert: Er konnte Rosen an einer alten Steinmauer riechen, Stallmist, Regen, der auf staubigen Boden prasselte, die salzige Würze von Blut und – ähnlich, aber keineswegs genau gleich – den Geruch von Meerwasser. Er schüttelte sich wie ein nasser Hund und fühlte, wie es ihn den Hang hinunterzog. Nur ein paar Schritte …
    »Es tut mir leid, aber du darfst dort nicht hingehen.«
    Simon fuhr herum. Hinter ihm auf der Höhe stand eine Sitha. Einen Augenblick dachte er, es sei Aditu. Die Frau trug ein hauchdünnes Stück Stoff um die Lenden und sonst nichts. Im schrägen Sonnenlicht schimmerte ihre Haut in rötlichem Gold.
    »Wie?«
    »Du darfst nicht dorthin gehen.« Sie sprach seine Sprache langsam und betont. Ihr Gesicht zeigte keinerlei Verärgerung. »Es tut mir leid, aber du darfst nicht.« Sie machte einen Schritt auf ihn zu und betrachtete ihn neugierig. »Du bist der Sudhoda, der Jiriki gerettet hat.«
    »So? Und wer bist du?«, erkundigte er sich mürrisch. Er wollte nicht auf ihre Brüste und die schlanken, aber sehnigen Beine starren, aber es war fast unvermeidlich. Simon merkte, dass er allmählich wütend wurde.
    »Meine Mutter nannte mich Maye’sa«, antwortete sie und sprach jedes Wort so übergenau aus, als sei Simons Sprache ein Kunststück, das sie gelernt, aber noch nie ausgeführt hätte. Ihre weißen Haarewaren von goldenen und schwarzen Strähnen durchzogen. Simon schaute auf ihre langen, gewundenen Flechten – ein sicherer Ort, um den Blick darauf ruhen zu lassen – und begriff auf einmal, dass alle Sithi weißes Haar hatten und die unzähligen, ganz unterschiedlichen Farben, die sie wie exotische Vögel erscheinen ließen, künstlich waren. Selbst Jiriki mit seinem merkwürdigen Heideblumenton – gefärbt! Künstlich! Wie die lasterhaften Weiber, über die Vater Dreosan in seinen Predigten in der Hochhorstkapelle immer so geschäumt hatte! Simon fühlte, wie sein Zorn wuchs. Er kehrte der Sitha abrupt den Rücken zu und begann in das Tal hinunterzusteigen.
    »Komm zurück, Seoman Schneelocke!«, rief sie. »Dort unten ist der Hain der Tanzenden Jahre. Du darfst ihn nicht betreten.«
    »Halt mich doch auf«, knurrte er. Vielleicht würde sie ihm einen Pfeil in den Rücken schießen. Erst vor wenigen Tagen hatte er gesehen, wie erschreckend gewandt Aditu mit dem Bogen umging. Jirikis Schwester hatte auf fünfzig Schritte vier Pfeile dicht nebeneinander in einen Ast geschossen. Simon hatte kaum einen Zweifel daran, dass andere ihres Geschlechtes ebenso geschickt waren, aber das kümmerte ihn jetzt nicht. »Töte mich, wenn du willst«, fügte er hinzu und fragte sich gleich darauf, ob er mit dieser Bemerkung nicht doch zu weit gegangen war.
    Mit halb hochgezogenen Schultern lief er den Abhang hinab, den wispernden Birken zu. Kein Pfeil folgte ihm. Schließlich wagte er einen Blick zurück. Die Frau namens Maye’sa stand noch am selben Fleck. Das schmale Gesicht hatte einen verwirrten Ausdruck angenommen.
    Simon setzte sich in Trab, vorbei an endlosen Reihen weißer Stämme, deren Rinde wie Papier aussah. Nach kurzer Zeit fiel ihm auf, dass der Hang eben wurde. Als er dann merkte, dass es wieder bergauf ging, hielt er an und überlegte. Schließlich suchte er sich eine Stelle, von der aus er das Tal übersehen und herausfinden konnte, wo er sich jetzt befand. Verblüfft erkannte er, dass die Senke noch immer unter ihm lag, aber irgendwie hatte er sich von dort, wo die Sitha stand und ihn beobachtete, entfernt und war um den Rand des Tales herumgelaufen.
    Schwitzend vor Wut versuchte er es noch einmal. Bald aber hatteer von neuem das Gefühl, dass sich unter seinen Füßen der Boden ebnete und gleich darauf sogar wieder anstieg. Er war der Talsohle kein Stück näher gekommen, sondern war, soweit er sehen konnte, lediglich etwa zu einem

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