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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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lachte. »Gott der Höchste hat mir ein Talent zur Häresie verliehen, Herrin; falls er diese Gabe bereut, wird er mich bald wieder in seinen Schoß zurücknehmen und alles in Ordnung bringen. Aber meine alten Lehrer würden Euch zustimmen. Mir wurde oft gesagt, dass meine Fragen wie Teufelszungen in meinem Kopf herumspukten. Als Lektor Ranessin mir das Amt seines Sekretärs anbot, sagte er zu ihnen: ›Besser die Zunge des Teufels zum Argumentieren und Fragen als ein stummer Mund und ein leerer Kopf.‹ Manche von den ordnungsgläubigeren Priester halten Ranessin für einen schwierigen Gebieter.« Dinivan runzelte die Stirn. »Aber sie haben keine Ahnung. Er ist der beste Mensch der Welt.«
    Im Laufe des langen Nachmittags duldete Cadrach, dass die Entfernung zwischen ihm und seinen Gefährten sich allmählich verringerte, bis sie zum Schluss fast wieder Seite an Seite ritten. Dieses Zugeständnis machte ihn jedoch nicht gesprächiger; obwohl er Miriamels Fragen und Dinivans Geschichten über das Land, durch das sie kamen, verfolgte, nahm er an der Unterhaltung keinen Anteil.
    Der wolkendurchzogene Himmel hatte sich orange gefärbt, und die Sonne strömte ihnen in die Augen, als die drei sich der befestigten Stadt Granis Sacrana näherten, wo nach Dinivans Plan übernachtet werden sollte. Die Stadt lag auf einer steilen Felsnase über der Küstenstraße. Die vom Sonnenuntergang rotgetönten Berge ringsum waren über und über mit Reben bewachsen.
    Zum Erstaunen der Reisenden hielt sie vor dem breiten Tor eine berittene Schar von Wachsoldaten an, die sie befragten. Es handelte sich nicht um einheimische Truppen, sondern um Gepanzerte mit dem goldenen Reiher des benidrivinischen Hauses. Als Dinivan ihre Namen nannte – mangels eines besseren wählte er »Cadrach« für den Mönch und »Malachias« für die Prinzessin –, befahl man ihnen, weiterzureiten und sich anderswo ein Nachtquartier zu suchen.
    »Und warum?«, erkundigte sich Dinivan.
    Der nicht sonderlich intelligente Wachsoldat konnte nur hartnäckig seinen Befehl wiederholen.
    »Dann lasst mich mit Eurem Feldwebel sprechen.«
    Der Feldwebel kam und wiederholte, was sein Untergebener erklärt hatte.
    »Aber wieso, Mann?«, fragte der Priester hitzig. »Auf wessen Befehl? Ist in der Stadt die Pest ausgebrochen, oder was gibt es?«
    »So etwas Ähnliches, das gibt es«, erwiderte der Feldwebel und kratzte sich besorgt die lange Nase. »Es geschieht auf Anordnung von Herzog Benigaris selbst, jedenfalls gehe ich davon aus. Ich habe sein Siegel dafür.«
    »Und ich trage das Siegel von Lektor Ranessin«, sagte Dinivan, holte einen Ring aus der Tasche und fuchtelte mit dem blutroten Rubin unter der Nase des bestürzten Unteroffiziers herum. »Wisst, dass wir in den heiligen Geschäften der Sancellanischen Ädonitis unterwegs sind. Ist dort drin nun die Pest oder nicht? Wenn es sichnicht um gefährliche Luft oder verseuchtes Wasser handelt, werden wir heute Nacht hierbleiben.«
    Der Feldwebel nahm seinen Helm ab und spähte auf Dinivans Siegelring. Als er aufsah, waren seine schwerfälligen Züge noch immer voller Sorge.
    »Wie ich schon sagte, Euer Eminenz«, meinte er bekümmert, »es ist eine Art Pest. Es sind diese Verrückten, die Feuertänzer.«
    »Was sind Feuertänzer?«, fragte Miriamel und vergaß dabei nicht, mit der rauhen Stimme eines Jungen zu sprechen.
    »Unheilspropheten«, antwortete Dinivan grimmig.
    »Wenn es nur das wäre«, meinte der Feldwebel und breitete hilflos die Hände aus. Er war ein großer Mann mit breiten Schultern und dicken Beinen, aber er wirkte abgekämpft und müde. »Sie sind allesamt verrückt. Herzog Benigaris hat befohlen, dass wir sie … nun ja, dass wir sie beobachten. Wir sollen uns nicht einmischen, aber ich dachte, wir könnten wenigstens dafür sorgen, dass nicht noch mehr Fremde in die Stadt strömen …« Er verstummte und blickte unbehaglich auf Dinivans Ring.
    »Wir sind aber keine Fremden, und als Sekretär des Lektors laufe ich wohl kaum Gefahr, den Einflüsterungen dieser Leute zu erliegen«, erklärte Dinivan streng. »Darum lasst uns jetzt ein, damit wir uns eine Unterkunft für die Nacht suchen können. Wir haben einen langen Ritt hinter uns und sind müde.«
    »Wie Ihr wünscht, Euer Eminenz«, sagte der Feldwebel und winkte seiner Truppe, das Tor freizugeben. »Aber ich trage keine Verantwortung …«
    »Wir alle tragen Verantwortung in diesem Leben, jeder Einzelne von uns«, versetzte der Priester ernst.

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