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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Sturmkönig kommt! Eis bringt er mit sich, das Herz zu gefrieren, Donner, der taub macht – und reinigendes Feuer!«
    Sie schleuderte die Fackel vor ihre Füße. Rund um den Steinblock loderte eine grelle Flammenwand auf. Einige der anderen Tänzer kreischten auf, als ihre Gewänder Feuer fingen. Die Menge drängte mit einem Aufschrei des Entsetzens zurück, als sich eine Mauer aus Hitze auf sie zuschob.
    »Elysia, Mutter Gottes!« Aus Dinivans Stimme klang Grauen.
    »So soll es sein!«, schrie die Frau, und schon leckten die Flammen an ihren Kleidern hinauf und erfassten ihr Haar, setzten ihr eine Krone aus Feuer und Rauch auf. Noch immer lächelte sie, ein verlorenes, verdammtes Lächeln. »Er spricht in Träumen! Das Verhängnis naht!« Die Lohe stieg und hüllte sie ein, aber noch immer schollen ihre letzten Worte daraus hervor: »Der Herr kommt! Der Herr kommt!«
    Miriamel lehnte über dem Hals ihres Pferdes und kämpfte gegen das Erbrechen an. Dinivan ritt ein Stück vor und stieg dann ab, um ein paar Leuten zu helfen, die von der zurückweichenden Menge umgeworfen und niedergetrampelt worden waren. Die Prinzessin richtete sich auf und rang nach Atem.
    Blind für ihre Anwesenheit starrte Cadrach auf das Bild der Verwüstung. Sein Gesicht, scharlachrot im tanzenden Licht, spiegelte tiefempfundenes Unglück und verzehrendes Verlangen wider – so als sei etwas Wichtiges und zugleich Schreckliches geschehen, etwas, vor dem man sich so lange gefürchtet hatte, dass das Warten noch schlimmer geworden war als die Angst.

8
Auf Sikkihoqs Rücken

    ohin gehen wir, Binabik?« Simon beugte sich vor und führte die geröteten Hände näher ans Feuer. Neben ihm dampften auf einem Fichtenstumpf seine Handschuhe. Binabik sah von der Schriftrolle auf, die er und Sisqi gerade studierten. »Für jetzt heißt es, den Berg hinunter. Danach werden wir eine Anleitung nötig haben. Darum lass mich nun weiter nach einer solchen Anleitung suchen, bitte.«
    Simon widerstand dem unmännlichen Drang, ihm die Zunge herauszustrecken, wobei ihn jedoch die Zurückweisung des Trolls im Grunde wenig störte. Er war guter Dinge.
    Allmählich kehrten seine Kräfte zurück. Zwei Tage hatte ihre anstrengende Reise sie vom Mintahoq, dem Hauptberg der Trollfjälle, herabgeführt, und jeden Tag war es ihm ein bisschen besser gegangen. Jetzt hatten sie den Mintahoq endgültig hinter sich gelassen und den Hang seines Bruderbergs, des Sikkihoq, erreicht. Dies war der erste Abend, an dem Simon nicht nur den einen Wunsch gehegt hatte, sofort, nachdem die Gruppe angehalten und das Lager aufgeschlagen hatte, fest einzuschlafen. Stattdessen hatte er geholfen, einen kleinen Vorrat an abgestorbenem Holz zusammenzusuchen, um ein Feuer anzuzünden. Dann hatte er Schnee aus der Höhle geschaufelt, in der sie die Nacht verbringen wollten. Es tat gut, sich wieder wie immer zu fühlen. Die Narbe auf seiner Wange tat weh, aber es war ein gedämpfter Schmerz. Mehr als alles andere half er Simon dabei, sich zu erinnern.
    Er begriff, dass das Blut des Drachen ihn verändert hatte.
    Nicht auf magische Weise, wie in einer von Shem Pferdeknechts alten Geschichten – weder konnte er jetzt die Sprache der Tiere verstehennoch hundert Meilen weit in die Ferne sehen. Das heißt, so ganz stimmte das auch wieder nicht. Als der Schneefall heute für kurze Zeit ausgesetzt hatte, hatten die weißen Täler der Öde in jäher Klarheit vor ihm gestanden, scheinbar so nah wie die Falten einer Decke und doch so weit, dass sie bis in die dunklen Schatten des fernen Aldheorte reichten. Einen Augenblick hatte er still wie ein Standbild verharrt, obwohl der Wind ihm Gesicht und Hals zerschnitt, und das Gefühl gehabt, tatsächlich so weit sehen zu können wie ein Zauberer. Wie früher, als er auf den Engelsturm geklettert war und ganz Erkynland unter sich ausgebreitet gesehen hatte wie einen Teppich, war ihm zumute gewesen, als brauche er nur die Hand auszustrecken, um die Welt zu verwandeln.
    Doch es waren nicht diese Momente, die der Drache ihm geschenkt hatte. Während er nachdenklich darauf wartete, dass seine nassen Handschuhe trockneten, beobachtete er Binabik und Sisqi, sah, wie sie einander berührten, ohne es wirklich zu tun, sah die langen Gespräche, für die sie nur einen ganz kurzen Blick benötigten. Simon erkannte, dass er die Dinge anders wahrnahm und fühlte als vor seinem Erlebnis auf dem Berg Urmsheim. Menschen und Ereignisse schienen ihm jetzt deutlicher miteinander

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