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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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hatten, drehte er sich um.
    »Es ist eine Sache der Namen, Bruder«, sagte er und zeigte zornig lächelnd die Zähne. »Du nennst mich mit einem, der einem Toten gehört. Die Prinzessin … nun ja … sie hat mir einen neuen gegeben – ›Verräter‹ – und mich, damit ich Brief und Siegel darauf bekommen sollte, in der Bucht von Emettin gleich getauft. Darum siehst du wohl, dass diese – man könnte es Namens- Multiplizität nennen – ein wenig verwirrend auf mich wirken muss.« Und mit einem spöttischen Neigen des Kopfes stieß er dem Pferd die Fersen in die Rippen und sprengte voraus. Sobald er ein gutes Dutzend Ellen Abstand von ihnen hatte, ließ er das Tier wieder langsamer gehen, um sich dem Schritt der beiden anderen anzupassen.
    »Er ist verbittert«, bemerkte Dinivan und sah auf Cadrachs gebeugte Schultern.
    »Was für einen Grund hat er, um es zu sein?«, fragte Miriamel.
    Der Priester schüttelte das Haupt. »Gott weiß es.«
    Und es war schwer, fand Miriamel, zu entscheiden, was dieser Satz nun genau bedeutete, wenn ihn ein Priester gesprochen hatte.
    Nabbans nördliche Küstenstraße schlängelte sich zwischen der Gebirgskette und der Bucht von Emettin dahin und führte dabei manchmal so weit landeinwärts, dass zur Rechten die lohbraunen Flanken der Berge aufstiegen und alle Sicht auf das Wasser versperrten. Ein Stück weiter wichen die Berge für kurze Zeit wieder zurück und gaben den Blick auf die felsige Küste frei. Als die dreisich Teligur näherten, füllte sich die Straße nach und nach mit Verkehr: Bauernwagen, die büschelweise loses Heu verloren, wandernde Hausierer, die ihre Waren an Stöcken trugen, kleine Einheiten einheimischer Wachsoldaten, die einem Stellungsbefehl Folge leisteten. Viele Reisende beugten beim Anblick des goldenen Baumes , der an Dinivans schwarzumhüllter Brust hing, und der Mönchskutten seiner Begleiter den Kopf oder schlugen das Zeichen des Baumes vor dem Körper. Bettler rannten neben dem Ross des Priesters her und schrien: »Vater! Vater! Ädons Barmherzigkeit, Vater!« Wenn sie tatsächlich aussahen, als wären sie verkrüppelt oder krank, griff Dinivan in seine Gewänder und holte ein Cintis-Stück hervor, das er ihnen zuwarf. Miriamel fiel auf, dass wenige der Bettler, so sehr sie auch hinkten oder verwachsen waren, die Münzen den Boden berühren ließen.
    Mittags rasteten sie in Teligur, einem weitläufigen Marktflecken im Schoß der Berge. Sie erfrischten sich mit Obst und Hartbrot von Ständen auf dem Stadtplatz. Drei fromme Reisende fielen dort im allgemeinen Gedränge von Handel und Wandel nicht weiter auf.
    Miriamel badete in der hellen Sonne, die Kapuze in den Nacken geschoben, um die Wärme auf ihrer Stirn zu fühlen. Um sie herum hallten die Rufe der fliegenden Händler und das empörte Kreischen geprellter Käufer durch die Luft. Unweit von ihr standen Cadrach und Dinivan. Der Priester feilschte mit einem Mann, der gekochte Eier verkaufte, während sein mürrischer Begleiter die Bude eines Weinhändlers gleich nebenan musterte. Mit einigem Erstaunen stellte Miriamel fest, dass sie sich wohlfühlte.
    Einfach so? , schalt sie sich selbst, aber die Sonne war zu warm für Selbstvorwürfe. Sie hatte zu essen bekommen, war den ganzen Morgen geritten, frei wie der Wind, und niemand hier schenkte ihr die geringste Beachtung. Gleichzeitig fühlte sie sich sonderbar beschützt.
    Auf einmal fiel ihr der Küchenjunge Simon ein, und ihre zufriedene Stimmung schloss jetzt auch die Erinnerung an ihn ein. Er hatte ein nettes Lächeln gehabt, dieser Simon – nicht einstudiert wie die Höflinge ihres Vaters. Auch Vater Dinivan hatte ein gutes Lächeln,aber es wirkte nie, als sei es von sich selber überrascht, was bei Simons Lächeln fast immer der Fall war.
    Auf eine seltsame Weise, erkannte sie, gehörten die Tage mit Simon und dem Troll Binabik auf der Reise nach Naglimund zu den schönsten ihres Lebens. Sie lachte über diesen etwas wunderlichen Gedanken und streckte und reckte sich so genießerisch wie eine Katze auf dem Fensterbrett. Sie hatten Grauen und Tod gesehen, waren von dem furchtbaren Jäger Ingen und seinen Hunden gehetzt und von einem Hunen, einem mordgierigen, zottigen Riesen, um ein Haar erschlagen worden. Aber dennoch hatte sie sich sehr frei gefühlt. In der Rolle einer Magd war sie mehr sie selbst gewesen als jemals zuvor. Simon und Binabik hatten mit ihr geredet – nicht mit der Tochter des Hochkönigs und nicht weil sie sich Hoffnungen

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