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Der Adler ist gelandet

Der Adler ist gelandet

Titel: Der Adler ist gelandet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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schließlich bei den Zulus. Joanna konnte seine Sorge um diese Kaffern, wie sie sagte, nie verstehen, aber sie schickte sich darein, genau wie in den stumpfsinnigen Schulunterricht, den sie für die Schützlinge ihres Mannes abhalten mußte.
    Im März 1925 erlitt Grey einen tödlichen Schlaganfall, und
    nach Ordnung seiner Hinterlassenschaft stand Joanna als Fünfzigjährige mit einem Vermögen von rund 150 englischen Pfund wiederum allein auf der Welt. Ein weiterer schwerer Schicksalsschlag, aber sie gab nicht auf. Sie ging als Erzieherin zu einer britischen Beamtenfamilie nach Kapstadt. Während dieser Zeit begann sie, sich für die Unabhängigkeitsbestrebungen der Buren zu interessieren. Sie besuchte die regelmäßigen Versammlungen einer der radikalen Organisationen, die Südafrika aus dem britischen Empire lösen wollten. Bei einer solchen Veranstaltung lernte sie den deutschen Ingenieur Hans Meyer kennen; er war zehn Jahre jünger als sie. Es kam zu einer kurzen Romanze, der einzigen echten physischen Zuneigung, die Joanna seit ihrer ersten Ehe erlebt hatte.
    Meyer war in Wahrheit als Agent des deutschen Marine
    Geheimdienstes in Kapstadt und hatte den Auftrag, Informationen über Flotteneinrichtungen in Südafrika zu sammeln. Joanna Greys Arbeitgeber war beim britischen Flottenkommando beschäftigt, und sie konnte ohne großes Risiko aus dem Safe des Privathauses gewisse interessante Dokumente entnehmen, sie Hans Meyer zum Kopieren überlassen und wieder an Ort und Stelle zurücklegen.
    Schon aus Liebe zu Meyer tat sie es gern. Aber es gab noch einen tieferen Grund. Zum erstenmal konnte sie den Engländern eins auswischen, eine Art Vergeltung üben für das, was sie ihr angetan hatten. Meyer kehrte nach Deutschland zurück, schrieb ihr aber regelmäßig. Dann, im Depressionsjahr 1929, als für die meisten Leute die Welt in Scherben fiel, hatte Joanna Grey zum erstenmal im Leben Glück. Sie erhielt ein Schreiben einer Anwaltsfirma in Norwich: Eine Tante ihres verstorbenen Mannes habe ihr ein Häuschen am Rand des Dorfes Studley Constable in Nord-Norfolk und eine Jahresrente von etwas über viertausend Pfund vermacht. Die Sache hatte nur einen Haken: Die alte Dame hatte das Haus sehr geliebt und in ihrem Testament ausdrücklich verfügt, daß Joanna Grey es zu ihrem ständigen Wohnsitz machen müsse. In England leben. Beim bloßen Gedanken sträubte sich alles in ihr, aber wie sah die Alternative aus? Ein Sklavendasein als Hauslehrerin und die Aussicht auf bittere Armut im Alter. Sie besorgte sich ein Buch über Norfolk und las es sehr genau. Besonders das Kapitel über das nördliche Küstengebiet.
    Die Ortsnamen waren ihr spanische Dörfer. Stiffkey, Morston, Blakeney, Cley-next-the-Sea. Salzmarschen, Geröllstrände. Sie konnte sich kein Bild machen, also schrieb sie an Hans Meyer um Rat. Meyer schrieb postwendend zurück, sie solle unbedingt hinziehen, er werde sie so bald wie möglich dort besuchen.
    Es war die glücklichste Entscheidung ihres Lebens. Das Häuschen erwies sich als reizendes georgianisches Haus mit fünf Schlafzimmern und stand in einem ummauerten Garten von einem halben Tagwerk. Norfolk, damals noch die ländlichste Grafschaft Englands, hatte sich seit dem 19. Jahrhundert kaum verändert, und Joanna konnte in einem Dorf wie Studley Constable als wohlhabende Frau und angesehene Persönlichkeit gelten. Und sie verliebte sich in ihre neue Umgebung, in die Salzmarschen und die Geröllstrände, und war so glücklich wie noch nie. Meyer verbrachte den Herbst des gleichen Jahres in England und besuchte sie mehrmals. Die beiden machten lange Spaziergänge. Joanna zeigte ihm alles: die Strände, die sich ins Unendliche hinzogen, die Salzmarschen, die Dünen von Blakeney Point. Kein einziges Mal erwähnte er ihre Zusammenarbeit in Kapstadt, kein einziges Mal fragte sie nach seiner gegenwärtigen Tätigkeit.
    Sie korrespondierten weiterhin, und 1935 besuchte sie ihn in Berlin. Er zeigte ihr, was der Nationalsozialismus in Deutschland geschaffen hatte. Sie war geblendet von allem, was sie sah. Von den Riesenaufmärschen, der Fülle von Uniformen, den strammen jungen Männern, den lachenden, glücklichen Frauen und Kindern. Auch sie fand, daß dies die neue Ordnung sei, das einzig Richtige.
    Als die beiden eines Nachts auf der Allee Unter den Linden nach Hause spazierten, nachdem sie in der Oper gewesen waren und den Führer persönlich in seiner Loge gesehen hatten, eröffnete Meyer ihr in aller Ruhe,

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