Der Adler ist gelandet
Wochenende mit dem Altar an der Reihe«, erwiderte Molly und nahm den Rucksack ab. »Aber sie ist schrecklich erkältet und möchte heute lieber im Bett bleiben.« Vom Dorf her hörte man schwach ein weiteres Kommando. »Sind die da unten immer noch nicht fertig?« fragte Pamela. »Man sollte doch meinen, der Krieg würde sie genug beschäftigen, trotzdem müssen sie ihre albernen Spiele veranstalten. Ist mein Bruder unten?« »Ich habe ihn vorhin gesehen.«
Ein Schatten zog über Pamela Vorekers Gesicht. »Manchmal frage ich mich wirklich, ob es ihm vielleicht leid tut, daß er jetzt nicht mehr dabei ist.« Sie schüttelte den Kopf. »Männer sind schon seltsame Wesen.«
Außer dem Rauch, der hier und dort aus einem Schornstein stieg, sah man im Dorf keine Anzeichen von Leben. Für die meisten Leute war gewöhnlicher Werktag. Neumann hatte den Sturmtrupp in drei Abteilungen von je fünf Mann aufgeteilt, die über das Feldtelefon miteinander Verbindung hielten. Er und Harvey Preston operierten mit je einer Abteilung zwischen den Bauernhäusern. Preston machte die Sache Spaß. Er kauerte, den Revolver in der Hand, an der Seitenmauer des StudleyArms-Pubs und gab seiner Abteilung durch ein Handzeichen den Befehl zum Vorrücken. Nicht weit davon lehnte George Wilde an der Wand und schaute zu. Dann trat auch seine Frau Betty aus der Tür und wischte sich die Hände an der Schürze ab.
»Möchtest wohl auch wieder dabeisein?« Wilde zuckte die Achseln. »Vielleicht.«
»Männer«, sagte sie geringschätzig. »Ich werde euch nie verstehen.« Die Gruppe auf der Wiese bestand aus Brandt, Unteroffizier Sturm, dem Obergefreiten Becker und den Gefreiten Jansen und Hagl. Sie operierten jenseits der alten Mühle, die seit mehr als dreißig Jahren nicht mehr benutzt wurde. Das Dach hatte Löcher, viele Schindeln waren abgefallen. Das mächtige Mühlrad stand im allgemeinen still, doch durch die heftigen Regenfälle der vergangenen Tage war der Fluß so angeschwollen, daß die verrostete Bremse das Rad nicht mehr halten konnte. Das Mühlrad begann sich unter gespenstischem Ächzen und Stöhnen zu drehen und quirlte das Wasser zu Schaum.
Steiner, der im Jeep saß und mit Interesse das kreisende Rad beobachtet hatte, drehte sich um und sah zu, wie Brandt den jungen Jansen beim Schießen im Liegen kontrollierte. Flußaufwärts, oberhalb des Wehrs, standen Pater Voreker und die beiden Kinder und sahen gleichfalls zu, George Wildes Sohn Graham war elf Jahre alt, und die Manöver der Fallschirmjäger versetzten ihn in beträchtliche Aufregung. »Was machen sie jetzt, Pater?« fragte er Voreker. »Well, Graham, es kommt darauf an, daß man die Ellbogen richtig hält«, sagte Voreker. »Sonst kann man nicht richtig zielen. Schau hin, jetzt macht er's richtig.«
Susan Turner langweilte sich bei der ganzen Geschichte, was bei einem fünfjährigen Mädchen kaum überraschte. Sie interessierte sich weit mehr für die Holzpuppe, die ihr der Großvater am vergangenen Abend gemacht hatte. Sie war ein hübsches blondes Kind, aus Birmingham hierher evakuiert. Ihre Großeltern Ted und Agnes Turner hatten den einzigen Laden im Dorf, zu dem auch das Postamt und die öffentliche Fernsprechstelle gehörten. Susan lebte jetzt seit einem Jahr bei ihnen. Sie ging hinüber auf die andere Seite des Stegs, schlüpfte unter dem Geländer durch und kauerte sich am äußersten Rand des Stegs nieder. Das Hochwasser rauschte braun und schaumgefleckt einen halben Meter unter ihr vorüber. Sie ließ die Puppe an einem der beweglichen Arme knapp über dem Wasserspiegel baumeln und lachte vergnügt, als die Flut die Füße der Puppe überspülte. Immer tiefer beugte sie sich hinunter, hielt sich am Geländer über ihrem Kopf fest und tauchte die Puppe jetzt tüchtig ein. Da brach das Geländer auseinander, und mit einem Schrei stürzte die Kleine kopfüber ins Wasser.
Voreker und der Junge drehten sich gerade noch rechtzeitig um, um sie verschwinden zu sehen. Ehe der Priester sich von der Stelle rühren konnte, war die Kleine unter den Steg gerissen worden. Mehr von Instinkt als von Mut getrieben sprang Graham ihr nach. An dieser Stelle war das Wasser sonst keinen Meter tief. Im Sommer hatte Graham hier noch Kaulquappen gefischt. Aber jetzt war alles anders. Er bekam einen Zipfel von Susans Mantel zu fassen und ließ nicht mehr los. Seine Füße angelten nach Grund, aber da war kein Grund, und er schrie vor Entsetzen, als die Strömung ihn und das kleine
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