Der Afghane
die Gebirgspässe nach Albanien getrieben.
Die NATO reagierte nicht mit einer Bodeninvasion, sondern mit Bombenangriffen, die achtundsiebzig Tage dauerten und sowohl den Kosovo als auch das serbische Jugoslawien selbst verwüsteten. Als sein Land in Schutt und Asche lag, gab Milosevič schließlich nach, worauf die NATO im Kosovo einrückte, um die Folgen der Katastrophe zu begrenzen. Der verantwortliche Offizier war ein lebenslanger Fallschirmjäger, General Mike Jackson, und das Erste Bataillon ging mit ihm.
Das wäre wahrscheinlich Mike Martins letzter Einsatz »im Feld« gewesen, aber dann kamen die West Side Boys.
Am 9. September 2001 verbreitete sich in Windeseile eine Nachricht durch die Taliban-Armee, die die Soldaten in begeisterte Allahu-akhbar- Rufe ausbrechen ließ: Gott ist groß. Über Izmat Khans Lager außerhalb von Bamian knatterten die im Freudentaumel abgefeuerten Schüsse. Jemand hatte Ahmed Schah Massud ermordet. Ihr Feind war tot. Der Mann, dessen Charisma das Lager des nutzlosen Rabbani zusammengehalten hatte, dessen Geschick als Guerilla-Führer die Sowjets wider Willen ehrfürchtig bewundert hatten, und dessen Generalstalente die Taliban-Truppen dezimiert hatten – dieser Mann existierte nicht mehr.
Zwei Selbstmordattentäter hatten die Tat vollbracht, ultrafanatische Marokkaner mit gestohlenen belgischen Pässen, die sich als Journalisten ausgegeben hatten und von Osama bin Laden geschickt worden waren, um seinem Freund Mullah Omar eine Gefälligkeit zu erweisen. Aber nicht der Saudi steckte hinter dem Komplott, sondern der viel gerissenere Ägypter Aiman al-Sawahiri, der erkannt hatte: Wenn al-Qaida dem einäugigen Mullah eine solche Gefälligkeit erwiese, würde Omar sie niemals aus seiner Obhut vertreiben können, nachdem geschehen wäre, was als Nächstes geschehen sollte.
Am 11. September wurden vier Passagierflugzeuge über der amerikanischen Ostküste entführt. Neunzig Minuten später hatten zwei das World Trade Center in Manhattan zerstört, eines hatte das Pentagon verwüstet, und das vierte war, nachdem rebellische Passagiere ins Cockpit eingedrungen waren und die Hijacker überwältigt hatten, auf freiem Feld abgestürzt.
Innerhalb weniger Tage war klar, wer die neunzehn Hijacker gewesen waren und was sie zu ihrer Tat inspiriert hatte, und wiederum nur wenige Tage später hatte der neue amerikanische Präsident ein klares Ultimatum an Mullah Omar gerichtet: Liefert die Rädelsführer aus, oder tragt die Konsequenzen. Wegen Massud konnte Omar nicht kapitulieren. Das war das Gesetz.
In dem westafrikanischen Höllenloch Sierra Leone hatten Jahre des Bürgerkriegs und der Barbarei die einstmals reiche ehemalige britische Kolonie in ein Chaos von Banditentum, Schmutz, Krankheiten, Armut und abgehackten Gliedmaßen gestürzt. Jahre zuvor hatten die Briten beschlossen einzuschreiten, und die Vereinten Nationen hatten sich bewegen lassen, eine Truppe von fünfzehntausend Mann ins Land zu bringen, die aber im Wesentlichen in ihren Kasernen in der Hauptstadt Freetown herumsaßen. Der Dschungel außerhalb der Stadt galt einfach als zu gefährlich für die UN-Streitkräfte. Nur eine im Land stationierte britische Einheit stand unter nationalem Kommando und war bereit einzuschreiten, daher blieb es ihr allein überlassen, Patrouillen im Hinterland durchzuführen.
Gegen Ende August wurde eine elf Mann starke Patrouille der Royal Irish Rangers von der Hauptstraße herunter und in ein Dorf gelockt, das als Hauptquartier einer Rebellenbande diente, die sich als West Side Boys bezeichnete – im Grunde nichts weiter als ein Haufen außer Kontrolle geratener Psychopathen. Sie waren ständig betrunken vom einheimischen, hochprozentigen Schnaps, sie massierten sich Kokain ins Zahnfleisch oder ritzten sich die Arme auf, um das Rauschgift in die Schnitte zu reiben und so einen schnelleren »Hit« zu erzielen. Das Grauen, das sie weit und breit unter den Bauern anrichteten, war unbeschreiblich. Sie waren vierhundert Mann stark und bis an die Zähne bewaffnet. Die Rangers wurden rasch überwältigt und als Geiseln genommen.
Nach dem Kosovo-Einsatz war Mike Martin mit dem Ersten Fallschirmjägerbataillon nach Freetown gegangen. Sie waren im Waterloo Camp stationiert. Nach komplizierten Verhandlungen wurden fünf der Ranger gegen ein Lösegeld freigelassen, aber die übrigen sechs waren anscheinend dazu verdammt, in Stücke gehackt zu werden. Aus London erging der Befehl des
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