Der Afghane
eigentlichen Krieg zu berichten, sie habe nur achttausend Mann gefangen genommen.
Danach entschied man, weitere fünftausend an den usbekischen General Dostum zu überstellen. Er hatte die Absicht, sie weit in den Westen zu bringen, nach Shiberghan in seinem eigenen Territorium. Sie wurden ohne Lebensmittel und Wasser in stählerne Frachtcontainer gepackt, so eng, dass sie nur stehen konnten, und dort reckten sie sich nach dem bisschen Luft über ihren Köpfen. Irgendwo auf der Straße nach Westen beschloss man, ihnen Luftlöcher zu schenken. Das geschah mit schweren Maschinenpistolen, die auf die Container feuerten, bis die Schreie verstummt waren.
Unter den verbliebenen 3015 wurden die Araber herausgesucht. Sie kamen aus allen Teilen der muslimischen Welt: Saudis, Jemeniten, Marokkaner, Algerier, Ägypter, Jordanier und Syrer. Die ultraradikalen Usbeken waren bereits an Taschkent ausgeliefert worden, die meisten der Tschetschenen ebenfalls, aber ein paar hatten diesem Schicksal entgehen können. Während des gesamten Feldzugs hatten die Tschetschenen sich den Ruf erworben, die wildesten, grausamsten und selbstmörderischsten Kämpfer von allen zu sein.
Die restlichen zweitausendvierhundert Mann blieben in den Händen des Tadschiken, und man hat nie wieder etwas von ihnen gehört. Einer der Selektoren sprach Izmat Khan auf Arabisch an. Izmat antwortete auf Arabisch und wurde deshalb für einen Araber gehalten. Er trug kein Rangabzeichen, und er war schmutzig, verfilzt, hungrig und erschöpft. Als man ihn in eine bestimmte Richtung schob, war er zu müde, um zu widersprechen. So geriet er unter die sechs Afghanen, die nach Westen und nach Mazar-i-Sharif in den Gewahrsam Dostums und seiner Usbeken überstellt wurden. Inzwischen beobachteten die westlichen Medien diese Vorgänge, und die kürzlich eingetroffenen Vereinten Nationen garantierten den Gefangenen sicheres Geleit.
Irgendwo wurden Lastwagen aufgetrieben, und die sechshundert Gefangenen wurden aufgeladen und über die holprige Piste westwärts nach Mazar gebracht. Der endgültige Bestimmungsort jedoch war nicht die Stadt selbst, sondern eine riesige Gefängnisfestung zehn Meilen weiter westlich.
So gelangten sie zu den Pforten der Hölle, die da hieß Qala-i-Jangi.
Die Eroberung Afghanistans, von der ersten Bombe bis zur Einnahme Kabuls durch die Nordallianz, dauerte fünfzig Tage. Aber Spezialkommandos beider alliierten Länder operierten schon lange vorher in Afghanistan. Mike Martin wäre gern dabei gewesen, doch die britische High Commission in Islamabad beharrte eisern darauf, dass er als Verbindungsoffizier zur pakistanischen Armeeführung gebraucht werde.
Bis Bagram. Diese große, ehemals sowjetische Luftwaffenbasis nördlich von Kabul sollte den Alliierten in der nachfolgenden Besatzungszeit selbstverständlich als Hauptstützpunkt dienen. Die hier stationierten Flugzeuge der Taliban waren ausgebrannte Wracks, und der Tower war eine Ruine. Aber die lange Startbahn, die zahlreichen riesigen Hangars und die Quartiere, in denen die sowjetische Garnison gewohnt hatte, würden sich mit genügend Zeit und Geld instand setzen lassen.
Die Basis wurde in der dritten Novemberwoche eingenommen, und ein Team der Special Boat Squadron rückte dort ein, um den britischen Claim abzustecken. Für Mike Martin war diese Nachricht ein erstklassiger Vorwand, um sich von den auf dem Flughafen Rawalpindi stationierten Amerikanern hinüberfliegen zu lassen und sich, wie er sagte, »den Laden anzusehen«.
Es war eine trostlose Anlage ohne jeden Komfort, aber die SBS hatte einen ganzen Hangar »befreit«, bevor die Amerikaner alles übernehmen konnten. Jetzt kauerten die Männer ganz hinten in der Halle, möglichst weit weg vom eisigen Wind.
Soldaten haben ein bemerkenswertes Talent dazu, sich an den absonderlichsten Orten wohnlich einzurichten, und die Special Forces verstehen es am besten, denn sie geraten immer wieder an Orte, die absonderlicher sind als die meisten. Die zwanzig Mann der SBS-Einheit waren mit ihren Landrovern auf dem Gelände herumgefahren und hatten eine Anzahl stählerner Frachtcontainer organisiert und in den Hangar geschleppt.
Mit Fässern, Brettern und einigem Erfindungsreichtum hatten sie daraus Quartiere mit Betten, Sofas, Tischen, elektrischem Licht und dem Allerwichtigsten gemacht: mit Steckdosen für den Wasserkocher, sodass sie Tee kochen konnten.
Am Morgen des 26. November eröffnete der kommandierende Offizier der Einheit
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