Der Afghane
dass er Liam McKendrick den Kontrakt wärmstens ans Herz gelegt hatte, sollte er zustande kommen, und der alte Skipper hatte ihm zugestimmt. Wenn Siebart & Abercrombie ihm eine Fracht für den Rückweg aus den USA nach Großbritannien vermitteln konnte, wäre das eine hübsch profitable Dreiecksreise für den Frühling.
Ohne Wissen der beiden kontaktierte Mr. Lampong einen Mann in Birmingham, einen Akademiker an der Aston University, der daraufhin mit dem Wagen nach Liverpool fuhr. Mit einem starken Fernglas wurde die Countess of Richmond detailliert in Augenschein genommen, und eine Teleobjektiv-Kamera fotografierte sie wohl hundertmal aus verschiedenen Blickwinkeln. Eine Woche später kam eine Antwort-E-Mail von Mr. Lampong. Er entschuldigte sich für die Verzögerung: Er sei auf dem Land gewesen, um seine Sägewerke zu inspizieren, aber die Countess of Richmond scheine genau das richtige Schiff zu sein. Seine Freunde in Singapur würden demnächst detaillierte Angaben über die Personenwagen machen, die aus Großbritannien nach Fernost gebracht werden sollten.
In Wahrheit waren diese Freunde in Singapur keine Chinesen, sondern Malaysier, und sie waren nicht einfach Muslime, sondern ultrafanatische Islamisten. Ihre Geldmittel stammten von einem neuen Konto auf Bermuda, eingerichtet von dem verstorbenen Mr. Tewfik al-Qur, der die ursprünglichen Gelder vor dem Transfer bei einer kleinen, nichts ahnenden Privatbank in Wien deponiert hatte. Sie hatten nicht einmal vor, mit den Limousinen einen Verlust zu machen, sondern gedachten ihre Investition wieder hereinzuholen, indem sie die Fahrzeuge verkauften, sobald sie ihren Zweck erfüllt hätten.
Als Marek Gumienny den Verhörspezialisten der CIA erzählt hatte, dass Izmat Khan für ein Entlassungsverfahren vorgesehen sei, hatte er nicht die Unwahrheit gesagt. Er beabsichtigte, ein solches Verfahren zu arrangieren und dafür zu sorgen, dass der Afghane freigelassen wurde.
2005 hatte ein amerikanisches Appellationsgericht entschieden, dass das Kriegsgefangenenrecht für al-Qaida-Mitglieder nicht gelte. Das Bundesgericht hatte Präsident Bush in seiner Absicht bestätigt, die Terror-Verdächtigen vor spezielle Militärtribunale zu stellen. Zum ersten Mal seit vier Jahren hatten die Häftlinge jetzt die Chance, sich durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Nach Gumiennys Plan würde Izmat Khans Verteidigung darauf beruhen, dass er niemals Mitglied von al-Qaida, sondern stets Offizier der afghanischen Armee gewesen sei – wenn auch unter den Taliban –, und dass er weder mit 9/11 noch mit dem islamistischen Terror etwas zu tun habe. Und das, so entschied er, würde das Gericht akzeptieren.
Allerdings wäre dazu unerlässlich, dass der nationale Geheimdienstkoordinator seinen Kollegen, den Verteidigungsminister ersuchte, mit den Militärrichtern, die den Fall verhandelten, »ein Wörtchen zu reden«.
Mike Martins Bein verheilte gut. Als er nach dem Zusammentreffen in seinem Obstgarten Izmat Khans schmale Akte gelesen hatte, war ihm aufgefallen, dass der Mann nie erklärt hatte, wie er an die Narbe an seinem rechten Oberschenkel gekommen war. Martin hatte ebenfalls keinen Grund gesehen, die Narbe zu erwähnen. Aber als Michael McDonald mit den umfangreichen Aufzeichnungen der zahlreichen Verhöre aus Langley zurückgekommen war, hatte er mit Besorgnis bemerkt, dass die Verhörer den Afghanen nachdrücklich nach einer Erklärung für die Narbe gefragt und nie eine bekommen hatten. Wenn die Existenz dieser Narbe zufällig jemandem bei al-Qaida bekannt war und Mike Martin sie nicht vorweisen konnte, würde er auffliegen.
Martin hatte keine Einwände, denn er hatte etwas im Sinn. Ein Chirurg wurde von London nach Edzell geflogen und dann von einem neu angeschafften »Bell Jetranger«-Hubschrauber auf dem Rasen von Forbes Castle abgesetzt. Er war ein für sicherheitsunbedenklich befundener Arzt aus der Harley Street, der zuverlässig die eine oder andere Kugel entfernte, ohne ein Wort darüber zu verlieren. Der Eingriff wurde mit örtlicher Betäubung vorgenommen. Es war ein einfacher Schnitt, denn es gab ja keine Kugel und keinen Splitter zu entfernen. Das Problem war, dass er innerhalb weniger Wochen abheilen, aber sehr viel älter aussehen musste.
Der Chirurg, James Newton, entfernte einen kleinen Teil des Muskelgewebes unter dem Einschnitt und um ihn herum, damit er tiefer wurde, als sei da etwas herausoperiert worden, das eine Vertiefung im Fleisch
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